Tod durch K.o.-Tropfen: Neuauflage in Bamberger Prozess

9.11.2017, 21:27 Uhr
Tod durch K.o.-Tropfen: Neuauflage in Bamberger Prozess

© Nicolas Armer/dpa

Der Vorfall liegt inzwischen fast drei Jahre zurück. Niklas B. ging an einem Abend im Dezember 2014 in Bamberg mit Bekannten in einen Nachtclub. In der Hosentasche hatte er eine 0,5-Liter-Flasche mit hochkonzentriertem Gamma-Butyrolacton (GBL), auch als Liquid Ecstasy oder K.o.-Tropfen bekannt. Als die Disco zumachte, wollten die zehn bis 15 jungen Leute weiterfeiern. Einer lud die anderen spontan in seine Wohnung ein.

Dort stellte Niklas B. die GBL-Flasche ab, mindestens zwei andere Partygäste tranken von der hochgiftigen Droge. Danach legten sie sich in einem Nebenraum zum Schlafen, zwei andere Männer passten angeblich auf sie auf. Trotzdem fiel niemandem auf, dass sich der Zustand vor allem eines Bewusstlosen dramatisch verschlechterte. Früh am Morgen kam ein weiterer Bewohner der WG nach Hause und rief den Notarzt. Niklas B. war schon gegangen. Einer der Männer, die GBL getrunken hatten, wurde am nächsten Tag aus dem Klinikum entlassen. Der andere, ein 27-Jähriger, erlag an Heiligabend 2014 seinen schweren Hirnschäden.

Niklas B. wurde wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, dass er wusste, dass die beiden Männer in Lebensgefahr schwebten, aber keinen Notarzt verständigte, um Ärger mit der Polizei zu vermeiden. Er habe also aus niedrigen Beweggründen den Tod zweier Menschen zumindest in Kauf genommen.

Nicht ausreichend geprüft

Im Dezember 2015 verurteilte die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Bamberg den Angeklagten – aber nur zu zweieinhalb Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung. Die Richter waren nicht davon überzeugt, dass Niklas B. um die Gefahr der Situation wusste. Der junge Mann, der vorher in U-Haft saß, kam auf freien Fuß. Der Staatsanwalt legte Revision ein, der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf. Begründung: Das Gericht habe nicht ausreichend geprüft, ob vorsätzliche Körperverletzung in zwei Fällen (einer mit Todesfolge) vorliegen könne. Deshalb muss der Prozess von einer anderen Strafkammer neu verhandelt werden.

Niklas B., heute 26 Jahre alt, sitzt also erneut auf der Anklagebank. Die Eltern des verstorbenen jungen Mannes sind wieder als Nebenkläger im Gerichtssaal und werden noch einmal mit dem furchtbaren Tod ihres Sohnes konfrontiert. Alle Zeugen müssen sich erneut zu dem tragischen Fall äußern.

Lange Drogenkarriere

B. erzählt, wie schon im ersten Verfahren, von seiner langen Drogenkarriere: Mit 14 oder 15 rauchte er seine ersten Joints, mit 18 oder 19 stieg er auf Speed und Crystal Meth um, später auf Benzodiazepine. Schließlich entdeckte er GBL für sich, das er mit viel Wasser einnahm.

Bei der zweiten Verhandlung berichtet der nervös und fahrig wirkende Niklas B., dass sich sein Gesundheitszustand inzwischen massiv verschlechtert habe. Er leide an Hepatitis C, habe einen septischen Schock erlitten, vermutlich durch verunreinigtes Spritzbesteck, seine Bandscheibe sei entzündet. Er nehme regelmäßig Schmerzmittel und ersetze die Drogen durch Alkohol.

Als es um den Tatvorwurf geht, fällt es dem Angeklagten sichtlich schwer, auf Fragen konkret zu antworten. Kann er sich schlecht konzentrieren? Oder will er Fragen ausweichen, die ihn in Bedrängnis bringen?

Geschmack schwer erträglich

Nach eigenen Angaben sah Niklas B. bei der Party, wie ein anderer Gast die Flasche nach dem Trinken absetzte. Wusste er wirklich nicht, wie gefährlich das war? Staatsanwalt Stephan Schäl bezweifelt das: "Sie dosieren Ihr GBL immer mit einer Spritze auf zwei Milliliter. Und dann sehen Sie, wie jemand anders, der zudem erheblich alkoholisiert ist, unverdünntes GBL aus einer Flasche trinkt."

Die Erklärung des Angeklagten: "GBL schmeckt pur so widerlich, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass jemand mehr als einen Tropfen davon runterkriegt." Selbst mit viel Wasser sei der Geschmack schwer erträglich gewesen. Mit einem Urteil wird Ende November gerechnet.