20 Meter Spannweite

Bayerischer Dino-Park zeigt gewaltigen Flugsaurier "Dracula"

22.3.2018, 17:34 Uhr
Ein Modell des wahrscheinlich größten Riesenflugsauriers steht im Dinosaurier Museum Altmühltal in Denkendorf.

© Axel Schmidt Ein Modell des wahrscheinlich größten Riesenflugsauriers steht im Dinosaurier Museum Altmühltal in Denkendorf.

"Dracula war an der Spitze der Nahrungskette. 70 bis 90 Zentimeter große Tiere hat er einfach mit einem Happs heruntergeschlungen", erzählt der Paläontologe Raimund Albersdörfer. Der Flugsaurier hatte ein Maul ohne Zähne und konnte seine Beute nicht kauen.

Gelebt hat er vor etwa 66 Millionen Jahren als einer der letzten Flugsaurier überhaupt im heutigen Transsilvanien in Rumänien, deshalb auch der Spitzname "Dracula".

Transsilvanien war damals eine 200.000 Quadratkilometer große Insel. "In dem gesamten Gebiet wurde bisher kein einziger größerer Raubdinosaurier gefunden. Ihre Stellung haben stattdessen die Flugsaurier eingenommen", ist Albersdörfer überzeugt. Dass sie sich ausschließlich von Fleisch ernährt haben, weiß man, weil die Schnabelspitze und ein Stück des Unterkiefers gefunden wurden.

Hals so breit wie ein Mann

Gefunden hat Dracula Albersdörfers rumänischer Kollege Mátyás Vremir. An einer 120 Meter hohen Klippe mit 80 Prozent Gefälle hat er sich ohne Sicherung heruntergekämpft. Nicht nur einmal, sondern immer wieder seit dem Jahr 1995. "Das ist sehr gefährlich. Ich wäre mehrmals fast abgestürzt und gestorben. Zum Glück bin ich aber immer mit Prellungen und Schürfwunden davongekommen", erzählt er.

Etwa 2000 Knochen hat er dort, in der Nähe der Stadt Sebeþ gefunden, ein Flugsaurier war bis zum Jahr 2009 nie dabei. Doch dann stieg er ein weiteres Mal hinunter und stieß auf einen Knochen, der aus einer tiefrot gefärbten Steinschicht herausragte. Er holte ihn heraus – und konnte nicht glauben, was er da entdeckt hatte. Es war der gigantisch große siebte Halswirbel von Dracula, der Hals des Tieres war so breit wie der Rumpf eines ausgewachsenen Mannes.

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"Mein Gehirn konnte das gar nicht verarbeiten. Ich war schockiert, wie betäubt", sagt Vremir. Er rief seinen Kollegen Raimund Albersdörfer an, der wenig später mit ihm vor dem riesigen Halswirbel saß. "Wir saßen davor wie der Ochs vorm Berg. Als wir langsam kapiert haben, dass das nur ein Flugsaurier sein kann, hat es uns total weggespaced", erzählt Albersdörfer. "Es ist unglaublich, dass so eine Größe existiert hat", meint Vremir.

Die Knochen sind wie bei allen Flugsauriern hohl, trotzdem muss das Tier mehr als eine halbe Tonne schwer gewesen sein. "Das ist ein absolutes Superlativ, der größte Flugsaurier, der jemals gefunden wurde. Das verschiebt die Grenzen des Möglichen", betont auch Professor Gerhard Haszprunar, Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns.

"Er ist 20 Prozent größer als ein in Texas gefundener Flugsaurier. Das bedeutet aber auch, dass er mindestens doppelt so schwer war wie das Exemplar aus Texas", verdeutlicht Albersdörfer.

Ob Dracula fliegen konnte, ist deshalb zweifelhaft. Auch das gefundene Schultergelenk deutet darauf hin, dass das Tier allenfalls gleiten konnte. "Fliegen muss sehr schmerzhaft gewesen sein für Dracula. Da hätte er sich die Schultern ausgekugelt", glaubt Vremir. Absolut sicher kann man sich aber nicht sein. In sechs Monaten wollen Vremir und seine Kollegen eine erste wissenschaftliche Publikation vorlegen, mit dem das Tier auch seinen offiziellen Namen bekommt.

"Das ist definitiv eine neue Art, wahrscheinlich sogar eine neue Gattung", meint Albersdörfer. Gefunden wurden in Sebeš auch Teile von zwei etwas kleineren Individuen derselben Art. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Weibchen, während Dracula ein Männchen war.

"Darkwing" zu sehen

In Denkendorf sind nun zwei Nachbildungen des Flugsauriers zu bewundern. Daneben gibt es aber auch Originalknochen von Dracula zu sehen. Insgesamt haben Vremir und Albersdörfer mehrere Dutzend Knochen gefunden – hinabgestiegen sind sie dann aber nur noch gesichert mit Seilen, die sie 40 Meter weiter oben an Bäumen festgebunden hatten.

24 herausragende Flugsaurier-Exponate wurden für die Ausstellung "Die Herrscher der Lüfte" zusammengetragen, die bis zum 4. November im Dinosaurier Museum Altmühltal in Denkendorf zu sehen ist (Dinopark 1, täglich 9–18 Uhr). Ausgestellt ist etwa der erste jemals gefundene Flugsaurier, der 1784 wissenschaftlich dokumentiert wurde. Herausragend sind auch "Darkwing", bei dem die Flughaut erhalten ist, und ein versteinertes Urzeitdrama, das einen Flugsaurier zeigt, der gerade von einem Raubfisch attackiert wird.

"Das sind die besten Exponate aus dem Bereich der Flugsaurier. Eine solche Ausstellung hat es noch nie gegeben", meint Albersdörfer.

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