Lebensgefahr in Waldgebieten wegen Sturm "Fabienne"

24.9.2018, 15:14 Uhr
Mit Sturmböen von weit über 100 km/h und ausdauernden Regenfällen hat das Sturmtief "Fabienne" am Sonntagabend Chaos in der Region verursacht.

© NEWS5 / DESK Mit Sturmböen von weit über 100 km/h und ausdauernden Regenfällen hat das Sturmtief "Fabienne" am Sonntagabend Chaos in der Region verursacht.

Der Sturm war lange angekündigt, am späten Sonntagnachmittag schlug "Fabienne" dann schließlich zu: Vor allem die Bahn bekam die Wucht des Unwetters zu spüren. Auf mehreren Strecken, zum Beispiel zwischen Nürnberg und Bamberg, Nürnberg und Würzburg, Nürnberg und Ansbach sowie Treuchtlingen und Ansbach warf der Wind Bäume auf die Gleise und legte den Verkehr lahm, zahlreiche Reisende mussten warten und auf den Schienenersatzverkehr umsteigen. Gegen 0.45 Uhr wurde die Feuerwehr zum Nürnberger Hauptbahnhof gerufen, denn dort waren wegen den Sperrungen bis zu 700 Reisende gestrandet. Letztendlich übernahm Die Bahn dann jedoch die Betreuung der Wartenden, so die Feuerwehr am Montag.

Einige Strecken waren auch am frühen Montagmorgen noch nicht wieder freigegeben. Eine Bahnsprecherin in Berlin sagte in der Nacht zum Montag: "Die Kollegen sind dabei, die Schäden möglichst schnell zu beseitigen."

Auch am Montag noch Bahn-Verspätungen

Am Montagmorgen waren noch die Fernverkehrsstrecken zwischen Nürnberg und Regensburg und zwischen Würzburg und Ansbach gesperrt. Zwischen Nürnberg und Stuttgart wurde der Bahnverkehr eingeschränkt wieder aufgenommen. Am Sonntagabend hatte es auch auf der DB-Prestigestrecke zwischen Berlin und München Verspätungen gegeben.

In Stuttgart, München, Nürnberg, Regensburg und Basel stellte die Bahn Hotel-Züge bereit, um gestrandete Fahrgäste unterbringen zu können. Die Bahnsprecherin kündigte an, dass es auch noch am Montagmorgen zu Einschränkungen kommen könne: "Dadurch, dass Züge und Personal nicht an den richtigen Stellen sind, kann es zu Auswirkungen kommen."

Am Montagabend verkündete die Bahn dann, dass die Schäden im bayerischen Bahnnetz weitestgehend behoben werden konnten. Drei Strecken sind jedoch weiterhin betroffen, dort kommt es zu Verzögerungen im Bahnverkehr: Zwischen Nürnberg und Treuchtlingen ist der Abschnitt Abschnitt Pleinfeld - Weißenburg nur eingeschränkt befahrbar. Probleme gibt es außerdem auf der Strecke zwischen Crailsheim und Ansbach. Dort bestehen weiter Schäden im Abschnitt Dombühl-Leutershausen. Laut Bahn ist die Strecke aber bis zum Abend vermutlich wieder frei befahrbar. Verzögerungen gibt es zudem zwischen Plattling und Landshut.

Streckenticker: Alle Infos zu Verzögerung im Bahnverkehr.

Gegen 17 Uhr erreichte das Sturmtief am Sonntag Oberfranken - ab diesem Zeitpunkt gingen rund 300 Notrufe bei der Einsatzzentrale ein. Dort forderte das Unwetter am Abend auch ein Todesopfer. Ein 78-jährige Frau wurde auf einem Campingplatz bei Ebrach von einem Baum getroffen.

Blockierte Gleise und Stromausfälle

In Mittelfranken wütete das Unwetter in zahlreichen Orten. Bei der Einsatzzentrale der Polizei in Nürnberg liefen im Zeitraum zwischen 15.45 Uhr und 23.45 mehr als 1.100 wetterbedingte Einsätze an. In Erlangen haben die Sturmböen mehrere Bäume entwurzelt: In der Gebbertstraße warf der Wind etwa einen Baum auf ein Auto, eine Person wurde eingeklemmt. In Dechsendorf stürzte ein Baum auf ein Wohnmobil. Auch dort musste eine Person von der Feuerwehr befreit werden.

In Forchheim war die Lage ebenfalls kritisch, Kreisbrandmeister Florian Burkhardt sprach gar von "Weltuntergang". Durch die starken Schäden kann ein Waldspaziergang in Forchheim in der Woche nach dem Sturm sogar lebensgefährlich sein. Stadtförster Stefan Distler erläutert dazu: "Bei allen Baumarten steht die Gefahr, dass an- und abgebrochene Äste und Kronenteile herabfallen können. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dadurch Spaziergänger verletzt werden."

In der Gebbertstraße fiel ein Baum auf zwei Fahrzeuge, eine Person wurde eingeklemmt.

In der Gebbertstraße fiel ein Baum auf zwei Fahrzeuge, eine Person wurde eingeklemmt. © Klaus-Dieter Schreiter

In Heroldsbach und Thurn stürzten zahlreiche Bäume um, auch im Stadtgebiet Forchheim verzeichnete die Feuerwehr mehrere Einsätze, wie Kommandant Jürgen Mittermeier mitteilte. In Forchheim und auch in Kirchehrenbach deckte "Fabienne" Hausdächer ab und sorgte außerdem in mehreren Orten für Stromausfälle.

Die Leitstelle der Nürnberger Feuerwehr berichtete am Montagnachmittag von rund 400 Einsätzen in deren Gebiet, das Nürnberg, Fürth, Erlangen sowie das Nürnberger Land und die Landkreise Fürth und Erlangen-Höchstadt umfasst. Fast 100 Mal rückten die Einsatzkräfte in Erlangen aus - die Stadt traf es laut Feuerwehr am härtesten. Rund 80 Einsätze gab es hingegen jeweils im Nürnberger Land und in Erlangen-Höchstadt zu vermelden. In und um Fürth blieb es mit rund 20 Einsätzen verhältnismäßig ruhig, so die Feuerwehr. 

Allerdings gab es offenbar große Probleme, die Leitstelle der Feuerwehr überhaupt zu erreichen: Zeitweise sei diese weder per Funk noch über Telefon zu erreichen gewesen, das heißt weder für den normalen Bürger, der von außen anruft und einen Notruf absetzen will, noch für die Einsatzkräfte selbst. Nachdem Anrufer aus dem Nürnberger Land unter "112" nicht durchgekommen sind oder teils 20 Minuten warten mussten, haben viele direkt bei den örtlichen Polizeiinspektionen und Feuerwehren angerufen.

Mehrere Flüge annulliert

Am Nürnberger Flughafen hat das Unwetter für mehrere Annullierungen gesorgt. Ein Flug aus Frankfurt konnte wegen des Sturms von dort gar nicht erst starten, eine Maschine aus Zürich musste nach München umgeleitet werden – zwei weitere Flüge landeten verspätet.

In Bad Windsheim sorgt eine Störung am Umspannwerk dafür, dass zahlreiche Orte im Landkreis Neustadt-Aisch/Bad Windsheim im Dunkeln saßen. Im Umspannwerk Hartenstein kam es ebenfalls zu einer Störung in der Stromversorgung, 40 Orte im Landkreis Nürnberger Land waren betroffen. Auch in Teilen von Postbauer-Heng (Landkreis Neumarkt) war die Versorgung unterbrochen. In Hemhofen (Landkreis Erlangen-Höchstadt) war ebenfalls für eine Stunde der Strom weg, bei Güntersthal im Nürnberger Land sorgte ein Blitzeinschlag an einem Trafohäuschen dafür, dass das ganze Tal zwischen Velden und Hartenstein im Dunkeln saß. Die Ortschaften Nitzlbuch und Bernreuth in der Oberpfalz waren rund drei Stunden ohne Strom. 

Dächer gegen Kran geweht

Auch die Feuerwehren rund um Herzogenaurach waren im Dauereinsatz, um umgestürzte Bäume von Straßen und Wegen zu beseitigen. So lag zum Beispiel in der Ansbacher Straße in Herzogenaurach ein Baum über der Fahrbahn. An der Baustelle von Adidas wurden die Bauzäune durch die Luft gewirbelt. Besonders heftig traf es Adelsdorf: Dort hat der Sturm im Zanderweg die Flachdächer von drei Doppelhäusern abgedeckt und die Konstruktionen anschließend gegen einen Kran geweht

In Neumarkt waren die Straßen mit herabfallenden Ästen und Laub dick bedeckt. Am Höhenberg riss eine Sturmböe einen Baum aus der Erde, er kippte auf die Staatsstraße von Neumarkt auf die Jurahöhe. Im Ortsteil Lippertshofen in Neumarkt in der Oberpfalz wurden außerdem sechs Personen leicht verletzt. Von einem Kirchweihbaum brach die circa acht bis zehn Meter lange Baumspitze ab und fiel auf das Dach des Festzeltes, in dem sich etwa 30 Personen aufhielten.

In Auerbach musste die Freiwillige Feuerwehr im Stadtgebiet mehrere umgestürtze Bäume entfernen, zwei abgedeckte Dächer riefen die Helfer ebenfalls auf den Plan. Vielerorts prasselten mehr als 30 Millimeter Niederschlag herunter.

Der Spitzenwert des Sturms wurde in Unterfranken gemessen: In Würzburg erreichte eine Orkanböe ganze 137 km/h. Auch dort waren die Einsatzkräfte gut beschäftigt: Zwischen 16.30 Uhr und 19.30 Uhr gingen in der Einsatzzentrale der Polizei insgesamt 359 Notrufe ein, innerhalb von drei Stunden rückten Streifen zu 297 Einsätzen aus.

Im Landkreis Aschaffenburg hat der Wind nicht nur zahlreiche Dächer abgedeckt und Bäume umgeworfen, sondern auch ein Sportflugzeug umgeweht - Kraftstoff lief aus, verletzt wurde allerdings niemand. Außerdem wurde das Baggerschiff eines Kieswerkes umgestoßen. Ab 21 Uhr normalisierte sich die Lage wieder, die Aufräumarbeiten dauerten allerdings noch bis spät in die Nacht. Teilweise können sie noch mehrere Tage in Anspruch nehmen, teilt die Einsatzzentrale mit. 

Auch die Schlösser und Gärten in der Region wurden von "Fabienne" nicht verschont. So teilte die Bayerische Schlösserverwaltung am Montag mit, dass einige der beliebten Ausflugsziele wegen Aufräumarbeiten bis auf weiteres gesperrt bleiben. Die Hofgärten Ansbach, Würzburg, Veitshöchheim sowie der Schlossgarten Aschaffenburg sind für Besucher deshalb erst einmal geschlossen. Im Schlosspark Ellingen und in der Rosenau im Rödental sind zudem Teilbereiche der Parks gesperrt. 

Dieser Artikel wurde aktualisiert am 24. September um 17:58 Uhr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

10 Kommentare