Brauchen Nürnbergs Hochschulen einen Ball?

27.1.2015, 18:19 Uhr
Brauchen Nürnbergs Hochschulen einen Ball?

Die Präsidenten müssen aufeinander zugehen, die gleiche Position halten und auf eine gemeinsame Linie achten. Es ist ein Kooperationsprojekt. Einmal im Jahr geht es dabei aber nicht um den Energie-Campus, Forschungsgelder oder Ausbaupläne, sondern ums Tanzen. Traditionell eröffnen Karl-Dieter Grüske, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, und Michael Braun, Präsident der Technischen Hochschule Nürnberg, den Winterball mit einer Polonaise. So viele Gäste, wie auf die Tanzfläche passen, laufen mit ihnen. Der Winterball ist ein beliebtes Ereignis im Hochschuljahr.

„Es ist das einzige Ereignis, das uns in einem solch festlichen Rahmen zusammenbringt“, sagt Braun. „Unsere Ehefrauen sind dabei, und ich lade jedes Jahr die externen Mitglieder unseres Hochschulrates ein, um mich für deren ehrenamtliche Arbeit erkenntlich zu zeigen.“ Es ist bereits der 64. Winterball der Universität. Seit 15 Jahren findet er in Nürnberg statt, gemeinsam veranstaltet mit der TH, der Evangelischen Hochschule, der Hochschule für Musik und der Akademie der Bildenden Künste. Seit dieser Zeit organisiert Ursula Ertl das Fest: „Es geht darum, ein gesellschaftliches Ereignis zu pflegen“, sagt sie. „Man trifft sich zu einem Ball.“ Professoren, Studenten und andere Hochschulangehörige kommen, aber auch Gäste, Förderer und viele Ehemalige, die sich hier jedes Jahr wieder treffen. „Auch das Programm lockt“, sagt Ertl.

In diesem Jahr wollte sie gerne wieder eine Tanzgruppe auf der Bühne sehen und engagierte die Tanzsportgarde Coburger Mohr. 38 Beine und Zöpfe fliegen bei deren Auftritt synchron durch die Luft. Die jungen Frauen tanzen auf einem Bein, springen in den Spagat und schlagen Räder. Mit demselben Programm, das sie den Gästen des Winterballs gezeigt haben, treten sie am heutigen Mittwoch bei der Bundeskanzlerin in Berlin auf. Als bayerische Abordnung vertreten sie dort den „Bund Deutscher Karneval“.

„Nicht viele Hochschulen haben einen eigenen Ball“, sagt Präsident Braun. „Ich kenne einige, die uns darum beneiden.“ Das Anführen der Polonaise gehört genauso zu seinem Job wie das Führen der Hochschule. „Das denkt man vorher nicht, aber es gehört dazu, sich auch auf diesem Parkett gut bewegen zu können.“ Schließlich schauen viele zu. Zum ersten Mal ist Bayerns Wissenschaftsstaatssekretär Bernd Sibler (CSU) zum Winterball gekommen. Auch mehrere Minister, Oberbürgermeister und Wirtschaftsvertreter waren in den vergangenen Jahren immer wieder zu Gast. „Zum Netzwerken ist ein solcher Abend natürlich auch wichtig“, sagt Braun.

„Wer viel arbeitet, darf auch viel feiern“

Der Kartenverkauf deckt die Kosten des Winterballs. Die Hochschulen dürfen damit keinen Gewinn machen. Der Erlös der Tombola kommt dem Förderverein der Universität zugute, der sich für die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie einsetzt. Beim Sommerball, dem Schlossgartenfest in Erlangen, bekommt der Universitätsbund den Überschuss von zuletzt 72 000 Euro, der damit Forschung und Lehre fördert. „Zwei Bälle im Jahr sind sicher eine Seltenheit“, sagt Grüske. „Aber sie sind ein Zeichen für die Verankerung unserer Hochschulen in der Region, und das äußert sich eben nicht nur in Kontakten zur Industrie, sondern auch in gesellschaftlichen Veranstaltungen.“

Die Leute essen, trinken und tanzen zusammen, statt wie sonst zu lehren, lernen und verwalten. „Wir sitzen hier in einem schönen lockeren Rahmen mit Arbeitskollegen zusammen“, sagt Braun. „Dabei entstehen viele interessante Gespräche, und man lernt sich ganz anders kennen.“ Am Ende des Abends verabschiedet Braun seinen langjährigen Polonaise-Partner. Im März geht Grüske in den Ruhestand, und damit endet auch seine Gastgeberrolle beim Winterball. Nächstes Jahr will er als Gast wiederkommen, denn „wer viel arbeitet, darf auch viel feiern“.

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