Den Anwohnern stinkt's: Streit um Kläranlagen-Neubau

9.10.2018, 05:19 Uhr
Direkt neben der Kläranlage im Schwarzenbrucker Ortsteil Gsteinach wurde bereits der Wald gerodet, um Platz für die neue Anlage zu schaffen (unterer Bildrand). Schon bald könnte dort gebaut werden.

© KZV Schwarzachgruppe Direkt neben der Kläranlage im Schwarzenbrucker Ortsteil Gsteinach wurde bereits der Wald gerodet, um Platz für die neue Anlage zu schaffen (unterer Bildrand). Schon bald könnte dort gebaut werden.

Zehneinhalb Kilometer lang ist die Druckleitung, die das Abwasser aus Kalchreuth (Landkreis Erlangen-Höchstadt) bis nach Buchenbühl und damit ins Nürnberger Kanalnetz transportiert. Bei einem Höhenzug im Kalchreuther Forst ist sogar ein Höhenunterschied von 75 Metern zu überwinden. Und doch hat die Gemeinde Kalchreuth entschieden, dass es sich für sie und ihre Bürger lohnt, nicht für mindestens 5,5 Millionen Euro die eigene Kläranlage zu sanieren, sondern das Abwasser künftig in Nürnberg reinigen zu lassen.

In Stein, Schwaig, dem Schwabacher Ortsteil Wolkersdorf und sogar bei einigen Fürther Häusern ist das schon längst der Fall. 2011 nabelte sich auch noch Oberasbach von der Fürther Kläranlage ab und leitete sein Abwasser fortan nach Nürnberg. Und auch in Heroldsberg sollen nächstes Jahr die Arbeiten für einen Anschluss an den großen Nachbarn beginnen. Momentan wird nach einer Havarie im Kanalnetz sogar noch das Abwasser aus Zirndorf über eine Notüberleitung nach Nürnberg transportiert.

Schwere Vorwürfe

„In anderen Bundesländern wird das gar nicht groß diskutiert. Da stehen die Kommunen Schlange, schließlich ersparen sich die Bürgermeister durch den Anschluss eine große Sorge“, meint Burkard Hagspiel, technischer Werkleiter des Nürnberger Eigenbetriebs Stadtentwässerung und Umweltanalytik.

„Das muss doch bei uns auch gehen“, meint eine Gruppe von engagierten Anwohnern der Kläranlage in Schwarzenbruck, wo auch das Abwasser der Nachbargemeinde Burgthann und von einigen Ortsteilen Altdorfs gereinigt wird. Auch dort genügt die Kläranlage nicht mehr den Ansprüchen und kann nur noch bis Ende des Jahres 2021 in Betrieb bleiben. Doch in Schwarzenbruck widersteht man dem Nürnberger Werben. Für 24 Millionen Euro soll schon bald eine neue Kläranlage entstehen - obwohl auch ein Anschluss an Nürnberg möglich gewesen wäre.

Die Anwohner erheben deshalb schwere Vorwürfe gegen den Kanalisations-Zweckverband (KZV) Schwarzachgruppe und haben eine Vielzahl von Schreiben an übergeordnete Stellen verschickt. „Der KZV hat sich auf den Neubau versteift. Es ist nicht klar, wie viel der Anschluss nach Nürnberg kostet, es werden keine belastbaren Informationen weitergegeben“, meint Jürgen Hannewald.

"Kostenersparnis für alle"

„Bei einer Entfernung von mehr als zehn Kilometern lohnt es nicht mehr, aber sonst bedeutet ein Anschluss an Nürnberg in der Regel eine Kostenersparnis für alle“, meint Hagspiel, der für weitere Kooperationen mit umliegenden Kommunen wirbt. Und auch aus Umweltschutzgründen würde es Sinn machen, schließlich sei die Reinigungsleistung in Nürnberg noch höher, die Grenzwerte seien noch strenger als bei kleineren Anlagen.

Aus Hagspiels Worten hört man heraus, dass Nürnberg gerne das Abwasser der Schwarzachgruppe übernommen hätte. Nürnbergs Umweltreferent Peter Pluschke betont in einem Schreiben an die Neubau-Gegner, dass in eine vertiefte Kostenrechnung für den Anschluss nie eingestiegen worden sei, da für die Stadt Nürnberg erkennbar war, dass die Planung einer neuen Kläranlage in Schwarzenbruck schon weit fortgeschritten war. Pluschke betont: „Es ist [...] zu vermuten, dass sich [durch den Anschluss] Kostenvorteile für die Schwarzachgruppe ergeben. Ein kaum einschätzbarer Faktor ist allerdings die Trassenführung, solange nicht Verlauf und Besitzverhältnisse entlang einer solchen Strecke geklärt sind.“

Entwurf für Überleitung ausgearbeitet

Hagspiel betont aber die Entscheidungshoheit der Kommunen. „Bei einigen Bürgern ist offenbar der Eindruck entstanden, dass der Abwägungsprozess nicht gründlich genug abgelaufen ist. Aber es wurde gewissenhaft geprüft und der KZV hat sich für einen Neubau entschieden – das akzeptieren wir vollumfänglich“, sagt er. Er hatte dem KZV eine Schätzung vorgelegt und einen kleinen Entwurf ausgearbeitet.

„Es war sicher eine knappe Entscheidung. Aber aus wirtschaftlichen Gründen haben wir uns eben für einen Neubau entschieden. Über den Zeitraum von 30 Jahren gerechnet ist das günstiger. Außerdem gibt es beim Anschluss an Nürnberg zu viele Unwägbarkeiten, die wir nicht eingehen wollten“, meint Burgthanns Bürgermeister Heinz Meyer, der gleichzeitig KZV-Vorsitzender ist.

Teures Pumpwerk

Nicht nur fünf Millionen Euro würde die Überleitung bis nach Altenfurt kosten, wie von den Neubau-Gegnern behauptet. „Allein für das Pumpwerk ist ein zweistelliger Millionenbetrag fällig“, verdeutlicht Meyer. Dazu kämen die ständigen Betriebskosten.

„Wir haben derzeit 2,9 Millionen Kubikmeter Mischwasser im Jahr. Da würden für die Überleitung viel höhere Kosten anfallen als bei anderen Kommunen“, meint Meyer. Heroldsberg etwa hat mit 1,1 Millionen Kubikmetern deutlich weniger Abwasser, Kalchreuth leitet nur knapp 400.000 Kubikmeter nach Nürnberg.

Tatsache jedenfalls ist, dass an die Nürnberger Kläranlage gegenwärtig zwar schon mehr als 50.000 Menschen außerhalb des Stadtgebiets angeschlossen sind, das Werk aber noch lange nicht ausgelastet ist.

In Schwarzenbruck hat man sich dennoch anders entschieden. „Letztendlich können die Gegner nur noch vor Gericht gehen. Aber eigentlich gibt es nichts, wogegen sie klagen könnten. Wir haben ja alle Genehmigungen. Und die Rechtsaufsicht hat die Angelegenheit auch noch einmal überprüft“, betont der KZV-Vorsitzende Heinz Meyer.

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