Depeche Mode in München: Musik für die nassen Massen

2.6.2013, 16:31 Uhr
Depeche Mode in München: Musik für die nassen Massen

© dpa

Vom "schwarzen Schwarm", wie die Fans von Depeche Mode wegen ihrer Neigung zu farblich eher zurückhaltender Bekleidung genannt werden, war im Münchner Olympiastadion nicht viel zu sehen. Kein Wunder: Regenkleidung kommt schließlich meist in eher auffälligen Farben daher - und etwas anderes als Regenkleidung kam bei vorhergesagten 180 Litern Regen pro Quadratmeter einfach nicht in Frage. Leider, denn die normalerweise bei DM-Konzerten anwesenden schwarzen Massen sind stets ein überwältigender Anblick.

Dabei kam es gar nicht so schlimm wie befürchtet. Der leichte Nieselregen, der die Besucher auf dem Weg zu ihren Plätzen noch eingehüllt hatte, versiegte zu Beginn des Konzerts ganz und setzte freundlicherweise erst danach wieder ein. Übrig blieben einige unangenehm kalte Windböen - aber wer das klassische Rock-im-Park-Schmuddelwetter überlebt hat, den wirft eigentlich nichts mehr um.

Herrlich dunkle Welt

Ohnehin spielte das Wetter ab dem ersten Ton des Openers "Welcome to my World" keine Rolle mehr. Selten begrüßte eine Band ihre Zuschauer so passend wie mit diesem Song. Schlechtes Wetter und Kälte: egal. Willkommen in der herrlich dunklen Welt von Depeche Mode. Dieser Ansatz funktionierte auf den Konzerten der Band schon immer, und auch diesmal war es nicht anders.

Depeche Mode in München: Musik für die nassen Massen

© Christian Urban

Der mittlerweile 51-jährige Sänger Dave Gahan wirbelte ab der ersten Sekunde des Konzerts über die Bühne und verzückte besonders das weibliche Publikum mit seinem bekannten Hüftschwung, bei dem selbst Elvis vor Neid erblassen würde. Songwriter und Gitarrist Martin Gore gab wie immer den Schüchternen, und Keyboarder Andy Fletcher stand würdevoll hinter seinem Instrument wie eine Statue seiner selbst. All das kennt jeder Fan, der die Band schon einmal live gesehen hat.

Und doch war auch das Konzert in München wieder ein überwältigendes Erlebnis. Fast zweieinhalb Stunden dauerte das 23 Songs umfassende Programm. Sieben davon stammten vom aktuellen Album "Delta Machine", der Rest großteils von den legendären Alben aus den 80ern und 90ern. Damit trafen Depeche Mode den Nerv des Publikums, das bereits bei den ersten Tönen von Klassikern wie "Black Celebration", "Enjoy the Silence" oder "Walking in my Shoes" frenetisch jubelte, während die Reaktionen auf die Songs des aktuellen Albums ein gutes Stück verhaltener ausfielen.

Perfekt inszeniertes Gesamtkunstwerk

Ein Grund, warum die Konzerte von Depeche Mode stets etwas Besonderes sind: Nie spult die Band einfach nur routiniert ihr Programm ab, so wie es manch andere Künstler dieser Größenordnung tun. Auch in München war besonders Dave Gahan die Freude an dem Auftritt in jeder Sekunde anzumerken. Er verausgabte sich förmlich, grinste, spielte mit dem Publikum - und als beim alten Mitsing-Knaller "Personal Jesus" etwas nicht ganz klappte, brach er den Song lachend ab und scherzte mit Martin Gore, bis die anderen Musiker sich wieder gesammelt hatten.

Abgesehen von diesen liebenswerten kleinen Ausrutschern präsentierten sich Depeche Mode als perfekt inszeniertes Gesamtkunstwerk. Selbst die Video-Leinwände - bei den meisten anderen Bands lediglich dazu da, den Zuschauern in den hinteren Reihen die Musiker etwas näher zu bringen - waren hier Teil des Ganzen. Mal zeigten sie Szenen aus Videos der Band, mal verwandelten sie die gesamte Bühne in eine riesige Wand aus leuchtenden Farben, mal liefen künstlerisch verfremdete und perfekt choreographierte Live-Aufnahmen des Geschehens auf der Bühne.

Insgesamt bekam das Publikum also ein schlicht grandioses Konzert geboten: Der Sound war erstklassig, die Stimmung trotz des ungemütlichen Wetters ebenso. Umso unverständlicher war es, dass noch während "Goodbye", dem letzten Song vor den danach folgenden fünf Zugaben, plötzlich Scharen von Zuschauern ihre Sachen packten und sich auf den Heimweg machten. Vielleicht hätten diese Menschen das "goodbye" nicht ganz so wörtlich nehmen sollen, denn als Martin Gore die erste Zugabe "Home" nur mit Klavierbegleitung anstimmte, war die Gänsehaut der Zehntausenden im Stadion nahezu spürbar. Und das lag definitiv nicht an den Temperaturen.

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