"Die machen gar nichts": Großer Ärger bei GBW-Mieterin

22.7.2018, 05:36 Uhr

© Foto: Arno Stoffels

Über den Fenstern ist die Fassade des Wohnblocks schwarz verfärbt. Auch innen könnte das Haus im Nürnberger Herrmann-Köhl-Weg mal wieder einen neuen Anstrich vertragen und wohl noch einiges mehr. Im 4. Stock der GBW-Immobilie zeigt die Mieterin Heidemarie Pregler Fotos von einer verschmutzten Kellertür, einem dreckigen Durchgang, Sperrmüll auf dem Grünstreifen und erzählt, dass das Tor zur Tiefgarage seit Wochen kaputt ist und nicht repariert wird.

"Die machen nichts, gar nichts", sagt sie. Seit 1988 wohnt die 68-jährige Rentnerin hier auf knapp 70 Quadratmetern. Die drei Zimmer sind picobello gepflegt, vom Teppichboden bis zu den Fliesen in Küche und Bad. "Das habe ich alles selber und auf eigene Kosten gemacht", sagt sie. Allein die Balkonbrüstung wurde vor vielen Jahren einmal erneuert und Isolierfenster wurden eingesetzt.

32.000 Wohnungen gingen an Investoren

Ansonsten befände sich die Wohnung aus den späten 1960er Jahren noch heute im "Urzustand", was Pregler eigentlich nicht stört. Was sie aber wütend macht, sind die regelmäßigen Versuche der GBW in den letzten fünf Jahren, die Miete hochzuschrauben. Die Geschichte ist bekannt. Rund 32.000 bezahlbare Wohnungen der "Gemeinnützigen Bayerischen Wohnungsgesellschaft" gingen 2013 an ein Investoren-Konsortium mit der Augsburger Immobilien AG an der Spitze.

Als die GBW-Wohnungen verkauft wurden, war der Protest in der Bevölkerung groß.

Als die GBW-Wohnungen verkauft wurden, war der Protest in der Bevölkerung groß. © Foto: Arno Stoffels

Sowohl Horst Seehofer als damaliger CSU-Ministerpräsident als auch Markus Söder als ehemals verantwortlicher Finanzminister verteidigten im Landtags-Untersuchungsausschuss erneut die Privatisierung. Etwas anderes sei nicht mit dem Wettbewerbsrecht der EU zu vereinbaren gewesen, außerdem wäre es mit einer Sozialcharta gelungen, den Mietern den größtmöglichen Schutz zu geben, meint Söder.

Argumente, über die Pregler nur den Kopf schüttelt. Den Verweis auf die EU will sie nicht gelten lassen. Er ist für sie nur ein Beleg, dass sich viele Politiker nicht mehr um die Anliegen kleiner Bürger kümmerten. "Von dem Untersuchungsausschuss erwarte ich gar nichts." Am vergangenen Dienstag war sie selber bei der Expertenanhörung zum Mieterschutz im Bayerischen Landtag und hat mitverfolgt, wie GBW-Chef Claus Lehner und der CSU-Haushaltsexperte Ernst Weidenbusch überdurchschnittliche Mieterhöhungen über wenige Einzelfälle hinaus verneinten.

Kampf gegen Erhöhungen

Pregler sagt von sich selber, dass sie nach 50 Berufsjahren und als ehemalige Buchhalterin eine gute Rente hat. "Ich will nichts, was mir nicht zusteht. Aber ich will mich auch nicht über den Tisch ziehen lassen." Eine vergleichbare Wohnung auf dem freien Markt sei für sie auch nicht erschwinglich. "Und was nützt mir und anderen die Unkündbarkeit des Vertrags, wenn ich mir die Miete hier nicht mehr leisten kann?"

Fünfmal habe die GBW in den letzten Jahren versucht, die Monatsmiete zu erhöhen, laut Pregler durchschnittlich um 20 bis 30 Euro. Mit Hilfe des Mieterbundes ist es ihr gelungen, die Erhöhungen deutlich zu reduzieren oder ganz abzuschmettern. Aktuell bezahlt Pregler 510 Euro Kaltmiete, dazu kommen die Kosten für Strom und Heizung und 145 Euro Nebenkosten. Und hier wird die streitbare 68-Jährige mit Blick auf den Zustand des Gebäudes noch einmal deutlich und blättert in den Aktenordnern.

Kosten für Hauswart explodierten

Ihre Übersicht über die Betriebskosten zeigt, wie beispielsweise die Kosten für den Hauswart von 2013 bis 2016 gestiegen sind: Von 4364 auf 16.016 Euro für die Hausgemeinschaft, wogegen sie sich ebenfalls mit Einbehaltungen wehrt. Überzogene Mieterhöhungen bei der GBW waren in den vergangenen Jahren keine Einzelfälle, sagt Gunther Geiler als Geschäftsführer des Mieterbunds Nürnberg und Umgebung.

Die Beratung von verunsicherten GBW-Mietern seit 2013 sei zumindest bis Ende letzten Jahres der Regelfall und nicht die Ausnahme gewesen. Bei der überwiegenden Zahl hätten die Mieterhöhungen außergerichtlich verhindert werden können. Auch Michael Worm, der sich in Erlangen um die Anliegen der GBW-Mieter kümmert, spricht von einer überzogenen Mieterhöhungspraxis.

Rund 2400 GBW-Wohnungen gibt es hier. Vor allem die vielen älteren Bewohner seien zutiefst beunruhigt. Zumal in den Quartieren, für die von der GBW umfangreiche Modernisierungen angekündigt wurden.

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