Die wirre Karriere des Peter F.

12.1.2017, 18:54 Uhr
Die wirre Karriere des Peter F.

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Früh schloss sich Peter F. der Jungen Union Nürnberg an, engagierte sich ehrenamtlich beim Kreisjugendring in der Frankenmetropole und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), die dann in der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di aufging. In München war er als Schöffe und Sozialrichter tätig.

Nach seiner Tätigkeit bei einem Warenhauskonzern wurde er Gewerkschaftssekretär bei der DAG. Er stieg bis zum Vize-Bezirksleiter in München auf, leitete dann den Finanzdienstleistungsbereich der DAG im Bezirk Nord. 1995 machte er sich selbstständig, bot Schulungen vor allem für Betriebs- und Personalräte an, und das in ganz Deutschland. Außerdem erklärt er stolz, „federführender Berater bei 70 Fusionen von Banken, Kassenärztlichen Vereinigungen, Körperschaften des Bundes und der Länder sowie Firmen“ gewesen zu sein.

Bis 2009. Dann muss etwas passiert sein, was sein Leben veränderte. Denn seither finden sich viele seiner Spuren auf Seiten von „Reichsbürgern“, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland ablehnen.

Was genau der Grund für seine Hinwendung zu der obskuren Bewegung war, konnte die NZ F. nicht fragen: Einzig sein Mobiltelefon ist noch erreichbar, aber auch nur per Anrufbeantworter. Von ihm bekannte Telefonnummern in Colmberg bei Ansbach – dort steht er noch offiziell im Telefonbuch – oder in Berlin sind tot. Seit etwa sechs Jahren meldet er sich meist aus Leipzig – mit Schreiben an Gott und die Welt, in denen er oft über den aus seiner Sicht „nicht rechtmäßigen Staat Bundesrepublik Deutschland“ herzieht.

Mehrere von F. geführte Unternehmen wurden „von Amts wegen“ gelöscht, darunter 2011 die „K.u.R. Konferenz und Reisen GmbH, Berlin“ oder 2006 die „BePeFo GmbH, Colmberg“.

In Colmberg war offenbar auch Uwe V. ansässig. Der ist heute unter der Selbstbezeichnung Uwe von Leonhard als Führer der Reichsbürgerorganisationen „Der Deutsche Bund“, „Staatenbund Deutscher Völker“, „Bundesstaat Deutschland“ und der „Verfassunggebenden Versammlung“ aktiv, steht auf der Internetseite sonnenstaatland.com.

Auch bei der Gründung des Scheinstaates „Republik Freies Deutschland“ (RFD) am 1. Mai 2012 war V. mit dabei. Doch vornedran damals: Peter F., der erste „von seinen Anhängern zum Präsidenten“ Gewählte. Das RFD-„Volk“ kam vor allem aus den neuen Bundesländern. Die Anhänger brachten Schilder mit der Aufschrift „Republik Freies Deutschland Hoheitsgebiet“ an ihren Grundstücken und Hauseingängen an. Dadurch erhofften sie sich „Immunität“ gegenüber Gerichtsvollziehern und anderen Vollzugsbeamten.

Unter „Selbstverwaltung“

Doch den RFD-Anhängern ging es wohl oft nur darum, keine Steuern und Mautgebühren zu bezahlen, wie das Beispiel einer Spedition in Malschwitz (Sachsen) zeigt. Am Ende stand die von Behörden eingeleitete Insolvenz der Firma. Das präsidiale Ende von F. kam am 17. September 2012: Ein Teil seiner Anhänger setzte ihn ab. Heute tritt der Fürther von Leipzig aus als „Selbstverwaltung Peter F.“ auf.

Am 26. Juli 2010 schickte er dem US-Botschafter in Deutschland die „Proklamation der natürlichen Person Peter F., Staatsangehöriger Deutsches Reich unter Selbstverwaltung“: „Hiermit zeige ich an, dass ich als natürliche Person mich gem. UN-Resolution A/RES/56/83 Artikel 9 unter Selbstverwaltung gestellt habe.“

Über diese „Selbstverwaltung“ philosophiert er auch im eigenen Youtube-Kanal. Selbstverwalter finden sich seit 1. Dezember 2016 im „Verzeichnis extremistischer oder extremistisch beeinflusster Organisationen“ des Freistaates Bayern – wie die „Reichsbürgerbewegung“ allgemein.

F.s einstiger Kumpel V. und Nachfolger als „Präsident“ der RFD sieht sich dagegen heute „nicht mehr als Reichsbürger“. Er, der sich gerne Uwe von Leonhard nennt, führt in Bielefeld eine Firma für Bodenbeläge, zahlt offenbar auch brav Steuern, der „juristischen Wirklichkeit“ wegen, „weil ich sonst bestraft würde“, wie er uns am Telefon erläutert.

Doch auch er behauptet standhaft: „Wir leben zweifelsfrei in einer US-Company. Wie könnte es anders sein? Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 18. Juli 1990 ist die Bundesrepublik leider kein Staatswesen geworden, sondern hat sich in ein reines Wirtschaftskonsortium verändert, man kann auch Holding sagen.“

Und deshalb habe er „mit vielen anderen zusammen die Verfassunggebende Versammlung (VV) fortgeführt, die Wolfgang Schäuble begonnen hat“; das gestehe Artikel 146 des Grundgesetzes den Bürgern zu, so V. Knapp zwei Jahre lang habe die VV getagt. „Wir Vorsitzenden haben nur die Aufgabe, für die Durchführung zu sorgen. Wir dienen nur dem Volk.“ Dass „Frau Merkel, die wir eingeladen haben, nicht teilgenommen hat an der VV, bedauern wir“, sagt er uns. Auch Wolfgang P., der mutmaßliche Polizistenmörder von Georgensgmünd, soll Anhänger der VV sein.

Zurück zu Peter F. Bevor er in die „Reichsbürgerszene“ abglitt, versuchte er sich kurz als Parteivize der „Freien Union“ (FU). Gabriele Pauli hatte diese Partei 2009 ins Leben gerufen. Zuvor hatte sich die frühere Fürther Landrätin als CSU-Rebellin deutschlandweit einen Namen gemacht.

Doch in der Kleinpartei war Vize F. der Rebell. Und ihm hat seine Vorsitzende die Mitgliederrechte entzogen. Wenig später trat Gabriele Pauli aber selbst als Chefin ab und aus. Seither „habe ich nichts mehr von F. gehört“, erklärt uns die heutige Juwelierin telefonisch.

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