Ein Paukenschlag: CSU ist offen für G9

12.9.2014, 19:35 Uhr
Ein Paukenschlag: CSU ist offen für G9

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Ludwig Spaenle wählt seine Worte mit Bedacht. Der Kultusminister will bei seiner traditionellen Pressekonferenz zum Schuljahresstart nicht allzu deutlich sagen, was er mit dem bayerischen Gymnasium vorhat, wie er den Dauerstreit um G8 oder G9 lösen will. Und doch bedeuten seine Worte im Ergebnis, dass die CSU nunmehr offen für G9-Züge am Gymnasium ist. Ein Paukenschlag.

Bisher hatten sich Spaenle und auch sein Chef, Ministerpräsident Horst Seehofer, nur sehr verklausuliert geäußert: dass sowohl das G8 als auch das G9 überholt seien. Es war also schon seit längerem klar, dass die CSU nicht grundsätzlich zum G9 zurückkehren würde, wie dies etwa der Bayerische Philologenverband gefordert hatte.

Ebenso zeichnete sich ab, dass mehr Schüler die Chance bekommen sollen, das Abitur erst nach neun Jahren zu machen. Die Frage war nur: Wie? Schließlich hat sich das Flexibilisierungsjahr, das die CSU angesichts der Dauerkritik am G8 eingeführt hatte, als Rohrkrepierer erwiesen. Weil sie dazu ihren bisherigen Klassenverband verlassen müssten, entschieden sich nur wenige Schüler für dieses Modell.

Mittelstufe in drei oder vier Jahren

Nun wollen Spaenle und die CSU - auch Fraktionschef Thomas Kreuzer signalisiert Zustimmung - den entscheidenden Schritt gehen: Schüler sollen die Mittelstufe wahlweise in drei oder vier Jahren hinter sich bringen können. Und vor allem: Diese Schüler sollen in neuen Klassenverbänden zusammengefasst werden. Im Ergebnis bedeutet das nichts anderes, als dass künftig G9-Züge ermöglicht werden. Kurz: Schüler sollen nach der Unterstufe zwischen G8 und G9 wählen können.

Eine Einschränkung macht Spaenle zwar: Jedes Gymnasium für sich soll entscheiden können, wie es vorgeht. Doch in der Praxis wird sich - wenn es genügend Schüler dafür gibt - kein Schulleiter gegen G9-Züge wehren können. Die Tore zum G9 sind also, wenn es so kommt, offen.

Wie viele Schüler sich, wenn sie eine solche echte Wahl haben, künftig für die neunjährige Variante entscheiden werden, weiß keiner. 20 bis 25 Prozent, schätzt der Kultusminister. Weniger, meint Fraktionschef Kreuzer. Deutlich mehr, mutmaßt die Opposition.

FW fühlen sich als heimliche Sieger

Die Freien Wähler (FW) fühlen sich als heimliche Sieger. Sie hatten per Volksbegehren und Volksentscheid eine Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 erreichen wollen - waren aber gescheitert. Und nun, nun will die CSU tatsächlich eine gewisse Wahlfreiheit einführen. "Spaenle hätte diesen Vorschlag nicht auf den Tisch gelegt, wenn es nicht unser Volksbegehren gegeben hätte", meint FW-Chef Hubert Aiwanger.

Der entscheidende Unterschied aber ist: Die Freien Wähler wollten, dass sich die Schüler schon nach der Grundschule entscheiden, welchen Weg sie einschlagen. Die CSU will diese Weiche erst nach der Unterstufe am Gymnasium. "Wir wollen ein Gymnasium. Wir wollen ein pädagogisches Grundkonzept", betont der Kultusminister. Auch in der Oberstufe soll es keine Unterschiede zwischen G8- und G9-Zug geben. Die Differenzierung soll also nur für die Mittelstufe greifen.

Damit kann die Diskussion mit den anderen Fraktionen, mit Schülern, Eltern und Lehrern, nun so richtig Fahrt aufnehmen. Und schon am Freitag zeigt sich, dass Spaenles Konzept noch viele Fragen aufwirft. Beispielsweise die: Haben die betreffenden Gymnasiasten dann die Mittlere Reife künftig erst nach der elften Jahrgangsstufe? Damit wären sie gegenüber Schülern anderer Schularten benachteiligt. Auch Spaenle selbst weiß, dass es noch viele Detailfragen zu klären gibt.

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