Einflussnahme auf Medien: Alle Parteien auf dünnem Eis

29.10.2012, 17:24 Uhr
Einflussnahme auf Medien: Alle Parteien auf dünnem Eis

© dapd

Nach dem Sturz des CSU-Sprechers Hans Michael Strepp über den Vorwurf versuchter Einflussnahme auf das ZDF verzieht sich allmählich der Pulverdampf. Zwar attackierten SPD und Grüne die CSU am Montag wieder in aller Schärfe. Doch einen Landtagsausschuss zu dem Fall wird es vorerst nicht geben, wie SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher klarstellte. „Einen Untersuchungsausschuss planen wir derzeit nicht und streben ihn auch nicht an.“ Stattdessen sollen zuerst die ZDF-Gremien die Angelegenheit aufklären.

Am Wochenende hatten die Vorwürfe gegen die CSU mit einem Bericht über Finanzminister Markus Söders Sprecherin eine Weiterung erfahren. Die frühere Journalistin Ulrike Strauß hatte sich beim Bayerischen Fernsehen nach einem Beitrag beschwert, in dem Äußerungen des damaligen Umweltministers Söder vor und nach der Atomkatastrophe von Fukushima kritisch gegenübergestellt wurden.

Doch sollte die Opposition verschärft auf diese Vorwürfe einsteigen, würde sie sich auf dünnes Eis begeben. „Wenn man mit Steinen auf andere wirft, muss man immer aufpassen, dass die einen nicht selbst treffen“, sagt CSU-Fraktionschef Georg Schmid. Denn solche Beschwerden sind bei allen Parteien üblich. Auch Pressesprecher von SPD und Grünen haben in den vergangenen Jahren immer wieder Einspruch bei Journalisten erhoben, dass über die eigene Partei zu wenig oder nicht positiv genug berichtet wurde.

CSU-Chef Horst Seehofer pflegt Journalisten persönlich anzusprechen, wenn ihm ein Artikel missfällt. Sein SPD-Herausforderer Christian Ude hat auf „Facebook“ seinem Ärger über Berichterstattung Luft gemacht, die ihm nicht gefiel.

"Ausdruck sozialdemokratischer Unzufriedenheit"

Der SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold beschwerte sich im Frühjahr zwar nicht über das Bayerische Fernsehen – fragte aber nach, wie ausführlich über bestimmte politische Veranstaltungen berichtet worden war. Pronolds Anfrage wurde im Bayerischen Rundfunk (BR) allgemein als Ausdruck sozialdemokratischer Unzufriedenheit interpretiert. „Als Mitglied des Rundfunkrates bin ich Teil der demokratischen Kontrolle“, sagt Pronold dazu. „Ich finde, man muss immer zuerst Fakten einholen und nicht subjektive Wahrnehmungen bei Einzelberichten zum Gegenstand von Beschwerden machen.“

Er habe zum Beispiel wissen wollen, in welchem Umfang das BR-Fernsehen über Klausurtagungen der Parteivorstände in Bayern in den letzten vier Jahren berichtet hatte. „Ergebnis war, dass nur über die CSU berichtet wurde, niemals in vier Jahren über SPD, Grüne, FDP oder Freie Wähler. Das ist eine Ungleichbehandlung, die man ansprechen darf oder sogar muss.“

Sowohl Politiker als auch ihre Sprecher weisen darauf hin, dass keineswegs jede Beschwerde einen unzuverlässigen Versuch darstellt, Druck auszuüben. Erstens kommt es vor, dass Zahlen oder Fakten nicht stimmen. Zweitens gibt es keinen Rechtsgrundsatz, dass Journalisten immer recht hätten.

"Scheinheilige und weltfremde Diskussion"

„Mein Eindruck ist, dass es sich um eine scheinheilige und weltfremde Diskussion handelt“, sagt Alexander König, der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Landtag. „Politiker sind auf Journalisten angewiesen, und Journalisten auf Politiker.“ Doch wo verläuft die Grenze zwischen Beschwerde und unzulässiger Einflussnahme?

„Eine Beschwerde im Nachhinein ist ein legitimes Mittel, das jedem zusteht – nicht nur Politikern oder Parteien, sondern auch Verbänden oder jeder Privatperson, die die Berichterstattung betrifft“, sagt Pronold. „Nicht hinnehmbar sind aber Versuche, egal von wem, schon im Vorfeld Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen oder mit Konsequenzen zu drohen.“ Das ist das Besondere am Fall Strepp: Der frühere CSU-Sprecher versuchte anscheinend, die Berichterstattung über den SPD-Parteitag zu behindern. Auch in der CSU wird eingeräumt, dass das unzulässig war.

Es gibt bisher aber keine Hinweise, dass die CSU systematisch versucht hätte, die Berichterstattung über die SPD und ihren Spitzenkandidaten Ude zu behindern. Soweit bisher bekannt, ist der Fall Strepp ein Einzelfall.

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