Enttäuschte Eltern

8.7.2011, 00:00 Uhr
Enttäuschte Eltern

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Ob Informationsschreiben zum Wandertag oder Rücklaufzettel für die bevorstehende Klassenfahrt: immer wieder erreichten die Rundschreiben am Erlanger Ohm-Gymnasium nicht alle Eltern. Weil Kinder die Papierzettel verloren oder aufgrund einer Krankheit gar nicht erst erhalten haben. Auch der enorme Papierverbrauch störte. Bis der Elternbeirat vor fünf Jahren mit Herbert Elsner einen Glücksgriff landete, weil er das Problem beheben konnte.

Als Schüler am Ohm-Gymnasium entdeckte der gebürtige Erlanger Elsner in einem Computerkurs seine Leidenschaft fürs Programmieren. Für seine ehemalige Schule entwickelte der mittlerweile als IT-Spezialist bei einem großen Erlanger Unternehmen tätige Elsner nun in seiner Freizeit ein Elektronisches Schüler Informations System (ESIS), das er ab dem Schuljahr 2007/2008 allen sieben Erlanger Gymnasien kostenlos zur Verfügung stellte.

Einmal angemeldet, bekamen Eltern und Schüler fortan sämtliche Rundschreiben automatisch per E-Mail zugeschickt. Schon bald sprach sich der Nutzen von ESIS im ganzen Freistaat herum. Und während das Programm an immer mehr Schulen eingeführt wurde — aktuell sind es über 90 — arbeitete der Erfinder selbst schon an seinem nächsten Coup: „Die Anmeldung für die Allgemeinen Elternsprechtage verliefen jedes Jahr chaotisch. Nur wer sich rechtzeitig vor Ort in der Schule in Listen eingetragen hat, bekam sein Gespräch“, sagt Elsner. Also programmierte er ein Online-Buchungssystem für die Sprechstunden.

Auch diese Idee erfreute sich anfangs großer Beliebtheit. Doch während der Testphase im Jahr 2009 ging eine Beschwerde beim Landesbeauftragten für Datenschutz in München ein. Die Nachnamen der für eine Sprechstunde eingetragenen Eltern waren frei für jeden einsehbar — ein Verstoß gegen das bayerische Datenschutzgesetz, wie Elsner durch ein Schreiben des Kultusministeriums erfuhr.

Passwort gefordert

Obwohl Schülernamen oder Bilder im Rahmen von Projekten immer wieder auf den Internet-Seiten von Schulen veröffentlicht werden, musste Elsner seine Erstversion überarbeiten. In den Reservierungslisten waren von da an nur noch Sternchen anstatt der Namen zu sehen. Doch im April bekam Elsner wieder Post aus München.

Das Ministerium bemängelte, dass die Datenübermittlung vom heimischen Computer auf den Schul-Server unverschlüsselt erfolgt, anders als beispielsweise bei Online-Banking. Zudem wird neben der E-Mail-Adresse kein Passwort abgefragt, sodass sich Unbefugte mit einer bekannten, aber fremden Mail-Adresse einen Schabernack erlauben und problemlos mehrere Sprechstunden buchen könnten.

Allerdings würde der Betroffene sofort eine Bestätigungsnachricht über seine vermeintliche Buchung erhalten und könnte reagieren, erläutert Elsner. Außerdem sei ihm bisher kein einziger Fall eines solchen Missbrauchs bekannt. Nichtsdestotrotz würde sich der ESIS-Erfinder dazu bereiterklären, die Änderungen durchzuführen: „Das ist technisch innerhalb von zwei Wochen durchführbar.“ Deshalb ist der 53-Jährige auch einigermaßen angesäuert, dass ihm das Ministerium keine weitere Bearbeitungsfrist einräumte, sondern alle Schulen direkt aufgefordert wurden, das Buchungssystem bis auf weiteres nicht mehr zu benutzen.

 

 

Wieder auf dem alten Weg anmelden

Auch am Ohm-Gymnasium mussten sich deshalb Mütter und Väter für den zweiten Allgemeinen Elternsprechtag des Schuljahres Mitte Mai wieder auf dem alten Wege anmelden.

Viele Eltern hätten sich daraufhin bei Elsner, der bis zum vorigen Schuljahr selbst Mitglied des Elternbeirates war, gemeldet und ihre Enttäuschung geäußert. „Für den Ärger bei den Betroffenen habe ich vollstes Verständnis“, sagt Bernd Grundwald, Direktor des Ohm-Gymnasiums, „aber der Anweisung des Ministeriums können wir uns natürlich nicht widersetzen. Und der Datenschutz soll ja auch im Interesse der Eltern verbessert werden.“

„Bis zum ersten Elternsprechabend im neuen Schuljahr werden die Probleme gelöst sein“, gibt sich Grundwald aber zuversichtlich. Auch das Kultusministerium signalisierte bereits, dass ESIS wieder eingesetzt werden darf, sobald die datenschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt sind.