2. Oktober 1964: Konferenz über den Spielplan

2.10.2014, 07:00 Uhr

Bei Will Quadflieg und Robert Freitag, die mit einigen weiteren Ensemblemitgliedern an dieser Aussprache teilnahmen, fiel diese Anregung auf fruchtbaren Boden. Wenn auch noch kein fester Termin vereinbart werden konnte, so zeigten sich die Züricher Gäste doch durchaus bereit, gewissen Spielplan-Verabredungen mit anderen Tournèe-Theatern einzugehen.

Oberstadtdirektor und Kulturreferent Dr. Hiltl gab zu verstehen, dass Erlangen bereit wäre, zu einer solchen Spielplan-Konferenz einzuladen. Die Stadt fühle sich zu einer solchen Initiative nicht zuletzt deshalb berechtigt und sogar verpflichtet, weil Erlangen zu den wenigen Städten gehört, die jeweils sechs bis acht Vorstellungen in ununterbrochener Folge „abnehmen“. Aus dieser Tatsache leitet sie auch das Recht ab, bis zu einem gewissen Grad auf den Spielplan der Tournèe-Theater einzuwirken.

Zu viele selbstständige Theater

Im Laufe der Besprechungen wurde auch die durch die Festschrift der Erlanger Volksbühne erneut zur Diskussion gestellte Frage „Gastspiele oder eigenes Ensemble?“ erörtert. Will Quadflieg vertrat die Ansicht, dass die Zahl der selbstständigen Theater in Deutschland gegenwärtig eher zu hoch als zu niedrig sei. Selbst Bühnen in Städten von der Größe Nürnbergs müssten heute um die Erhaltung ihres künstlerischen Niveaus kämpfen.

Den Bestand kleiner Stadttheater hält Will Quadflieg für die Vorbereitung junger Nachwuchsschauspieler auf größere Aufgaben für nicht so entscheidend, wie das zuweilen geschieht. Jedenfalls könnten diese kleinen Theater den Gefahren, die dem Nachwuchs aus den Verlockungen des Films und des Fernsehens erwachsen, nicht entgegenwirken. Diese Gefahren hält Will Quadflieg allerdings für sehr groß: „Die jungen Leute haben heute kein eigenes Gesicht mehr. Wer soll bei uns in zehn Jahren noch den Faust spielen?“

Ein Ensemble geht auf Reisen

Ob die gegenwärtig bestehenden Tournèe-Theater in der Lage sein werden, auch in Zukunft das Theaterbedürfnis der wachsenden Mittelstädte zu befriedigen — diese Erlangen stark berührende Frage wussten allerdings auch Regisseur Robert Freitag und Will Quadflieg nicht zu beantworten. Eine gewisse Lösung sehen die Züricher Gäste darin, dass große Bühnen — wie es heute in Wien und Düsseldorf bereits geschieht — mehrere Ensembles bilden und eines davon auf die Reise schicken.

Die Vorteile eines festen Theaters wurden von Robert Freitag nicht bestritten, der Zeitpunkt für die Bildung eines neuen Ensembles wurde jedoch als ungünstig bezeichnet. „Es sei denn, Sie könnten einen sehr tüchtigen Intendanten und Spielleiter auf viele Jahre verpflichten — dann würde ich allerdings sagen: tun Sie es sofort“.

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