90 Millionen Euro für Ganztag an Erlanger Schulen?

12.11.2018, 17:00 Uhr
90 Millionen Euro für Ganztag an Erlanger Schulen?

© Harald Sippel

Ab dem Jahr 2025 werden Städte und Gemeinden voraussichtlich in der Pflicht stehen, den Rechtsanspruch für Grundschulkinder auf Ganztagsbetreuung umzusetzen. Die Stadt Erlangen sollte sich frühzeitig der Verantwortung stellen, bauliche Lösungen für den zu erwartenden steigenden Betreuungsbedarf zu finden, empfiehlt die Referentin für Bildung, Kultur und Jugend Anke Steinert-Neuwirth. Dies stieß im Bildungsausschuss auf ungeteilten Zuspruch der Stadträte aller Fraktionen. "Die Stadt Erlangen wird ihrem Ruf als Schulstadt gerecht, wenn wir uns jetzt mit Weitblick auf den Weg machen", sagte die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Sandra Radue.

Auch CSU-Stadträtin Alexandra Wunderlich begrüßte das frühzeitige Agieren. Hürden werde es noch genug geben, fügte sie hinzu.

Damit ist in der Tat zu rechnen. Das fängt schon damit an, dass es personelle Engpässe beim Amt für Gebäudemanagement gibt, dem offenbar die Architekten "ausgehen". Dies könnte es schwierig machen, parallel zum laufenden Schulsanierungsprogramm auch noch mehrere Schulhäuser baulich für den Ganztag fit zu machen.

Doch versucht werden soll es. Eine "Lenkungsgruppe Ganztag", in der Stadtjugendamt, Schulverwaltungsamt, die Abteilung für Statistik und Stadtforschung, die Volkshochschule, das städtische Gebäudemanagement, städtisches Bildungsbüro und Staatliches Schulamt seit März zusammen arbeiten, schlägt vor, mit einem neuen Programm "Zukunft Grundschulen und Ganztagsbetreuung" zu beginnen und damit die Entwicklung der Erlanger Grundschulen unter Berücksichtigung verschiedener Ebenen zu ermöglichen.

Längst geht es beim Ausbau der schulischen Infrastruktur nicht mehr nur darum, Mittagessen in Mensen anbieten zu können. Dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung offenbar bei der Jugendhilfe angesiedelt werden soll, zeigt zudem, dass zukünftig eine stärkere Verzahnung dieses Bereichs mit der Schule angestrebt wird. Anke Steinert-Neuwirth sieht eine große Chance darin, dass Jugendhilfe und Schule künftig mehr zusammenrücken. Das sollte dann aber auch, wenn möglich, im ganz wörtlichen Sinn umgesetzt werden. "Die Möglichkeit der räumlichen Verortung von Hort- und Lernstubenplätzen in den Schulgebäuden soll mitgedacht werden", heißt es von Seiten der Verwaltung.

Der größte Handlungsbedarf bei den insgesamt 15 staatlichen Erlanger Grundschulen im Hinblick auf die Ganztagsversorgung besteht der Lenkungsgruppe zufolge bei der Friedrich-Rückert-Grundschule, der Pestalozzischule, der Hermann-Hedenus-Schule, der Mönauschule und der Michael-Poeschke-Grundschule. Die Baumaßnahmen an diesen fünf Schulen sollten deshalb Priorität haben.

Demzufolge muss die Friedrich-Rückert-Grundschule, die 2009 im Rahmen des Schulsanierungsprogramms generalsaniert wurde, erweitert werden. Denn hier wird bis zum Schuljahr 2023/2024 ein deutlicher Schüleranstieg um knapp 50 Prozent erwartet. Der grob geschätzte Investitionsbedarf liegt bei zirka vier bis sieben Millionen Euro.

Im gleichen Zeitraum werden die Schülerzahlen an der Pestalozzischule voraussichtlich um zwölf Prozent steigen. Bereits jetzt stehen hier zu wenig Ganztagesbetreuungsplätze zur Verfügung. Zudem sind im Sprengel vielfältige Herausforderungen zu bewältigen — genannt werden im Bericht der Verwaltung die soziale Belastung, der hohe Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund und der hohe Anteil an Alleinerziehenden. Viele Kinder haben einen erhöhten Förderbedarf. Da das Schulhaus samt technischer Anlagen inzwischen sanierungsbedürftig ist und die Gebäudestruktur keine Energieeffizienz beim Heizen zulässt, stellt sich die Frage, ob statt Sanierung nicht ein Neubau sinnvoller wäre. Die geschätzten Kosten würden sich dann auf zirka 30 Millionen Euro belaufen.

Bei der Hermann-Hedenus-Schule ist nicht mit einem Schülerzuwachs zu rechnen. Allerdings gibt es bisher im Schulsprengel keine Einrichtung der Jugendhilfe. Außerdem liegt die Versorgungsquote mit 78,6 Prozent rund zehn Prozent unter dem städtischen Durchschnitt. Das Grundstück der Schule bietet die Möglichkeit für eine räumliche Erweiterung, um fehlende Fachräume sowie eine Betreuungseinrichtung der Jugendhilfe direkt vor Ort unterzubringen. Geschätzte Kosten: zirka fünf bis acht Millionen Euro.

Sanierungsbedarf besteht — wie an der Pestalozzischule — auch bei der Mönauschule. Für einen Ersatzneubau müssten mindestens 35 Millionen Euro veranschlagt werden. Falls man sich nicht dafür entscheidet, müsste für benötigte zusätzliche Räume ein Erweiterungsbau errichtet werden. Die Schülerprognose lässt einen moderaten Anstieg der Schülerzahlen erwarten. Es gelte aber, so heißt es im Bericht, "zusätzlich zu bedenken, dass die etwaige Weiterentwicklung des Stadtwestens, die dortige verkehrliche Entwicklung und Anbindung mittels ÖPNV (StUB), aber auch mögliche städtebauliche Anforderungen weitere Maßnahmen im Bereich der Mönauschule auslösen". Nicht gelöst wird mit all dem allerdings die von verschiedenen Seiten als problematisch gesehene Unterbringung eines Teils der Hedenus-Mittelschule im Gebäude der Grundschule an der Steigerwaldallee.

An der Michael-Poeschke-Schule ist seit diesem Schuljahr eine Partnerklasse der Georg-Zahn-Schule untergebracht. Falls das Inklusionsprojekt auf alle Jahrgangsstufen ausgeweitet wird, werden zusätzliche Differenzierungsflächen nötig. Die Kosten für die Erweiterung werden auf fünf bis acht Millionen Euro geschätzt.

Mehrfach wurde im Bildungsausschuss betont, dass das laufende Schulsanierungsprogramm durch den Ganztagsausbau nicht beeinträchtigt werden dürfe. Für die Umsetzung der bereits beschlossenen Maßnahmen des Schulsanierungsprogramms sind in den kommenden acht Jahren jährlich allein zehn bis 13 Millionen Euro Haushaltsmittel notwendig. Auch die vorhandenen Personalkapazitäten seien "umfänglich gebunden", heißt es im Verwaltungsbericht.

Das macht noch einmal deutlich, dass auf die Stadt mit den Baumaßnahmen eine große Aufgabe zukommt. Im Fachausschuss herrschte Konsens, dass man sich dem stellen muss.

"Wir brauchen die besten Schulen für die jüngsten Schüler, weil da die Grundlagen für alles gelegt werden", sagte Sandra Radue. "Und wir brauchen auch die besten Schulen für die Kinder, die es am meisten brauchen."

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