An die Neonazis: „Wir verabscheuen euch“

12.12.2011, 10:00 Uhr
An die Neonazis: „Wir verabscheuen euch“

© Bernd Böhner

Rund 500 Menschen haben sich dazu auf dem Rathausplatz versammelt, um nach den Reden in einem Schweigemarsch zum Hugenottenplatz zu ziehen.

An die Neonazis: „Wir verabscheuen euch“

© Bernd Böhner

Hans Horst als Vertreter des Arbeitskreises Christlicher Kirchen erinnert an den Beginn der Mordserie am 9.September 2000 in Nürnberg, als der türkische Blumenhändler Enver Simsek Opfer der Neonazi-Zelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ geworden war. Man wolle gemeinsam trauern, den Angehörigen das Mitgefühl ausdrücken und „zutiefst entschiedene Ablehnung des Rechtsradikalismus zum Ausdruck bringen“, so Horst. Es handle sich nicht um Taten durchgeknallter Menschen, sondern um „politische Attentate“ einer Terrorgruppe, die nicht allen Menschen die gleichen Rechte und Freiheiten einräumen wollten: „Wer das nicht wahrhaben will, ist gefährlich naiv.“

Bürgermeisterin Elisabeth Preuß, die auch im Namen ihrer Bürgermeisterkollegin Birgitt Aßmus und für Oberbürgermeister Siegfried Balleis spricht, ruft den Kundgebungsteilnehmern zu: „Wir wollen den rechtsextremen Verbrechern unmissverständlich sagen: Wir verabscheuen euch, eure Taten und alle eure rechten Gesinnungsgenossen.“ Schon einmal seien Nazis auf den Straßen Erlangens marschiert, hätten Angst und Schrecken verbreitet und die Menschenrechte mit Füßen getreten. Auch Erlanger Bürger hätten damals weggeschaut.

Darum sei es unerträglich, dass man heute den Neonazis Straßen und Plätze überlasse, dass rechte Menschenverachtung durch Parteien wie die NPD in die Parlamente gewählt werden könne und dass die NPD Steuergelder zur Finanzierung ihres menschenverachtenden Wahlkampfes bekomme.

Fünf Forderungen aus gewerkschaftlicher Sicht stellt Wolfgang Niclas vom DGB auf. Er verlangt ein Verbot der NPD, einen „Stresstest für unsere Verfassungsschutzorgane“, mehr Geld für die Aufklärung in Schulen, im Sport und auf der Straße, einen demokratischen und solidarischen Weg aus der Wirtschafts- und Eurokrise sowie mehr soziale Gerechtigkeit. „Es ist gut, dass wir miteinander reden, demonstrieren und Lichterketten bilden, aber jetzt müssen endlich auch Taten der Verantwortlichen folgen“, ruft er in die Menge.

Für das Jugendparlament fragt Rebecca Baier, weshalb man Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder anderer Sprache anders behandle. Und Funda Sahin, die für „Schulen ohne Rassismus“ spricht, ruft dazu auf, nicht wegzuschauen und aktiv gegen Rechtsextremismus einzutreten. „Lasst uns die Demokratie schützen, damit wir ohne Furcht frei leben können.“

Manfred Kirscher vom Bündnis für den Frieden fordert den Abzug aller sogenannten V-Leute aus dem rechtsextremen Spektrum und „das Verbot aller Parteien und Organisationen aus diesem Bereich“ sowie die lückenlose Aufklärung der Rolle des Verfassungsschutzes. Der Vorsitzende des Ausländer- und Integrationsbeirats, José Luis Ortega Lleras, sagt: „Es gibt keinen Grund, ein Menschenleben zu nehmen“, und zitiert aus dem Grundgesetz, in dem es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Im Anschluss an die Kundgebung ziehen die 500 Menschen in einem Schweigemarsch zum Hugenottenplatz, tragen die Fotos der zehn ermordeten Menschen mit sich und halten Kerzen in den Händen. Auf dem Hugo endet die beeindruckende, beklemmende Veranstaltung mit Gebeten aller in Erlangen beheimateten Weltreligionen und dem gemeinsam gesungenen Protestlied der US-Bürgerrechtsbewegung „We shall overcome“.

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