Aus und vorbei im Erlanger Paisley

9.6.2007, 00:00 Uhr
Aus und vorbei im Erlanger Paisley

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eine lange Zeit für einen Club, der sich im «Haifischbecken» Nachtleben ständig wechselnden Moden stellen muss. Doch im Rückblick war das Erlanger Paisley selbst Trendsetter, resümiert Heiko Fürst stolz: «Wir waren die Ersten in der Region, die Afterwork-Partys veranstaltet haben. Und was wäre Erlangen ohne die Silvester-Schneebar oder unseren Pornofasching?»

Gerade mit dieser «Persiflage auf die Pornoindustrie», wie der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann es nennt, traf sein Team exakt den Nerv der Zielgruppe. Als die Großraumdiscos erst begannen, leichtbekleidete Mädels auf ihren Flyern abzudrucken, waren die Paisley-Gäste längst einen Schritt weiter und verkleideten sich getreu des Mottos des Abends wie Nutten und Zuhälter.

Die Befürchtung der Paisley-Macher, das «Rotlicht»-Konzept könnte beim weiblichen Publikum nicht ankommen, zerschlug sich, als sich zur Premiere die Türen öffneten: Die Warteschlange schien schier endlos. «Das war genauso ein unvergesslicher Moment für mich, wie der Abend der Eröffnung. Du hast keine Ahnung, was passiert, bis du die Tür aufmachst. Und wenn du dann die vielen Leute davor siehst, ist das ein unheimlicher Kick», erzählt Heiko Fürst.

Nicht immer war es einfach, das Publikum für Mottopartys zu begeistern - ausbleibende Gäste dürften einer der Hauptgründe sein, weshalb der Kellerclub in der Nürnberger Straße Ende Mai dichtgemacht hat. Als ein House-DJ zusammen mit einer Liveband auftrat, verließen viele Gäste die Veranstaltung - «weil die Partystimmung fehlte». Ebenso wenig wurden Abende mit Schickeria-Ambiente oder Rock-, Schwulen- und Technopartys zum Publikumsrenner.

Lockten das frühere Paisley und das Byron Bay, das Mitte der 90er Jahre ein kurzes Gastspiel in den Räumlichkeiten in der Fußgängerzone gab, vor allem Schüler in Scharen, setzten die Betreiber von Paisley Park Nummer zwei bewusst auf mehr Schick. Doch das Image des «Mach 1 von Erlangen» kam bei der Hauptzielgruppe Studenten nicht so recht an: Die gingen dienstags und donnerstags lieber in den Zirkel als ins geschniegelte Paisley - trotz nahezu identischem Preisniveau in beiden Clubs.

1999 war das Paisley angetreten, «um eine Lücke im Nachtleben zu schließen», erinnert sich Heiko Fürst. Mit Partys, auf denen Howard Donald von «Take That» oder Anastasia von MTV auflegten. «Bei Donald war es aufregend, mit jemandem zu tun zu haben, dem einst die Schlüpfer um die Ohren flogen.»

Konkurrenz vom Hörsaal

Wenn die Vergangenheit so toll war, warum die Schließung? Hängt es vielleicht mit der Eröffnung der Großraumdiscothek «Hörsaal» im vergangenen Herbst zusammen? «Da brauchen wir gar nicht drumherum reden: Das haben wir sicher gespürt», räumt Heiko Fürst ein.

Er kennt die Mechanismen des Nachtlebens: Vor dem Hörsaal erwies sich der Zirkel als ewige Konkurrenz. Ein paar Wochen lang war das Paisley voll, dann wieder der Zirkel. «Wir wussten nie, woran das lag», gesteht der Paisley-Chef. «Der Erlanger denkt in Extremen. Er rennt immer nur in eine Location - wie ein Lemming, der den Massen folgt.»

Jetzt also das endgültige Ende. «Es liegt an mir. Wir, die Teilhaber und ich als Geschäftsführer, hätten weitermachen können. Aber ich traute mir nicht mehr zu, den Laden wieder 100 Prozent auf die Beine zu bringen. Und nach einem Gespräch stellten wir fest: Alle wollen loslassen.»

Die Reaktionen des Partyvolks auf die Schließung der Kult-Disco könnten unterschiedlicher kaum sein: Bestürztheit und Schadenfreude wechseln sich ab in den Internetforen von www.paisleypark.de oder www.bilderdernacht.de.

Eine letzte Gelegenheit, vom Paisley Abschied zu nehmen, gibt es noch: Am Samstag, 23. Juni, ab 21 Uhr steigt «The Great Pornoabschlussparty». Heiko Fürsts Wunsch für die letzte Party: «Ich möchte noch einmal das Gefühl von der Eröffnung haben. Hoffentlich kommen viele alte Stammgäste.»

Für die Musik sorgt DJ Döner mit Scharf - alleine wegen solcher DJ-Namen wird man sich ans Paisley stets mit einem sentimentalen Lächeln erinnern.