Bewegliche Ordnungen der Kunst

15.9.2014, 18:05 Uhr
Bewegliche Ordnungen der Kunst
Bewegliche Ordnungen der Kunst

© Fotos: Anestis Aslanidis

Für ihre Ausstellung „bewegt“ hat Martina Sutter-Kress sieben Künstlerinnen und Künstler aus Franken dazu gewonnen, jeweils einen Raum im Kunstmuseum zu gestalten: mit Objekten, Installationen, Videos und Bildern.

Im Ausstellungsraum von Joanna Maxellon erwartet den Besucher das nervöse Flattern unzähliger bunter Schmetterlinge, so realistisch, dass fast jeder Zuschauer zunächst an der Tür verharrt. Wer den Raum betritt, ruiniert mit seinem eigenen Schatten die Illusion. Schaltet man den Projektor aus, verschwindet das Kunstobjekt mit seinem Besucher. Beide sind nur Projektion. Eine Allegorie auf das Verhältnis von Kunst und Wirklichkeit.

Der Käfig der Schmetterlinge könnte als eingängiges Leitmotiv für die häufig komplexen Beiträge der Ausstellung dienen, die damit befasst sind, die in der traditionellen Malerei und Plastik still gestellte Zeit in Bewegung zu setzen. Festgelegt wird dabei auch, dass jede Bewegung Anfang und Ende hat, was keineswegs selbstverständlich ist. Simone Koch arbeitet durchaus zweispurig an einer Art Archäologie der Natur. Ihre Fotomontagen, die vertraute Städtebilder durch zusätzliche Details verfremden, sind in sich abgeschlossen: eine mythologische Wirklichkeit, in der es zwischen dem Nürnberger Hauptbahnhof und einer indischen Tempelstadt nur graduelle Unterschiede gibt. Ihre an der Wissenschaft orientierten Versuche, so etwas wie eine eigene Naturgeschichte aus Mikrostrukturen zu entwickeln, scheinen dagegen Anfang und Ende offen zu halten. Sie begründet Zusammenhänge nicht mit Naturgesetzen, sondern mit Analogien. Die starren Ordnungen der Wissenschaft werden so durch mehrdeutige, weil bewegliche Ordnungen ersetzt.

Verborgene Gegenwelt

Solche bewegliche Ordnungen konstruiert Stefanie Pöllot mit Videokästen, in denen die auf einem Standfoto angehaltene Zeit wieder in Bewegung versetzt wird. Die dargestellten Objekte, Vasen, Bilder und Spiegel reflektieren nicht die Außenwelt vor dem Kasten, sondern eine dem Betrachter verborgene Gegenwelt.

Für Ursula Kreutz führt die Bewegung zu einer Form von Raumzeit, in der die Destruktion der räumlichen Ordnung und ihre Rekonstruktion einschließlich der Sammlung von Fragmenten zu simultanen Bildgeschichten mutiert. In Volker Krischkers Objekten dagegen wird die Bewegung fast bis zum Stillstand entschleunigt. Die aus sich selbst bewegten Gegenstände haben etwas Unheimliches an sich, obwohl man weiß, dass es sich nur um die Wirkung eines Elektromotors handelt.

Ein Sonderfall der Ausstellung ist der Klangraum von Tanja Hemm, der die bewegliche Ordnung radikal in die Wahrnehmung des Zuhörers verlegt, in seine durch die Abfolge der Töne erzeugten Vorstellungen. Der Versuch, sie optisch mit der Ausstellungssituation zu verorten, kann allerdings kaum gelingen: Der Zuhörer nimmt die von dort vermittelten optischen und akustischen Signale nur als Bild- und Tonstörung wahr. Angemessener wäre ein abgeschlossener dunkler Raum.

Im Fall von Gerhard Rießbecks Eismeerreise ist Bewegung nur als Abfolge von Standbildern gegenwärtig. Zwischen dem „Haus des Malers“ und seinem Selbstbildnis als vereinzelter Wanderer vermittelt als Bilderwand eine Sammlung von Skizzen und Tagebucheinträgen. Sie belegt nach Art eines alten Raritätenkabinetts den Alltag der Expedition.

„bewegt“: Kunstmuseum Erlangen, Nürnberger Straße 9. Bis 12. Oktober. Geöffnet: Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr, Sa./So. 11 bis 16 Uhr.

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