Bissiges zwischen Comic und Cartoon

13.2.2016, 19:54 Uhr
Bissiges zwischen Comic und Cartoon
Bissiges zwischen Comic und Cartoon

© Fotos: Peter Millian

ERLANGEN – Der heute 74-jährige Künstler sitzt vor seinem Zeichentisch in seiner Wohnung im Stadtteil Büchenbach und zieht einen Zeichenkarton heraus. Das Motiv stellt eine verschleierte Frau dar, die sich auf ihr schwarzes Tuch mit kräftigem Rot Lippen aufgemalt hat – gut sichtbares Zeichen dafür, dass den Frauen im Islam die individuelle Schönheit nicht weniger wichtig ist als westlich sozialisierten Frauen – nur klandestin muss es sein.

Kaste gehört – das zeigen seine bissigen, ja galligen Zeichnungen – zu den Unerschrockenen seines Metiers. Themen wie Tod und Verletzlichkeit, die Schrecken und Tücken des Alltäglichen, die Beziehungsfallen, in die das orientierunglose moderne Individuum hereintappt – all das sind Themen, denen sich Kaste genüsslich (wie es scheint) widmet.

Falsche Tierliebe will er sich auch nicht nachsagen lassen, weshalb schon einmal ein Rehpinscher von einem Spendensammler des Tierschutzvereins versehentlich zertreten wird, oder ein Bullterrier den Gelegenheitsplausch zweier Frauen auf der Straße zum Anlass für einen kleinen Dackel-Snack nimmt. Ein anlässlich einer Ausstellung im Kunstmuseum 2014 entstandenes Buch mit dem schönen Titel „Hier haste das Beste von Kaste“ weist ihn aus als scharfen Beobachter „der menschlichen Komödie der Verirrungen, die zweifellos als unabgeschlossen zu sehen ist.“

„Der Alltag steckt voller Fallen, die in sämtlichen scheinbar einfachen Aufgaben des Lebens verborgen sind. Und der Mensch scheitert an ihnen, weil er ihre Sprache konsequent missversteht.“ So hat es damals der EN-
Kritiker gesehen, und so gilt es unverändert bis heute.

Wer erst die Karikaturen gesehen hat und später dem schlaksigen Cartoonisten gegenüber sitzt, ist nicht mehr so sicher, auf einen Misanthropen gestoßen zu sein. Eine Miesepeter ist Peter Kaste ganz sicher nicht, eher schon einer, den sein Berufsleben in der Fürther Quelle-Zentrale davon überzeugt hat, dass das menschliche Zusammenleben sich als unerschöpfliche Quelle von Missverständnissen erweist und förmlich nach Überspitzung schreit. Da seine Gegenstände oft allzu menschlich sind, ist sein Stil formal und inhaltlich auch international – nicht umsonst stammen seine zwei Dutzend Auszeichnungen und Preise von internationalen Schauen, darunter zwei 1. Preise, in Bordighera/Italien und in Hoikkaido/Japan.

Seine Einzelausstellungen sind in den letzten Jahren rar geworden, die Gruppe „Cartoonago“ (u.a. mit Andreas Floris und Gerd Bauer aus Nürnberg) hat sich längst aufgelöst – doch Kaste sitzt trotzdem täglich am Pult, um den täglichen Irrsinn aufs Papier zu bringen.

Dass er „politischer“ geworden ist, ist natürlich auch den Zeiten geschuldet.

Geblieben ist ihm sein drastischer Auftritt, seine Bissigkeit. „Von Altersmilde“, so hat er dem Herausgeber seines Buches, dem Kunstmuseum-Kurator Jürgen Sandweg 2014 in die Feder diktiert, „kann keine Rede sein.“

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