BMX-Fahrerin aus Erlangen erlebt ein WM-Abenteuer

20.6.2018, 17:00 Uhr
Erlanger Talent: Jennifer Rosenmüller auf der BMX-Bahn in Spardorf...

© Fotos: Harald Sippel/ Rosenmüller Erlanger Talent: Jennifer Rosenmüller auf der BMX-Bahn in Spardorf...

Es begann mit einer Heidenangst. Todesangst, wie Jennifer Rosenmüller später sagt. Allerdings begann das Abenteuer in Aserbaidschan gar nicht in Aserbaidschan, sondern in Frankfurt am Flughafen. Gemeinsam mit dem Bundestrainer und zwei weiteren WM-Fahrern saß das Erlanger BMX-Talent im Flugzeug. "Nach dem Abheben gab es einen Schlag am rechten Flügel", sagt die 14-Jährige. "Wir haben durchs Fenster gesehen, wie der Flügel gewackelt hat, ein Triebwerk war im Leerlauf." Nach einer halben Stunde kehrte das Flugzeug nach Frankfurt zurück. "Ich dachte, ich komme nie in Baku an."

Vier Stunden und weitere vier Flugstunden später landete Rosenmüller dann doch am Austragungsort der BMX-Weltmeisterschaften. Die Koffer allerdings waren immer noch in Frankfurt. "Ich hatte nur die Kleidung, die ich gerade trug", sagt Rosenmüller. Und viel schlimmer: Auch ihr BMX-Rad und ihre Ausrüstung fehlten. Ein Training vor Ort musste die Erlangerin deshalb ausfallen lassen. Viel Aufregung also für eine WM-Premiere, noch bevor es überhaupt an die Strecke ging.

Vorab hatte Many Rosenmüller ein Crowdfunding-Projekt gestartet, um die WM-Reise ihrer Tochter irgendwie finanzieren zu können. Vier Wochen vor dem Rennen kam ein Anruf des Bundestrainers, Jennifer Rosenmüller war in die Nachwuchsförderung des Bund Deutscher Radfahrer aufgenommen, "mir wurde dann alles gezahlt". Als die BMX-Fahrerin vom RC 50 Erlangen und wenig später auch ihr Rad in Baku gelandet waren, konnte sie sich auch endlich aufs Sportliche konzentrieren.

Ziel war das Finale in ihrer Altersklasse, also die Top acht der Welt. "Mein Trainer hier hat gesagt, ich kann es in die Top drei schaffen." Als Rosenmüller dann jedoch beim ersten Vorlauf am Start stand, zitterten ihre Arme und Beine. "Mein Lenker hat sogar gewackelt", sagt sie. "Eine WM ist eine andere Hausnummer, hier gibt es andere Starter, andere Nationalitäten." Das Gefühl in einem großen Stadion antreten zu dürfen, hat das BMX-Talent genossen. "Doch ich war aufgeregt, die Tribüne war voll, jeder schaut auf den Lauf. Ich habe das Adrenalin gespürt."

Im ersten Vorlauf wurde Rosenmüller nur Fünfte, der zweite Vorlauf aber lief besser, "obwohl die Bahn sehr anstrengend war". Die Erlangerin kam als Dritte ins Ziel. Der dritte Vorlauf war "perfekt", Rosenmüller wurde Erste. "Platz vier im Halbfinale war dann nicht so gut. Deshalb dachte ich, dass ich jetzt noch einmal alles geben muss." Im Finale hatte Rosenmüller auf Gate acht keine gute Position, "aber es passte im Rennen alles". Als Drittschnellste fuhr sie ins Ziel. Damit war sie beste Erlangerin. Olympia-Teilnehmerin Nadja Pries kam bei der WM in der Elite-Klasse im Halbfinale auf Rang sechs und verpasste so den Endlauf.

... und bei der WM in Baku.

... und bei der WM in Baku.

"Die Bronzemedaille macht mich richtig stolz", sagt Jennifer Rosenmüller. "Dadurch bekommt man alles zurückgezahlt, was man über die Jahre investiert hat, wofür man trainiert hat. Man sieht, dass es sich gelohnt hat." Ihre Mutter hatte das Rennen per Livestream verfolgt, danach kam ein Anruf der Tochter. "Nach der Panne mit dem Flugzeug hatte meine Mutter Angst, wir waren kaum in Kontakt, weil mein Handy kaputt war", sagt Jennifer Rosenmüller. Doch am Ende war die Freude groß, daheim und in Baku.

Mit WM-Bronze im Gepäck trat die BMX-Fahrerin die Heimreise an, in Frankfurt allerdings verpasste sie den Anschlussflug nach Nürnberg. Diesmal war Rosenmüller ganz alleine, immer noch ohne Handy, die anderen Athleten bereits weitergereist. "Ich bin fünf Stunden am Flughafen herumgeirrt. Ein Bekannter hat mich dann gefunden, meine Mutter hat mich mit dem Auto abgeholt." Das Abenteuer hörte auf, wie es begonnen hatte. Und es wird noch weitergehen.

Nach ihrer ersten WM-Teilnahme ist Jennifer Rosenmüller, die aktuell die Bertolt-Brecht-Sportschule in Nürnberg besucht, bereit für mehr. Im September wechselt sie zum neuen Schuljahr in den Olympia-Stützpunkt nach Stuttgart. "Dort gehe ich dann aufs Internat", sagt Rosenmüller. "Ich freue mich schon sehr." Die Entscheidung, den RC 50 Erlangen zu verlassen und im Alter von 14 Jahren in eine fremde Stadt zu ziehen, war aus sportlicher Sicht schnell gefasst.

"Ich möchte das ausprobieren. Dort wurde eine neue Supercross-Strecke gebaut, mit richtig großen Hügeln zum Springen." Die Trainingsmöglichkeiten sind dadurch natürlich ganz anders als in Spardorf. "Ich hoffe, dass die Chance für Olympia dadurch steigt", sagt Rosenmüller. Die Weltmeisterschaft in Baku jedenfalls soll nicht das letzte Abenteuer gewesen sein.

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