Buch über ein tragisches Schicksal in Effeltrich

6.11.2017, 18:30 Uhr
Buch über ein tragisches Schicksal in Effeltrich

© Fotos: Dagmar Niemann

Marcus Götz ist in Effeltrich geboren und aufgewachsen. Hier lebt er mit seiner Familie, obgleich er als Weichenmechaniker bei der Deutschen Bahn in Nürnberg beschäftigt ist. Vor fünf Jahren hat er ein kleines Buch über die Geschichte seines Heimatdorfes herausgebracht. Eigentlich dachte er, dass damit seine Forschungsausflüge in die Vergangenheit abgeschlossen wären.

Am Fronleichnamstag 2014 jedoch öffnete er im Wohnzimmer seiner 1996 verstorbenen Großmutter zufällig eine Schublade und fand dort Hunderte von Feldpostbriefen. Geschrieben hatte sie ein ihm unbekannter Martin Leon Kotz und adressiert waren sie an seine Großmutter Vroni.

Nachdem Marcus Götz einige Briefe überflogen und in einem Umschlag sogar noch ein getrocknetes Vergissmeinnicht gefunden hatte, war ihm klar, dass er die Schublade nicht einfach wieder schließen konnte. Durch den kurzen Blick in die Vergangenheit sah er sich plötzlich in der Verantwortung, die Erinnerung an seine Großmutter und ihren Leon zu bewahren.

Zwar waren die beiden lange tot, aber ihre Geschichte existierte in diesen Briefen weiter; sie legte Zeugnis darüber ab, wie man in den 1930er Jahren in Effeltrich gelebt und wie sich alles durch den Zweiten Weltkrieg verändert hatte.

Buch über ein tragisches Schicksal in Effeltrich

Die kleine, friedliche Alltagsgeschichte der arbeitssamen Menschen in der Fränkischen Schweiz und die große, kriegerische, politische Geschichte, die in Berlin entschieden wurde, verschmolzen miteinander, so dass die jungen Effeltricher Männer nach Frankreich, Italien, Nordafrika oder Russland in den Krieg ziehen mussten. Viele von ihnen kehrten nicht mehr zurück.

Das Buch von Marcus Götz ist ein Zeitdokument, weil er die Zeitläufte, in Leons Briefen authentisch beschrieben, wiedererstehen lässt.

Als Autor mischt er sich ab und zu ein, um heimische Bräuche und Feste zu beschreiben, um Orte des Frontverlaufs zu erklären, um den Widerspruch zwischen den Briefinhalten und dem offiziellen Wehrmachtsbericht aufzuzeigen oder den Leser darüber zu informieren, wie viele deutsche Soldaten mit unzureichender Ausrüstung vom Oberkommando der Wehrmacht eingesetzt wurden, um die nach Westen vorrückende Front der zahlenmäßig weit überlegenen Sowjetarmee aufzuhalten.

Ein Zeitdokument ist das Buch auch, weil fast alle 53 Gefallenen und 8 Vermissten der Gemeinde Effeltrich darin stehen.

Das Buch von Marcus Götz ist auch ein Anti-Kriegsbuch. Wer es liest, wird mit Macht daran erinnert, dass Krieg das schlimmste Übel der Menschheit ist. In seinen Briefen geht Leon selten auf das eigentliche Kriegsgeschehen ein, aber die Berichte über seinen Alltag sprechen für sich.

Seit 1935 kannten Leon und Vroni sich. Im April 1944 hatte Leon drei Tage Heiratsurlaub. Am 12. Juni 1944 schrieb Leon seinen letzten Brief an Vroni. Schon ab Anfang Juni kamen alle ihre Briefe mit durchgestrichener Feldpostnummer und dem Vermerk "Vermisst" zurück. Eine Anfrage von Marcus Götz beim Deutschen Roten Kreuz ergab, dass Leons Schicksal nach wie vor ungeklärt sei.

Kontakt und Buchvorbestellung: buch-effeltrich@gmx.net oder Telefon (0 91 33) 60 54 30.

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