Buntes Mosaik von Läden im Ortskern zerbröckelt

23.6.2016, 11:30 Uhr
Buntes Mosaik von Läden im Ortskern zerbröckelt

© Harald Hofmann

Seit gut 90 Jahren sei das Haus im Familienbesitz und in drei Generationen für geschäftliche Zwecke (und auch zum Wohnen) genutzt worden, berichtet Franz-Josef Kugler.

Sein Großvater Josef habe hier ab 1925 Lebensmittel-, Schreib- und Spielwaren verkauft, und auch eine Apotheke sei im Gebäude gewesen.

Bekleidung seit 1972

Im Jahr 1972 richtete dann dessen Sohn Gerhard, der Vater und Schwiegervater der heutigen Betreiber Franz-Josef und Daniela Kugler, das Bekleidungsgeschäft ein. Im Jugend- und frühen Erwachsenenalter wirkten später beide in dem Familienbetrieb mit und fanden dort auch zusammen.

Bei dieser Vorgeschichte sei es ihnen alles andere als leicht gefallen, das Geschäft aufzugeben, betont Franz-Josef Kugler. Der ständig steigende Konkurrenzdruck durch Online-Handel und Discounter, aber auch „die geschäftliche Entwicklung im Innerort“ von Neunkirchen habe eine Fortführung ihres Mode- und Wäschehauses nicht mehr möglich gemacht.

Man habe es mit Rabattaktionen, Umbau und Markenwechsel versucht und auch einen eigenen Einstieg ins Online-Geschäft prüfen lassen. Aber all dies hätte letztlich nicht die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit garantiert.

Im Einvernehmen mit seinem kürzlich verstorbenen Vater und der ganzen Familie sei daher der Entschluss zur Geschäftsaufgabe gefallen. Bis zum 17. Juli laufe nun noch der Räumungsverkauf mit Preisnachlass. Die Angestellten hätten glücklicherweise teils schon neue Beschäftigungen gefunden.

Die Ladenfläche will man auch künftig für gewerbliche Zwecke verpachten oder Mietern anbieten. Er als Vater mit Kindern und noch gut zwei Jahrzehnte vom Rentenalter entfernt, könne aber kein Risiko eingehen und werde voraussichtlich eine anderweitige Arbeit im Angestelltenverhältnis aufnehmen.

Franz-Josef Kugler macht auch keinen Hehl daraus, dass er die kommunalen Rahmenbedingungen für die Geschäftswelt im Neunkirchener Ortskern für unzureichend hält. Die Zahl der Parkplätze sei mit dem Umbau des Kirchenplatzes und des Vorfelds am Zehntspeicher deutlich gesunken; die Einführung der Verkehrsüberwachung helfe Geschäftskunden da wenig weiter.

Es fehlt an Vielem

Zudem fehle es im Ortskern an öffentlichen Toiletten (es gibt nur eine), an Fahrradständern, an einer E-Bike-Ladestation oder am kostenlosen WLAN.

Bürgermeister Heinz Richter bedauert die Aufgabe des Modehauses Kugler wie auch anderer Geschäfte in zentraler Neunkirchener Lage außerordentlich. Der Gemeindechef wurde übrigens im Stammhaus Kugler geboren. Seine Mutter war dort Wirtschafterin und die Eltern lebten auch im Haus.

Richter glaubt, dass die geplante Verlegung der Staatsstraße durch Ebersbacher Gebiet (Westumgehung) der Geschäftswelt eine Chance bietet. Die Strecke zwischen Forchheimer und Erlanger Tor könnte dadurch zur Gemeindestraße abgestuft und so attraktiv zur Flaniermeile und Einkaufszone umgestaltet werden wie in Heroldsberg. Dort sei ein ähnliches Konzept aufgegangen.

Franz-Josef Kugler zweifelt, ob dies, wenn überhaupt, in absehbarer Zeit erfolgen kann. Mittelfristig sieht die Lage eher trist aus. Wenn man nämlich vom Zehntspeicherplatz durchs Klosterhoftor und weiter den Inneren und den Äußeren Markt sowie die Forchheimer Straße hinunter wandert, so fallen Einheimischen vor allem rechterhand viele verschwundene Geschäfte ein.

Zu nennen sind eine Parfümerie, ein Juwelier, ein Spielzeug- und ein kleiner Modeladen oder auch eine Metzgerei nahe dem Forchheimer Tor, in die später ein Computergeschäft einzog und inzwischen von dort schon wieder an den östlichen Ortsrand umgesiedelt ist.

Zwei Gebäude von Banken, die fusionierten und gemeinsam in einen Wohn- und Geschäftskomplex gegenüber dem Busbahnhof einziehen, werden ebenfalls bald am Inneren Markt frei.

Und die Familie Kugler hatte übrigens schon einmal zuvor ein Negativerlebnis. Bernhard Kugler, ein Bruder des Modehaus-Inhabers, betrieb am Rande des Zehntspeicherplatzes mit Frau und Schwester 15 Jahre lang ein Haushaltswarengeschäft von gleichfalls beachtlichem Niveau. Anfangs lief es gut; 2012 musste es gegen Billigkonkurrenz auf grüner Wiese und im „Netz allerdings die Waffen strecken.

In dem Geschäftsgebäude fanden danach ein Blumenladen, ein Eiscafé und auch zusätzliche Hausbewohner Platz.

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