Das Stradivari-Cello verneigt sich

12.2.2019, 19:12 Uhr

Das Stradivari-Cello mit dem adeligen Namen "Marquis de Corberon" verneigt sich nach den beiden Auftritten des Star-Cellisten Steven Isserlis auch. Typisch sind solche Gesten, das clowneske Auftreten des witzigen Briten und Cellisten mit Weltruhm. Das GVE-Publikum ist begeistert nachdem Isserlis im ersten und zweiten Teil die beiden Cellokonzerte von Camille Saint-Saens mit virtuoser und für ihn typisch leidenschaftlicher Bravour und vitaler Präsenz zusammen mit der famosen Kammerphilharmonie Potsdam unter der Leitung von Antonello Manacorda exekutiert hat.

Der exaltierte Brite, äußerlich mit dem Wuschelkopf und der Mimik ein "Amadeus", reißt mit seiner wilden Präsenz mit. Dabei klingt sein Cello fein, weich, eher nobel zurückhaltend als vordergründig brillant. Isserlis lebt symbiotisch mit seinem Cello, es scheint ein Körperteil von ihm zu sein. Freude und Leichtigkeit drücken sich in seinem Spiel aus, und Isserlis tut alles, um seine Mitspieler mitzureißen, strahlt die Konzertmeisterin immer wieder an, holt sich intensiv den Kontakt zum Dirigenten, zu den anderen Musikern. So gelingen Übergänge, hohe Lagen, Solo-Tutti-Wechsel spielerisch, euphorisch. Hier haben beide Seiten allergrößte Musizierfreude. Fein und ätherisch klingt das im ersten Konzert im Menuett-Teil. Die Kadenz des zweiten Konzerts ist phänomenal. Das gibt großen Publikumsjubel und eine Zugabe mit Pablo Casals katalanischem Lied "El Cant dels Ocells". Isserlis erweist damit dem großen Cellisten-Kollegen Casal die Ehre, der seine Konzerte stets mit dieser symbolträchtigen Komposition beendete. Danach ist es mucksmäuschenstill im gut besuchten Saal. Die innige Stille schwingt weiter. Es ist die höchste Auszeichnung, die ein Künstler erreichen kann.

Das war der eine Star. Der andere Star dieses Abends ist eindeutig und gleichrangig das Orchester. Schon mit der eingangs gespielten ersten Kammersymphonie von Arnold Schönberg ist die Potsdamer Kammerphilharmonie nur begeisternd in ihrer Intensität, lebendigen Souveränität dieser vertrackten und klangreichen Partitur.

Höhepunkt des orchestralen Gestaltens ist Beethovens selten gespielte Vierte Symphonie in B-Dur. Antonello Manacorda ist auch hier ein beweglicher, gestisch vitaler Dirigent, der das Orchester temperamentvoll anspornt. Sprudelnd und funkensprühend kommt so Beethovens Vierte, die "griechisch schlanke Maid zwischen zwei Nordlandriesen" (gemeint sind die 3. und 5. Symphonie) daher. Der erste Satz klingt wie eine Ouvertüre, so schlüssig, so quicklebendig. Modulationen, Tempi, fabelhafte Solisten in den Holzbläsern bereiten allerbestes Hörvergnügen. Alle Orchestergruppen sind geschmeidig, akkurat und spielfreudig. Bemerkenswert rein und klar sind die Naturhörner und bestimmen einen ganz speziellen Beethoven-Klang. Die Kammerphilharmonie Potsdam gehört zu den klangvollsten Orchestern überhaupt. Hier verstehen und verständigen sich musikalischer Leiter und die Orchestermitglieder auf eine freudig charakterisierende, historisch orientierte und vor allem hochpräzise Klangfülle. Bestens, begeisternd!

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