Der Fluss der Stimmen

6.5.2016, 18:13 Uhr

Chorleiter Joachim Adamczewski hatte mit seinen Sängern ein Programm zusammengestellt, das vom jubelnden Gotteslob über die Bitte um Frieden bis zum Vaterunser reichte. Noch einmal Einkehr, Besinnung auf den Ursprung allen Seins und Innerlichkeit, bevor der Frühling den Menschen wieder in die Außenwelt zieht.

Vocanta ist ein außergewöhnlicher Chor, der technisch derart gut ist, dass sein Repertoire kaum eingeschränkt ist. Auch fordernde Werke, wie Johannes Brahms’ Fest- und Gedenksprüche op. 109 für achtstimmigen Chor, atmen Souveränität in Rhythmus und Intonation, oder wie Eric Whitacres „Alleluja“, in dem mehrere Klangschichten übereinander gelagert werden und im Gesamtklang eine faszinierende Ruhe entsteht, schillern in fein abgestimmten Klangnuancen. Die Sänger von Vocanta haben nicht nur hervorragende Stimmbildung erfahren, sondern auch ihr Gehör ist topp geschult.

Herrliches Bachbett

Es entsteht der Eindruck, als enthielte sich Joachim Adamczewski jeder Art zwingender Klanggestaltung, sondern ließe vielmehr ein herrliches Bachbett den Fluss der Stimmen formen. Natürlich ist großes Können notwendig, bis der Bass in Melchior Vulpius’ „Vater Abraham, erbarme Dich mein“ klingt wie zarte Paukenschläge. Auch Max Baumanns „Pater Noster“ mit seiner schwierigen Harmonik und den großen Crescendi gelingt nur mit feinster Abstimmung und unbedingter Aufmerksamkeit. Aus dem Ensemble lösen sich dann andächtig dargebotene Soli, die wieder mit genauer Stimmführung bis in die Höhen beeindrucken.

Morten Lauridsen fächert in seinem „Ubi Caritas et Amor“ die Unisono-Gregorianik des Tenors zu vier- und achtstimmigem Chorgesang auf – ein fesselndes Hörerlebnis, dessen „Amen“ Vocanta aus einer anderen Welt zu holen scheint.

Überhaupt, die „Amen“: Hier scheinen sich die Komponisten und die Sänger mit ihrer jeweiligen Kunst übertreffen zu wollen – zum Niederknieen schön.

Bewusst gestaltetes Zelebrieren

Auf das Publikum wirkt dieses unglaublich bewusst gestaltete Zelebrieren der Werke wie ein Sog, der die Aufmerksamkeit im Hören konzentriert. So weit hatte man sich entführen lassen, dass nach dem Verklingen des abschließenden, überirdisch erscheinenden „Sanctus“ von Kurt Thomas nichts die Stille zerbrach.

In diese „heilige“ Atmosphäre schickte Vocanta noch einen letzten Friedensgruß, nach dem sich die Zuhörer mit herzlichem Applaus für diese Stunde der Sammlung bedankten.

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