Der goldene Klang

16.1.2017, 18:09 Uhr

Alles klingt ganz einfach, wird in diesem „Dauerbrenner“ geprägt von einer zauberhaft schönen, schlicht gespielten Melodie des Primarius Amaury Coeytaux. Die Pizzicato-Begleitung ist gewitzt, leicht, hübsch untergeordnet: Man wirft sich die Bälle freundlich-spielerisch zu. Dabei hat Primarius Coeytaux die verantwortungsvolle Position erst seit einem Monat inne; das ist im Zusammenwirken erstaunlicherweise nicht erkennbar. Das homogene, gemeinsame musikalische Agieren ist souverän, verlässlich, akkurat, lebendig.

Die Musiker vereinen ihre Instrumente zu einem. Das liegt nicht nur am exzellenten technischen und künstlerischen Vermögen ihres mehr als zehnjährigen Bestehens, sondern ist maßgeblich den warm-sonor klingenden, edlen italienischen Instrumenten aus den Werkstätten Guadagnini, Gagliano, Mariani und Goffriller zu verdanken.

Höhepunkt des abwechslungsvollen Programms mit dem eingangs gespielten, frischen Beethoven-Quartett, op. 18, Nr. 6 ist das wunderbare Streichquartett in F-Dur von Maurice Ravel. Die vier Künstler folgen den Satzanweisungen des französischen Komponisten so genau, dass die Satzbezeichnungen – stünden sie nicht dort – gleichermaßen interpretatorisch formuliert werden: „Sehr weich, süß“ steht da über dem ersten Satz. Und exakt so klingt das Ganze: Elegant, berührend ist die Vorstellung des „Thème générateur“, des thematischen Kerns, der immer wieder fein erkennbar ist, vorgestellt und übergeben wird. Die impressionistischen Elemente, die rhythmische Spielfreude, die pointierte Zuspitzung im wechselhaften zweiten Satz ist eine spannende Auseinandersetzung. Der Lento-Satz wartet mit fahlen Farben, filigran und zum Abschluss mit ätherischer Farbpalette auf. Schön ist diese jenseitige Sphärenbildung.

Temperamentvoll und feurig

Doch die jungen Musiker des international renommierten Quartetts können auch anders: Temperamentvoll, aber nicht ungezügelt wild, feurig, aber nicht brachial, geht es im Finale zur Sache. Die Satzbezeichnung gibt’s wieder: „Vif et agité“, lebhaft und ruhelos treibend. Die „Modiglianis“ scheinen sich klanglich entsprechend an der visuellen Ästhetik des Namensgebers, des italienischen Malers Amadeo Modigliani, zu orientieren.

Auch das Brahms-Quartett ist von sattem, warm timbrierten Ton geprägt. Strukturell geht das freilich weit in die Tiefe mit den vielfältigen dichten Beziehungen, Querverbindungen der Thematik. Das gelingt spannungsreich, im üppigen Klang. Die Leidenschaft, die unruhigen Wechsel, das Drängen, die slawische Süße, die „Brahms-Färbung“ sind charakteristisch. Das klingt im besten Sinne konservativ meisterlich, ist stimmig und dicht in der Darbietung, ein goldener Klang voller Vitalität.

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