Der Umweltgedanke als politisches Markenzeichen

26.5.2015, 15:54 Uhr
Der Umweltgedanke als politisches Markenzeichen

© Harald Sippel

Dass ein ehemaliger Oberbürgermeister seinen Vorgänger für archivarische Zwecke interviewt und dies von einem Filmteam aufbereitet wird, dürfte wohl ein Erlanger Alleinstellungsmerkmal bleiben. Viele Weggefährten der beiden Kommunalpolitiker fanden sich im Stadtarchiv ein, um den Erinnerungen jenes Mannes zu lauschen, der von 1972 bis 1996 die Geschicke der Stadt Erlangen gelenkt hat. Die entscheidende Rolle dafür, dass er nach 24 Jahren nicht nochmals kandidiert hatte, schob er jetzt seiner Frau Heidi zu („In der Rückschau war das auch gut so“).

Kritik an Helmut Kohl

Hahlwegs politisches Markenzeichen war eine am Umweltgedanken orientierte Stadtentwicklung, die ihn, den Vorsitzenden des Umweltausschusses im Deutschen Städtetag, als einzigen deutschen Kommunalpolitiker in internationale Beratungsgremien führte. Balleis erinnerte an Hahlwegs Kritik am damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl wegen dessen Abberufung von Klaus Töpfer als Bundesumweltminister – laut Hahlweg einer der wenigen deutschen Politiker mit Weltniveau. Hahlwegs Omnipräsenz hatte zur Folge, dass er beim Ausscheiden aus dem Amt auf 95 angesammelte Urlaubstage verzichten musste. Hahlweg: „Es gibt bestimmt Leute, die sagen, dass sei keine Tugend, sondern Dummheit.“ Dennoch stellte sich Hahlweg später als ehrenamtlicher „Sonderbotschafter“ zu Reisen in die Partnerstädte zur Verfügung, ebenso als Moderator bei manchen Zwistigkeiten, die er einvernehmlich abwickeln konnte – auch dies für Balleis der Beweis für das „diplomatische Geschick“ seines Vorgängers. Er förderte den interreligiösen Dialog und sorgte dafür, dass die Kirchen, die Moscheevereine und der entsprechende Universitätsbereich „auf gleiche Augenhöhe“ gebracht wurden.

Sein Faible für die Kultur entstand durch das Amt. Hahlweg gelangen dabei zwei entscheidende personelle Weichenstellungen: die Verpflichtung des ehemaligen Regensburger Kulturdezernenten Wolf Peter Schnetz als städtischer Referent und des vorher in Ingolstadt tätigen Kulturmanagers Karl Manfred Fischer, entdeckt durch aufmerksames Zeitungsstudium. Figurentheater, Comic-Salon, Poetenfest – sie sind diesem Engagement zu verdanken. Hahlweg war auch maßgeblich verantwortlich dafür, dass Terrassenhäuser am Burgberg verhindert wurden und dort der Heinrich-Kirchner-Skulpturengarten entstand.

Noch heute trifft Hahlweg ehemalige enge Mitarbeiter nicht nur jeden Freitagmorgen zum gemeinsamen Sport, sondern auch im „Ältestenrat der Reserve“, eine solcherart genannte Gruppe von einstigen Referenten und Amtsleitern der Stadt. Hahlweg: „Wenn meine Bilanz halbwegs positiv erscheint, so liegt das auch daran, dass es viele Leute gab, die sich im Rathaus reingehängt haben.“

Natürlich durften beim Rückblick die H-Bahn und die Stadt-Umland-Bahn nicht fehlen. Für Erstere begeisterten sich Hahlweg und sein Planungsreferent Walter Böhlk schon von 1973 an durch das von Siemens aufgelegte Modell. Als es allerdings im November 1978 im Stadtrat zum Schwur kam, wurde die H-Bahn aufgrund der Stadtbildunverträglichkeit mit 26 zu 23 Stimmen abgelehnt. Hahlweg: „Mein erste richtige Niederlage. Es war schade um die viele Arbeit, die wir da reingesteckt haben.“ 1985 dann überzeugte ihn das Konzept von Verkehrsplaner Stefan Kinski für eine Stadtbahn, wobei er – so die Erinnerung – im damaligen Wirtschaftsreferenten Siegfried Balleis einen Mitstreiter fand. Für Hahlweg ist die Entwicklung, dass heute dieses System wieder so aktuell ist, sehr spannend, „zumal so ein Projekt eh nur abschnittsweise gebaut werden kann“. Deshalb solle man die Pläne für den Ost-Ast auch nicht in den Papierkorb werfen.

Verlängerung des „Bergs“

Und die Bergkirchweih? Da erinnert sich Hahlweg an das Jahr 1983 – und die dabei erhobene Forderung, die „Kerwa“ wegen des schlechten Wetters an den ersten Tagen zu verlängern. Die Schausteller verwiesen auf Existenzängste, die Alteingesessenen Erlanger sahen das Vorhaben als Sakrileg. Die Emotionen schlugen hoch – bis in den letzten Tagen das Wetter umschlug und die Sonne strahlte. Damit hatte sich der Ruf nach einer Verlängerung erledigt – und Hahlweg atmete auf.

In der „Zeitzeugen“-Reihe setzte Hahlweg vorerst den Schlusspunkt – nach der Einvernahme der Ehrenbürger Hermann O. Franz, Prof. Nikolaus Fiebiger (inzwischen verstorben), Dieter Haack und eben Dietmar Hahlweg. Der fünfte Ehrenbürger steht allerdings noch aus: Siegfried Balleis. Nur: Er kann sich ja schließlich nicht selbst interviewen.

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