Dichter, Denker und ein Hollywood-Star

27.8.2014, 14:16 Uhr
Dichter, Denker und ein Hollywood-Star

© Archivfotos: dpa

„Düwelsbrode - Teufelsbraten“ wurde die kleine Ulla Hahn von ihrer Großmutter häufig gescholten. Das fantasie- und sprachbegabte Mädchen stieß in ihrer bildungsfernen Arbeiterfamilie auf Unverständnis. Wie sich dem Mädchen durch Lektüre eine Welt auftut, sie im Volksschullehrer und im Pastor Förderer findet, die ihr den Besuch einer höheren Schule ermöglichen, davon handelte Ulla Hahns 2001 erschienener erster großer autobiografischer Roman „Das verborgene Wort“. Vorher war sie vor allem durch ihre Lyrik bekannt geworden. Ende September wird mit „Spiel der Zeit“ der dritte Band ihres Entwicklungs- und Gesellschaftsromans erscheinen, der im Jahr der Studentenunruhen 1968 endet. Ob das autobiografische Romanepos damit abgeschlossen ist, oder fortgesetzt wird, erfahren die Besucher beim Autorenporträt im Gespräch mit Dirk Kruse am 29. August ab 20.30 Uhr im Markgrafentheater.

„Jürgen Becker ist eine maßgebliche Stimme der zeitgenössischen Poesie, sein Werk hat die deutschsprachige Dichtung über Generationen entscheidend geprägt.“ So begründet die Jury, dass Jürgen Becker im Oktober mit dem wichtigsten deutschsprachigen Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet wird. Von Beginn seines literarischen Schaffens an begriff er das Leben als eine Collage aus Stimmen, Tönen, Klängen und Bildern. Fluxus, Pop Art und Happening fühlte er sich verbunden, lange bevor die Achtundsechziger zu experimentieren begannen. Seine literarische Ästhetik war immer gegen den Mainstream gerichtet, bei jeder Poetry-Slam-Meisterschaft käme er mit „Felder“, „Ränder“ oder „Umgebungen“ in die Endrunde. Hajo Steinert stellt die graue Eminenz der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur am Samstag ab 18.30 Uhr im Palais Stutterheim vor (Eintritt frei).

Wer ist Navid Kermani?

Wer ist Navid Kermani? Diese Frage wird das zweite Autorenporträt am 30. August ab 20.30 Uhr in der Moderation von Maike Albath versuchen zu beantworten. Ohne Zweifel Romancier, habilitierter Orientalist, Essayist und Kölner. Immer wieder ein Reisender und Vermittler der islamischen Welt. Redner im Bundestag zur Feierstunde für 65 Jahre Grundgesetz. Allein durch seine Biografie illustriert Kermani den Wandel der bundesdeutschen Wirklichkeit.

1967 als Sohn iranischer Eltern in Siegen geboren, studierte er in Köln, Kairo und Bonn und lebte einige Jahre in Isfahan, bis er nach Köln zurückkehrte. Neben Forschungen zum Koran und zur islamischen Mystik entstanden herausragende erzählerische Werke, zuletzt „Große Liebe“ — eine bezwingende Engführung westdeutscher Realität und islamischer Mystik.

Das deutsche Wort Kameramann beschreibt nur sehr unzureichend die Tätigkeit, in der Michael Ballhaus einer der größten Filmkünstler weltweit ist. „Director of Photography“ – wie Hollywood diese Tätigkeit nennt – ist da schon angemessener. Viele bedeutende Regisseure suchten die Zusammenarbeit mit dem 1935 in Berlin geborenen und in Franken aufgewachsenen Kameramann, allen voran Legenden wie Rainer Werner Fassbinder und Martin Scorsese. In seinen jüngst erschienenen Memoiren und am Sonntag ab 18 Uhr im Markgrafentheater erzählt er uneitel und bescheiden von faszinierenden Dreharbeiten mit Filmstars wie Robert de Niro, Brad Pitt, Emma Thompson und Cameron Diaz, von den Versuchungen durch Sex und Kokain, dem Rückhalt durch seine Familie, seinem fortschreitenden Augenleiden und wie ihm sein Freund Dustin Hoffman einmal das Leben rettete.

Viele Fürther wurden einflussreiche Weltbürger: Der Verleger Leopold Ullstein, der Wirtschaftswundererfinder Ludwig Erhard, der Schriftsteller Jakob Wassermann, der ehemalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger. Auch der Schriftsteller, Lyriker, Essayist, Übersetzer, Herausgeber, Kulturpolitiker und Theaterintendant Joachim Sartorius wurde in Fürth als Sohn eines Diplomaten geboren. Kinder- und Jugendjahre in Tunesien, im Kongo und in Kamerun, Abitur in Bordeaux, das Jurastudium an diversen Orten. Verena Auffermann wird die in Deutschland seltene Figur eines Dichters, der auch hohe öffentliche Ämter ausgeübt hat, im abschließenden Autorenporträt am Sonntag ab 20 Uhr im Markgrafentheater vorstellen. Joachim Sartorius versammelt in seiner Person das Talent sinnlicher Sichtbarmachung, dichterisches und schriftstellerisches Können und tiefe Kenntnis der Literatur.

Warhol-Arbeiten im Kunstpalais

Noch bis zum 31. August ist im Kunstpalais die aktuelle Ausstellung „RE: COLLECT“ mit Werken aus der Städtischen Sammlung Erlangen zu sehen. Bedeutende Grafiken des Bestandes sind zeitgenössischen Werken gegenüber gestellt. Zu sehen sind u. a. Arbeiten von Andy Warhol, Joseph Beuys, Nan Goldin, Camille Henrot, Christian Jankowski oder dem Künstlerpaar Janet Cardiff und George Bures Miller.

Im Begleitprogramm zur Ausstellung findet am Freitag ab 18 Uhr im Innenhof des Palais Stutterheim die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion „Sammler und Sammlungen hautnah“ statt. Ina Neddermeyer, Kuratorin der Ausstellung „RE: COLLECT“, diskutiert mit Thomas Heyden, Leiter der Sammlung des Neuen Museums in Nürnberg, und Helmut Kirsch, selbst Künstler und Kunstsammler, über die Geschichte, Konzeption und Ausrichtung ihrer jeweiligen Sammlungen. Moderiert wird die Runde von Udo Andraschke, Kustos der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Kuratorenführung am Sonntag

Im Dialog wichtiger Protagonisten der fränkischen Kunst- und Kulturlandschaft soll deutlich werden, wie sehr die verschiedenen Perspektiven, individuellen Interessen und Rahmenbedingungen Einfluss auf die Entwicklung und Zukunft von Kunstsammlungen nehmen. Im Anschluss an die Expertenrunde bleibt genügend Zeit für Fragen aus dem Publikum. Der Eintritt ist frei.

Anlässlich des Poetenfestes verlängert das Kunstpalais seine Öffnungszeiten: Vom 29. bis 31. August ist die Ausstellung jeweils von 10 bis 20 Uhr geöffnet.

Am Sonntag, 31. August, findet um 16 Uhr eine kostenlose Kuratorenführung mit Ina Neddermeyer statt.

Weitere Informationen zur Ausstellung, den Öffnungszeiten und dem Begleitprogramm:

www.kunstpalais.de

Keine Kommentare