Die Aurachtalbahn ist als S-Bahn nicht wiederzubeleben

6.5.2018, 06:00 Uhr
Die Aurachtalbahn ist als S-Bahn nicht wiederzubeleben

© Matthias Kronau

Mancher Anwohner etwa der Rathgeberstraße mag fürchten, vor seinem Haus würden Waggons bergab rattern wie einst in Rangierbahnhöfen. Zu wenig Wissen um die Unterschiede beider Systeme, diese Frage mag Florian Gräf nicht rundweg verneinen, ist Teil des Verständnisproblems. Die Stadt-Umland-Bahn (StUB) wird als Straßenbahn geplant, kompatibel mit der Tram in Nürnberg. Eine S-Bahn ist etwas technisch und rechtlich völlig anderes: eine Eisenbahn, deren Regeln das allgemeine Eisenbahngesetz regelt. Für Straßenbahnen gilt das Personenbeförderungsgesetz. Auch die Betriebsordnungen sind für die beiden schienengebundenen Verkehrsmittel verschieden. 

Der rechtliche Rahmen geht einher mit technischen Unterschieden: Eisenbahnen fahren schneller als Straßenbahnen, also gelten auch höhere technische Anforderungen: Die Schienen sind massiver, die Spurkränze der Waggonräder entsprechend ebenfalls ein wenig höher. Es muss ja auch weit mehr Masse in der Spur gehalten werden. Zur Zugsicherung ist Signaltechnik an den Strecken nötig, die Weichenanlagen sind ganz anders konstruiert.

Straßenbahnen dagegen fahren auf der von anderen Fahrzeugen mitbenutzten Straße, werden auf Sicht gesteuert wie ein Auto und sind der Straßenverkehrsordnung unterworfen. Deshalb sind die Fahrzeuge in der Regel leichter, die Bremswege kürzer und die Züge wesentlich kurvengängiger. Straßenbahnschienen mit ihrer flachen Rille gestatten extrem enge Radien, sogar Kreuzungen im rechten Winkel. Andererseits dürfen Straßenbahnen maximal 70 Stundenkilometer schnell fahren.

Es gibt auch Misch-Systeme, sogenannte Tram-Trains, die in Deutschland auch erfolgreich betrieben werden - im Großraum Karlsruhe etwa oder in Kassel fahren die Züge innerstädtisch auf Straßenbahnschienen und wechseln aufs Eisenbahnnetz, um den Großraum zu erschließen.

"Mit Kanonen auf Spatzen"

Warum Große-Verspohl und Gräf für den StUB-Zweckverband eine solche Lösung ausschließen: Das für einen Tram-Train zusätzlich zu nutzende Eisenbahn-Schienenstück ist nur zwei Kilometer lang - bei 60 Kilometern Straßenbahngleis. Dafür in spezielle Fahrzeuge zu investieren, deren Räder schneller verschleißen und mehr kosten, wäre, sagt Florian Gräf, "mit Kanonen auf Spatzen zu schießen".

Die fraglichen zwei Kilometer sind das "Endstück" der alten Aurachtalbahn von Frauenaurach nach Bruck. In der Tat wird dieses Gleis auch befahren - vom "Müllzug" des Zweckverbands Abfallwirtschaft, der Müll von der Umladestation am Europakanal zur Verbrennung nach Bamberg und nach Coburg transportiert.

Befürworter einer Reaktivierung der Aurachtalbahn haben dies als Beispiel angeführt, dass es doch ginge, eine S-Bahn in Bruck auf die Hauptstrecke einmünden zu lassen. Fachleute winken ab. Der Müllzug fährt keineswegs direkt in die Hauptstrecke ein und auch nicht auf dieser bis Erlangen-Hauptbahnhof, wie dies eine S-Bahn tun würde.

Von Silke Knörlein, der Geschäftsführerin des Abfall-Zweckverbands bestätigt, schildert Peter Gräf den Müll-Zugverkehr: Eine Rangierlok aus Nürnberg holt die Abfall-Waggons an der Umladestation ab, fährt auf dem privaten, sprich der Stadt Erlangen gehörenden Industriegleis bis Frauenaurach. Dort wendet der Zug und fährt auf dem Aurachtal-Gleis bis Bruck. Von dort gibt es ein Seitengleis, das aber nicht bis zum Hauptbahnhof reicht, sondern nur bis zur Paul-Gossen-Straße. Dieses nutzt der Müllzug, wird abermals gewendet und fährt nach Nürnberg, wo erst die endgültigen Güterzüge zusammengestellt werden, die dann Richtung Bamberg weiterfahren.

Dies geschieht einmal täglich, nicht im Taktverkehr, wie es bei einer S-Bahn wäre. Diese wiederum müsste in Bruck entweder auf das äußere Gleis der viergleisigen Hauptstrecke einfahren, oder dieses kreuzen, um auf das mittlere, das eigentliche S-Bahn-Gleis, zu kommen.

ICE müsste halten

Nun werden aber die äußeren Gleise vom ICE befahren, vom Regionalexpress (alle halbe Stunde) und von den Güterzügen.

 Würde alle 30 Minuten noch eine Aurachtal-S-Bahn einmünden oder kreuzen, müssten der ICE auf seiner mit teurem Ausbau beschleunigten Fahrt nach Berlin und alle Güterzüge wegen einer S-Bahn-Einfädelung angehalten werden.

Das könnte nur ein weiteres Gleis verhüten. Dafür den Brucker Bahnhof mit Millionenaufwand umbauen, zusätzlich zum kompletten Neubau der Gleisanlage nach Herzogenaurach, wo noch Schienen aus den 1920er Jahren liegen? Daniel Große-Verspohl fasst zusammen: "Es geht nicht."

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