Die Auslöschung des Weilers Wolfsfelden

28.11.2018, 13:25 Uhr
Die Auslöschung des Weilers Wolfsfelden

© Ernst Bayerlein

Damit endete die etwa 700 Jahre alte Geschichte des Weilers Wolfsfelden. Er hatte eine Größe von 122 Tagwerk und etwa 70 bis 80 Einwohner. Bereits im Jahre 1891 war der größere Teil von Wolfsfelden, das Schlossgut, für 9600 Reichsmark an die Königliche Forstverwaltung verkauft worden. Das Gut war nämlich 1862 auf die beiden Söhne von Johann Sperber-senior, der 1835 Wolfsfelden für 14 000 Reichsmark gekauft hatte und mit seiner Frau bewirtschaftet hat, geteilt worden. Beide Söhne konnten ihre beiden Güter aber nicht lange halten.

Nach dem Grundsteuerkataster aus dem Jahr 1828 gab es in Wolfsfelden ein Schlossgebäude und einen Stadel, ein Wirtshaus, vier Wohnhäuser, sechs Taglöhner-Wohnungen und zahlreiche landwirtschaftliche Nebengebäude.

Dorn im Auge

Der Königlichen Forstverwaltung war der Weiler jedoch ein Dorn im Auge; sie hatte gleich mehrere Gründe dass Wolfsfelden aufgelöst wird. Der Weiler war, im Reichswald gelegen, von altersher mit zahlreichen Forstrechten wie Bauholzrecht, Scheit- und Stockholz sowie Streu- und Weiderechten ausgestattet. Zum zweiten war es eine Zielsetzung der neuen Bayerischen Forstverwaltung nach 1810, Enklaven im Reichswald aufzukaufen und aufzulösen. Der Grund war dass der Forst Straßen und Wege zu den Enklaven ausbauen und unterhalten musste.

Schließlich gab es in Wolfsfelden mindestens seit 1826 auch noch eine Wirtschaft, insbesondere für die Bewohner. Spätestens aber ab 1873 scheint es in Wolfsfelden nicht mehr sehr friedlich zugegangen zu sein. Das Forstamt beklagte sich über lichtscheues Gesindel, Vogelfänger, Holz- und Wildfrevler und über Schäden, die im Wald angerichtet wurden. Die Gendarmerie bestätigte die "schlimmen" Zustände in Wolfsfelden und vor allem in der Wirtschaft im Schlossgut. Dort wurden öfter Studenten aus Erlangen beim Pauken (fechten mit scharfen Säbel) angetroffen. "Wobei jedes Mal der Wirt den Gendarmen den Eintritt verweigerte, bis die Herren Studenten ihre Paukwerkzeuge beseitigt hatten", heißt es in einem Bericht.

Nach dem Abgang des Schlossgutes ersuchte 1891 nun der Besitzer des Bauerngutes, Johann Sperber-junior beim Bezirksamt in Erlangen um die Genehmigung einer Wirtschaft in seinem Bauernhaus. Die Gemeinde Kalchreuth, zur Stellungnahme aufgefordert, äußerte sich zunächst etwas zurückhaltend, wie es Helmut Horneber, der langjährige Leiter des Forstamtes Erlangen, in einem Beitrag zur Fränkischen Heimatforschung im Jahre 1999 formulierte.

Keine großen Einwände

Bürgermeister Müller bestätigte zwar, dass eine Wirtschaft zu bestimmten Zeiten, wie der Streuernte, wünschenswert sei, aber kein dringendes Bedürfnis für einen ständigen Wirtschaftsbetrieb bestehe. Der Gendarmerie-Stationskommandant in Heroldsberg hatte keine großen Einwände.

Anders sah es Assessor Braun vom Bezirksamt in Erlangen. Er wies darauf hin, dass Sperber bereits vorbestraft sei. Auch das zuständige Forstamt in Heroldsberg meldete Bedenken an und erinnerte an die alten "schlimmen" Verhältnisse. Ende des Jahres 1891 lehnte dann das Bezirksamt eine Wirtshaus-Genehmigung ab. Von diesem Zeitpunkt an begann ein richtiger Kleinkrieg zwischen Johann Sperber einerseits sowie dem Forstmeister Spieß vom Forstamt Heroldsberg und dem Bezirksassessor Braun in Erlangen, andererseits. "Der Streit zwischen den beiden ungleichen Parteien wurde dabei offensichtlich mit großer Erbitterung geführt", schreibt Horneber.

In einer Beschwerde von Sperber an die Regierung heißt es in einer interessanten und schon ganz modern klingenden Begründung: "dass in Wolfsfelden Sommer und Winter jeden Sonntag zahlreiche Gäste erscheinen weil Wolfsfelden ein beliebter Ausflugsort der Städte Nürnberg und Fürth ist. Den Bewohnern volkreicher Städte sollte man die Erholung in staubfreier, waldiger Gegend nicht verkümmern durch Maßnahmen der Verweigerung einer Wirtschafts-Konzession. Zweifellos würde der herrliche Wald von Spaziergängern noch viel zahlreicher besucht werden, wenn die Möglichkeit geboten wäre Erfrischung in Wolfsfelden zu erlangen. Man wird von Ausflüglern, 297 trugen sich sogar in einer Unterschriftenliste ein, oft in so ungestümer Weise zur ,Verleitgabe‘ von Bier gedrängt, dass mein Vater entgegen dem Verbote, wiederholt zur Abgabe von Flaschenbier an Stehgäste sich verleiten ließ und schon Hunderte von Mark an Strafen und Kosten für Verfahren zahlen musste".

Gesuch vergebens

Selbst ein Gesuch an den Prinzregenten Luitpold 1896 half nicht weiter – die Behörden hatten andere Ziele, nämlich die Auflösung der Enklave. Im Jahre 1898 war es dann mit dem Verkauf des Bauerngutes soweit, bis 1900 wurden die letzten Gebäude abgerissen und bis auf eine große Wiese und einen Weiher alles aufgeforstet. 1895 wurde noch ein großes Bild von der Familie Sperber mit den elf Kindern und dem stattlichen Bauernhof gemacht (ist allerdings eine Fotomontage und in Privatbesitz).

In einer Denkschrift ließ der "ehrsame" Landmann Johann Sperber seine Geschichte niederschreiben wie der "hochwohllöbliche königliche Staat sich gemüßigt fand, auch sein so sehr liebgewonnenes Gut anzukaufen und so muss der Fleißige, dem Wald und Feld sein Lebenselement geworden ist, im vollendeten Jahre 1900 die Scholle verlassen, worauf er mit seinem treuen Eheweib Glück, Leid und Freude in reichem Maße in seiner bäuerlichen, einsamen Weise seit vielen, vielen Tagen ertragen und hingenommen hat".

Heute erinnert nur noch ein Gedenkstein an den Weiler Wolfsfelden, es ist Ruhe und Frieden im Wald eingekehrt.

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