Gruselspaß auf dem Berg: Geister bitten zur Kasse

22.5.2018, 13:00 Uhr
Gruselspaß auf dem Berg: Geister bitten zur Kasse

© Helmut Bresler

Eigentlich ist der holländische Schausteller Johan Hinzen die Ruhe in Person. Ihn bringt so leicht nichts durcheinander. Doch der Berg hat bei ihm im Vorfeld einen Adrenalinschub ausgelöst. Viel hatten seine Kollegen im Vorfeld über eine extrem schwierige Aufbausituation erzählt. Wenige Tage vor dem Start sauste er von seinem damaligen Spielort in Stuttgart nach Erlangen und informierte sich über die besten Zufahrtswege für seine Spezialtransporte. Bei peitschendem Dauerregen ging es dann mit dem Lkw von Stuttgart nach Erlangen – und hier mit Schwung auf den Berg hinauf. Knapp drei Tage dauerten die Aufbauarbeiten, und er musste, um den Baumbestand zu schützen, mehrmals seine Zugmaschine mit dem Kran rangieren.

Kaum zu glauben, dass diese knapp 30 Meter lange und elf Meter hohe Schlossfassade mit der Geisterbahn für den Transport in zwei Container plus einem Anhänger verschwindet. Die italienische Konstruktion, die sich wie eine Blüte entfaltet, ist perfekt durchdacht. Zwei Anlagen dieses Typs sind vor über zehn Jahren entstanden. 

Ein Exemplar ging in die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Dubai, und ist mittlerweile verschollen – und das andere eben nach Holland. Damit ist die Familie auf der Reise konkurrenzlos und gastiert europaweit. Gastspiele in England und Schweden standen und stehen immer wieder auf der Route. "Wobei", so sagt Johan Hinzen, "die Volksfest-Kultur in Deutschland einzigartig ist."

Berg-Karussell gekauft

Die Familie Hinzen ist in fünfter Generation im Schaustellergewerbe unterwegs und mit dem Betrieb von Auto-Skootern groß geworden. In der Schausteller-Szene genießt der Name großes Ansehen, steht für die Sammlung und betriebsbereite Erhaltung von großen Konzert-Notenorgeln. Die haben einst für Musik auf den Festplätzen gesorgt und sind Anfang der sechziger Jahre verschwunden – verdrängt von modernen Sound-Anlagen. Damit ist der Kontakt zu den Orgel-Fans der Erlanger Schaustellerfamilien Kunstmann, Ulrich und Eschenbacher gelegt. Hinzens Orgel-Festival-Treffen sind bekannt und locken auch deutsche Besucher ins niederländische Roermond. Dort baut Hinzen jetzt ein Schausteller-Museum auf, für das er seit Jahren Material sammelt. Auch Erlangen wird dort vertreten sein. Vor kurzem erwarb er das Kinder-Hängekarussell, mit dem jahrzehntelang Ludwig Keppner auf dem Berg gastierte. "Ich habe es in erster Linie wegen der perfekten Malerei der legendären Künstlerdynastie Hilbert aus Kalchreuth bei Nürnberg gekauft. Jetzt hat es natürlich mit dem Berg-Bezug eine neue Bedeutung für mich bekommen", schildert Hinzen seine Beweggründe. 

Es gibt keine weitere Geisterbahn mit hängenden Gondeln auf der Reise. Einst war es der Münchner Schausteller Schäfer, der sich – auf Erlanger Grundmaße bezogen – von der deutschen Karussellbauer-Schmiede Schwarzkopf eine Geisterbahn mit Sessellift-Gondeln bauen lies. Unter der Ära des Platzmeisters Erich Reim gastierte Schäfer, nach dem großen Erfolg beim Start 1967, viele Jahre lang auf dem Berg. Seitdem heißt dieser Platz über der Toiletten-Anlage in Schaustellerkreisen auch "Geisterbahnplatz". Johan Hinzen freut sich über den historischen Bezug und über die Fortsetzung der alten Tradition.

Seine Geisterbahn hat nicht nur hängende Gondeln – sondern auch drehende, vibrierende und kippende Sitzbänke, die während der Fahrt auf die einzelnen Effekte entsprechend reagieren und von einer Siemens Simatic-Software gesteuert werden.

Über 20 Grusel-Szenen aus internationaler Produktion und aus dem Eigenbau warten auf die Besucher. Bei der Frage nach dem besten Effekt lacht Johan Hinzen. "Einsteigen und selber entdecken", lautet seine Antwort. Er legt großen Wert auf die Feststellung, dass seine Fahrt ein Gruselspaß für die ganze Familie ist. Vor allem abends kommen lebende Geister dazu, die hinter Ecken lauern und bisher jedem Fahrgast einen gehörigen Schrecken eingejagt haben. "Wobei es dafür ganz klare Regeln gibt, damit die Fahrt ein Berg-Spaß bleibt", erklärt Hinzen.

Einzigartige Wirkung

Gerade in den Abendstunden verfehlt die von großen Farbwechsel-Scheinwerfern angeleuchtete Bahn ihre Wirkung nicht. 

Hinter einzelnen Fenstern laufen Filmsequenzen, die Außenfahrt der Gondeln ist ein Hingucker, und die grüßende Figur in der Mitte zieht die Blicke auf sich. Der Gruß des Schlossherren ist eine Besonderheit – er hebt nicht nur den Hut, sondern das Gesicht und den Hals gleich mit.

Bei der Frage zur geschäftlichen Bilanz der ersten Berg-Tage und dem Pfingst-Wochenende gibt es ein Lächeln. "Ich habe mich seit vielen Jahren beworben und freue mich, dass es jetzt geklappt hat. Der Berg ist auf jeden Fall eine bundesweite Besonderheit. Die Reise nach Erlangen hat sich auf jeden Fall gelohnt!"

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