Die Reaktionen zur Bundestagswahl in Erlangen

24.9.2017, 22:13 Uhr
Die Reaktionen zur Bundestagswahl in Erlangen

© Harald Sippel

In Feierlaune ist an diesem Sonntagabend im Erlanger Rathaus (fast) niemand. Bei den ersten Hochrechnungen gibt es kaum eine Reaktion. Auch die Tabellen, die die Ergebnisse des eigenen Wahlkreises zeigen, lösen wenig Reaktionen aus. Zu groß ist in der Stadtspitze sowie unter den Direktkandidaten, Fraktionschefs, Stadträten, Parteimitgliedern und Bürgern das Entsetzen über die Prozentpunkte der AfD.

Da spielt das persönliche Abschneiden schon kaum mehr eine Rolle: "Unabhängig von meinen Ergebnis ist dieser Sonntag der schwärzeste Tag in meinem Leben", sagt MartinaStamm-Fibich spürbar schockiert am Telefon. Sie habe es sich nicht träumen lassen, dass eine solche Partei im Bundestag sitzen wird. Die SPD-Bundestagsabgeordnete schafft es aller Voraussicht nach wieder ins Parlament. Allerdings lag bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch kein Endergebnis vor.

Auch das schlechte Ergebnis, das ihre Partei als kleiner Partner in der Großen Koalition eingefahren hat, stimmt Stamm-Fibich traurig. "Das ist einfach niederschmetternd". Aber man habe wohl Themen wie die Flüchtlingsfrage unterschätzt.

Auch der SPD-Oberbürgermeister Florian Janik sagt, noch bevor er sich zu seiner eigenen Partei äußert, zunächst einige Worte zur AfD: "Es ist das Bitterste, dass mit der AfD eine rechtsextreme Partei in den Bundestag einzieht, das ist einfach schrecklich und wird das Land verändern."

Das verheerende Ergebnis der SPD habe gezeigt, dass die Wähler keine Fortsetzung der sogenannten GroKo möchten: "Die Verlierer sind die beiden großen Parteien; die Bürger wollen diese Regierung nicht mehr." An Kanzlerkandidat Martin Schulz habe es indes nicht gelegen: "Er hat die richtigen inhaltlichen Impulse gesetzt, die wir jetzt weiter verfolgen sollten.

Als könne sie es nicht fassen, blickt CSU-Fraktionschefin Birgitt Aßmus auf die Einblendungen. "Mir ist die Feierlaune vergangen", sagt sie. Sie sei über das bayerische Ergebnis "zutiefst enttäuscht" und über die Stimmenzahl der AfD regelrecht "entsetzt". Wie es zu diesem Ergebnis kommen konnte, müsse nun gründlich aufgearbeitet und analysiert werden. Da Aßmus Neuwahlen ablehnt, hält sie nur eine Jamaika-Koalition für möglich, also Schwarz-Gelb-Grün.


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Ob und wie es dazu kommen wird, kann Stefan Müller sicher hautnah in Berlin miterleben. Der CSU-Mann, der bereits als Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Forschung saß, ist auch im nächsten Bundestag wieder vertreten. Mit jenen Grünen, mit denen er bereits zusammen gearbeitet hat, sei er gut ausgekommen, erzählt er. Aber in einer Regierungskoalition sehe er gerade bei der Innen- und Rechtspolitik doch "recht unterschiedliche Vorstellungen" zwischen Union und Grünen. Auch er stellt vor seinen eigenen Erfolg das Bedauern über das schlechte Abschneiden der Union auf Landes- und Bundesebene. "Das ist eine herbe Enttäuschung", meint er.

Müller hält den Einzug der AfD in den Bundestag für einen Einschnitt, der die politische Landschaft verändern werde, und wie er hinzufügt, "nicht zum Besseren.". Denn die AfD sei eine Partei, die Ängste schürt, aber keine Lösungen für Probleme anbiete.

Die Fraktionschefin der Grünen Liste, Julia Bailey, und der Grünen-Direktkandidat Helmut Wening freuen sich zwar über das gute Ergebnis im Bund und in Erlangen, beklagen aber die Wahlerfolge der AfD. "Jamaika" stehe sie offen gegenüber, sagt Bailey. "Wir sprechen mit allen demokratischen Parteien."

Regelrecht niedergeschlagen wirkt Sozialbürgermeisterin Elisabeth Preuß — auch wenn ihre Partei, die FDP, kräftig zugelegt hat. "Das Abschneiden der AfD finde ich wirklich schlimm", sagt sie. Die Stimmen, die die Partei auch mit ihrem Direktkandidaten Paul Podolay im Wahlkreis Erlangen geholt hat, treffe sie besonders. Daher wolle sie eigentlich gleich nach Hause gehen, sagt sie.


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Preuß’ Parteifreundin Britta Dassler, die mit großer Sicherheit über die Landesliste in den Bundestageinzieht, sieht die AfD ebenfalls kritisch, freut sich aber zugleich über ihr gutes Abschneiden. "Meine Kinder sind erwachsen und meine Firmen laufen gut, da ist das jetzt eine richtige neue Herausforderung." Als sie vor Monaten mit dem Platz neun aufgestellt wurde, habe doch niemand geahnt, dass die Freien Demokraten bei der Wahl so zulegen werden, sagt sie. Nun ist es anders gekommen und sie fährt heute nach Berlin zu Gesprächen.

Auch für Paul Podolay, den AfD-Direktkandidaten, ist es wohl anders gekommen als gedacht. Podolay gehört höchstwahrscheinlich dem nächsten Bundestag an — und freut sich, wie er sagt, auf diese Erfahrung.

 

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