Ein Traum im Wasser

8.9.2012, 18:58 Uhr
Ein Traum im Wasser

© Helga Simon

Nach etlichen Jahren des Bemühens, die Riesenseerose „Victoria cruziana“ wieder im Botanischen Garten in Erlangen zu kultivieren und zum Blühen zu bringen, ist es dieses Jahr gelungen. Und als ob sie alles vergebliche Bemühen der vergangenen Jahre wiedergutmachen wollte, verwöhnt sie nun Gärtner und Besucher mit einer Fülle von Blüten und Blättern.

Diese drohen das Becken schon fast zu sprengen und verdrängen teilweise die vielfältigen anderen Seerosenarten. Wenn man sich vorstellt, dass ein Blatt durchschnittlich einen Durchmesser von 1,5 Metern hat, ist dies nicht verwunderlich.

Die rund 30 Zentimeter großen Blüten der nachtblühenden „Victoria cruziana“ zeigen ihre Pracht nur an zwei Tagen. Die Erlanger Fotografin Helga Simon hat versucht, die einzelnen Blühstadien dieses Prachtexemplars unter den Seerosen nach genauer und permanenter Beobachtung fotografisch festzuhalten.

Braune Kelchblätter

Anfangs befindet sich die neue Knospe noch unter Wasser. Erst wenn die vorherige Blüte untergegangen ist, schiebt sich die neue Knospe an die Wasseroberfläche empor, um ihre braunen Kelchblätter langsam zu öffnen. Nach Einbruch der Dunkelheit öffnet sich die Blüte weiß, verströmt einen kräftigen Ananasduft und ist im Inneren um fünf bis zehn Grad Celsius wärmer als ihre Umgebung. Diese Wärme, die Blütenfarbe und der Duft locken Käfer an.

Am Morgen schließt sich die Blüte wieder und wird so zum Gefängnis für die Käfer. Ein stärkehaltiges schwammiges Gewebe an den Fruchtblättern bietet den Gästen jedoch reichlich Nahrung.

Am Nachmittag öffnet sich die Blüte langsam, leicht rosa gefärbt. Je mehr Blütenblätter sich von innen her lösen, desto stärker ausgeprägt wird die Rosafärbung, bis sich dann durch einen Kranz von weißen und rosa Blütenblättern die gelben Staubgefäßarme schieben.

Duftlose Blüte

Gegen Mitternacht entfaltet sich die befruchtete Blüte in voller rosaroter Farbenpracht. Sie ist jetzt duftlos. Die Käfer sind inzwischen mit Pollen beladen, die sie zur nächsten duftenden Blüte tragen. Die äußeren Blütenblätter sinken bereits wächsern schimmernd im Wasser ab. Noch wird die Blüte von ihrem langen Stängel über Wasser gehalten. Nur kurze Zeit darauf ist sie über die Hälfte vom Wasser bedeckt.

Erbsengroße Samen

Nun ist die Zeit für die Goldfische gekommen, die sich im Seerosenteich des Botanischen Gartens reichlich befinden, sich über die restlichen Köstlichkeiten herzumachen. Am Morgen des dritten Tages schwimmt die bestäubte Blüte zusammengefaltet, noch ein wenig von dem rosa Traum freigebend, auf der Wasseroberfläche. Sie sinkt dann zum Grund des Wassers, wo sich in den nächsten Wochen in einer großen Frucht die erbsengroßen Samen entwickeln.

Dieses grandiose Farbenspiel wiederholt sich bei günstigen Witterungsbedingungen bis weit in den September hinein. Vielleicht können dann im nächsten Jahr diese exotischen Gebilde erneut bewundert werden.

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