Eine Wissens- und Kulturachse soll Erlangen durchziehen

29.5.2018, 06:00 Uhr
Eine Wissens- und Kulturachse soll Erlangen durchziehen

© Harald Sippel

"Das ist eine Herausforderung für alle Beteiligten", meint Universitätskanzler Christian Zens. Die bisherige durch die Siemens AG geprägte Ost-West-Achse werde sich in eine von Norden nach Süden verlaufende "Wissens- und Kulturachse" verwandeln. Vom Klinikum, dem Kollegienhaus und der Universitätsbibliothek über die Mensa bis zum Himbeerpalast, vorbei an der Volkshochschule und dem neuen Frankenhof.

Stadt und Universität müssten gemeinsam die Zeit nutzen, um auf diese Veränderungen zu reagieren, ergänzt Oberbürgermeister Florian Janik (SPD). Über 10 000 Studenten und 2000 Uni-Beschäftigte würden sich dann täglich auf dem neuen Innenstadtcampus bewegen. Man müsse sich überlegen, wie man diese Achse entsprechend der geänderten Nutzung neu gestalte, beispielsweise durch breitere Geh- und Radwege.

Konflikt entschärfen

Bisher sei der Straßenzug entlang von Langemarckplatz und Sieboldstraße in erster Linie auf den Autoverkehr ausgerichtet. Es solle hier aber nicht zu einem permanenten Konflikt zwischen Fußgängern, Rad- und Autofahrern kommen, wie das in der Universitätsstraße der Fall sei.

Die Hälfte der Kosten für die Umgestaltungsmaßnahmen soll über die Städtebauförderung gestemmt werden, die Bürger würden nach dem Wegfall der Straßenausbaubeiträge nicht belastet, versichert Janik.

Das Studentenleben solle in der Stadt spürbar gemacht werden, der Oberbürgermeister wünscht sich eine erweiterte Nutzung von Grünflächen und mehr Gastronomie entlang der "Wissenschaftsachse".

Erlangen habe keine klassische Campus-Uni, fügt der Präsident der FAU, Prof. Joachim Hornegger, hinzu. Sie sei in die Stadt eingeflochten. Durch den neuen Standort Himbeerpalast würden aber die bisher weit verstreuten Geisteswissenschaften an einem Ort gebündelt.

Studentisches Leben 2.0

Im Innenhof soll eine große geisteswissenschaftliche Bibliothek entstehen. Hornegger möchte einen Ort schaffen, an den Studierende gerne kommen und wo sich studentisches Leben auch im digitalen Zeitalter entfalten kann.

Denn heute muss man zum Lernen nicht mehr zwingend das Haus verlassen, die Vorlesungen sind auch online verfügbar. Der Himbeerpalast soll darüber hinaus ein zentraler Anlaufpunkt für alle Studenten werden, fügt Kanzler Zens hinzu, hier soll ein zentrales Service-Zentrum entstehen.

Entscheidung im Juli

Im Juli wird der Landtag entscheiden, ob er der Siemens AG das Gebäude als Unistandort abkauft. Dann wird sich auch zeigen, was der neue geisteswissenschaftliche Campus den bayerischen Steuerzahler kosten wird. Die Umbauzeit für die Neunutzung ist dann ab 2020 vorgesehen.

Marode Gebäude

Im Gegenzug werden die maroden Gebäude an Koch- und Bismarckstraße abgerissen, nur das Juridicum bleibt. Die freigewordenen Flächen werden voraussichtlich als zusätzliche Klinikstandorte dienen. Das neue Audimax mit multifunktionalem Hörsaalkomplex, der auch für andere Veranstaltungen genutzt werden kann, soll an der Henkestraße entstehen. Hier solle Universität für die Bevölkerung erlebbar werden.

Großes Interesse

Dass das nachgefragt werde, habe man beim "Markttag des Wissens" gesehen (wir berichteten ausführlich), erzählt Uni-Präsident Hornegger sichtlich erfreut. Dafür muss die Alte Chemie weichen, zusammen mit 70 bis 80 Wohnheimplätzen und einem zugehörigen Parkhaus. Sie hätten es aber im Blick, dass dafür an anderer Stelle Ausgleich geschaffen werden müsse, versichert die Unileitung. Die Planungen für dieses Großprojekt sollen bis 2021 abgeschlossen sein, 2024 soll dann alles fertig sein.

Anbau geplant

Das Studentenhaus am Langemarckplatz sei schon am weitesten vorangeschritten, so der Geschäftsführer des Studentenwerks, Mathias M. Meyer, aber auch hier sei noch ein Anbau geplant. Zentrales Vorlesungszentrum soll das Kollegienhaus bleiben, das grundsaniert werden muss.

Dabei werden wohl 500 der 2000 Hörsaalplätze wegfallen, so Christian Zens, da sonst die Brandschutzauflagen nicht erfüllt werden könnten. Die Kosten sind für den Haushalt 2020 vorgesehen, über ihre genaue Höhe ist noch nichts bekannt.

Für einen ersten Austausch, um sich Tipps von anderen Universitätsstandorten für diese Herkulesaufgabe zu holen, veranstalten die Stadt Erlangen und die FAU im Juni und Juli die Vortragsreihe "Uni findet Stadt".

An vier Abenden, jeweils um 18 Uhr, kommen unterschiedliche Stimmen zu Wort: Ingo Andreas Wolf, Professor für Städtebau und Entwurf in Leipzig (7. Juni, Himbeerpalast, im Anschluss gibt es eine Podiumsdiskussion mit verschiedenen Vertretern von Uni und Stadt.), Ferdinand Heide, Architekt in Frankfurt und Berlin (21. Juni, Wildenstein’sches Palais), der Erste Bürgermeister von Heidelberg, Jügen Odszuck (12. Juli, Mensa Langemarckplatz) und Andrea Hofmann von Raumlabor Berlin (19. Juli, Aula des CEG).

Auf diese Weise wollen die Stadt Erlangen und die Friedrich-Alexander-Universität die Bürgerinnen und Bürger für die große Umgestaltung "sensibilisieren, interessieren und begeistern", wie es im Programm heißt.

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