Er hieß Migranten willkommen: Das ist der Erlanger Busfahrer

12.8.2015, 22:17 Uhr
Er hieß Migranten willkommen: Das ist der Erlanger Busfahrer

© Egbert M. Reinhold

"Excuse me Ladies and Gentlemen, from all over the world in this Bus – I want to say something. I want to say welcome. Welcome to Germany, welcome to my country. Have a nice day!’", diese Ansage von einem Erlanger Busfahrer rührt derzeit Hunderte. Plötzlich sprang er auf - und hieß an der Haltestelle Röthelheimbad 15 junge Ausländer in Deutschland wilkommen.

Jetzt spricht der Busfahrer erstmals selbst. Er heißt Sven Latteyer, ist 42 Jahre alt - und Überzeugungstäter. Zwei Ereignisse haben Latteyer zu der Erkenntnis gebracht, dass Kriegsopfer oder von einem Regime verfolgte Menschen in Deutschland Asyl verdient haben. Da ist einmal sein Schwager, der vor dem Kosovokrieg geflohen war und in Deutschland ein neues Zuhause fand.

Er ist überzeugt, "das Krieg etwas Schreckliches ist"

„Mein Schwager erzählt nicht viel von den Jahren 1998 und 1999, als der Krieg im Kosovo tobte“, sagt der 42-jährige Sven Latteyer. „Er versucht, die Gräuel zu vergessen“. Was der Schwager jedoch erzähle, seien für ihn „Schlüsselerlebnisse“ gewesen. Und dann ist da noch sein Großvater, der im Zweiten Weltkrieg den rechten Arm verloren hatte und sich gegen Krieg und falsche Überzeugungen aussprach.

Sven Latteyer ist seit den Gesprächen mit dem Großvater und dem Schwager überzeugt, „das Krieg etwas Schreckliches ist“. Wer aus einem Land flieht, in dem Krieg herrscht, wer aus einem Land flieht, in dem gefoltert wird, soll in Deutschland eine sichere Zuflucht finden, ist der in Erlangen geborene Busfahrer überzeugt.

"Ich habe lange überlegt, was ich im Bus tun kann"

Am vergangenen Freitag fuhr Latteyer auf der Linie 286. Der Bus hält auch am Röthelheimbad, und an diesem heißen Tag war der Bus bereits gut besetzt, als die 15 jungen Männer mit zwei Betreuern in den Bus steigen. „Dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, hat mir gut gefallen“, sagt Latteyer. Dann kam die Überlegung, wie er die Migranten unterstützen kann.

Latteyer engagiert sich in seiner Heimatstadt bei der Freiwilligen Feuerwehr, hat aber keine Erfahrung im Umgang mit Flüchtlingen. „Ich habe lange überlegt, was ich im Bus tun kann“. Kurz vor der Haltestelle Röthelheimbad schnappte er sich das Mikrofon und sagte: „I have an important message for all people from the whole world in this bus. I want to say welcome. Welcome to Germany, welcome to my country. Have a nice day.“ Danach, erzählt Latteyer, „haben alle im Bus geschrien und geklatscht. Die Asylanten sagten beim Aussteigen ,tschuss’ und ,ade’ und haben sich gefreut.“

Auch Latteyer freute sich über die positive Art, wie seine Aussage bei den Passagieren der Linie 286 aufgenommen wurde. Dabei wollte er nur ausdrücken: „Hey. Leute ihr seid echt willkommen.“

Für den gelernten Kfz-Mechaniker ist Familie „ganz, ganz wichtig“. Wenn er sich vorstellt, wie Jugendliche „ganz allein aus einem Krieg fliehen und ihre Familien hinter sich lassen“, dann kann Sven Latteyer mitfühlen, wie einsam sich die jungen Menschen in einem für sie fremden Land fühlen müssen.

In den sozialen Netzwerken sorgt die Aktion von Latteyer für Begeisterung. Eine Auswahl:

Bisher waren die Reaktionen auf seinen Willkommensgruß durchwegs positiv, sagt Latteyer. „Sogar Oberbürgermeister Florian Janik hat bei Facebook einen positiven Kommentar abgegeben.“

Vanessa Schmidt war in dem Bus gesessen und wollte auch ins Röthelheimbad, als Sven Latteyer seine Durchsage machte. Am gleichen Abend berichtete sie über dieses Erlebte bei dem sozialen Netzwerk, die Nachricht wurde bis jetzt Hunderte Mal geteilt, also andere Benutzer von Facebook wollen über die Aktion informieren. Auch die Erlanger Nachrichten veröffentlichen den Bericht über den freundlichen Busfahrer auf nordbayern.de und bei Facebook.

"Vielen Dank an den Busfahrer. Solche Gesten sind hilfreich"

Die Kommentare auf den Artikel bei Facebook und auf der EN-Homepage waren sehr freundlich („Danke für so viel Menschlichkeit!!!!!“) oder: „Vielen Dank an den Busfahrer. Solche Gesten sind so hilfreich. Wir Deutschen haben uns viele Jahrhunderte lang auf den Weg gemacht bzw. machen müssen, um ein menschenwürdiges Leben zu finden. Und noch vor gar nicht langer Zeit haben Deutsche massenweise auf ihrer Flucht der Unterstützung anderer bedurft. Wenn wir in die Erlanger Geschichte schauen, dann waren es Flüchtlinge, die unserer Stadt zu Wohlstand verholfen haben.“

Aber auch andere Stimmen sind zu lesen, etwa: „Es gibt aber auch Mädchen und Frauen die sich nicht so wohl fühlen, wenn auf einmal 15 afrikanische Männer in den Bus einsteigen. Das sind keine katholischen Pfarrer, die da in unser Land kommen.“ Und: „Die Asylanten werden auf Händen getragen“.

Sven Latteyer ärgert sich über solche Vorurteile gegen Fremde. „Es sind Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, weil dort Schreckliches passiert“. Auch deshalb wollte Latteyer im Bus ein Zeichen setzen. Schließlich haben sein Schwager und sein Großvater furchtbare Kriege erlebt. „Und Krieg ist etwas ganz Schreckliches.“

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