Erlangen: Bald mehr Freiheit für Radler?

19.1.2015, 06:00 Uhr
Erlangen: Bald mehr Freiheit für Radler?

© Bernd Böhner

Dieser anvisierten Freigabe für das Radeln in Gegenrichtung geht ein gründliches Gutachten voraus, das die „Planungsgemeinschaft Verkehr PGV-Alrutz“ aus Hannover auf den Tisch gelegt hat. Die Firma kann sich auf die Erfahrung aus zahlreichen Forschungsprojekten stützen, die sie bundesweit in Großstädten durchgeführt hat. Allein in Frankfurt am Main nahm man über 1000 Einbahnstraßen unter die Lupe, um am Ende 94 Prozent davon für eine Freigabe zu empfehlen – alles „zur Sicherheit und Förderung des Radverkehrs“.

PGV-Mann Dankmar Alrutz stellte kürzlich den Mitgliedern des Erlanger Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschusses seine Vorschläge für einen gegenläufigen Radverkehr im Detail vor und legte dem Gremium schließlich nahe, weitere Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung freizugeben. Dabei handelt es sich um die Bauhofstraße, die Calvinstraße (die inzwischen schon freigegeben worden ist), ferner die Marquardsenstraße mit Bohlenplatz und Oberer Karlstraße, die Walter-Flex-Straße, den Theaterplatz, die auch bereits freigegebene Richard-Wagner-Straße und nicht zuletzt die Achse Innere Brucker Straße, Friedrichstraße, Bohlenplatz und Luitpoldstraße.

Mit geeigneten Maßnahmen, die meist nur einen relativ geringen Aufwand für die Stadt bedeuten, wie beispielsweise Richtungspfeile, schützende Abmarkierungen oder Radpiktogramme anzubringen, könnten diese Straßen alsbald für den Radverkehr geöffnet werden, resümierte der Experte. Dabei wies Alrutz darauf hin, dass sich erfahrungsgemäß viele Radfahrer nur wenig um das Verbot scheren und bei nicht-geöffneten Einbahnstraßen bereits gegen die Fahrtrichtung fahren, allerdings auf dem Gehsteig, was natürlich gewisse Gefahren in sich birgt.

Bei legal „geöffneten“ Einbahnstraßen sieht das Ganze deutlich anders aus. Und hier wartete der Fachmann aus Hannover mit Zahlen auf. Demnach ereignen sich in Einbahnstraßen in Tempo 30-Zonen „nur sehr wenige Unfälle mit Radfahrern“. Über 80 Prozent der 669 untersuchten Einbahnstraßen blieben auch in drei- bis vierjährigen Betrachtungszeiträumen unfallfrei. „Mehr als einen Unfall gab es nur in drei Prozent der Straßen.“ Sein Fazit: Durch die Öffnung von Einbahnstraßen ergeben sich unterm Strich „keine negativen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit“.

Die Überzeugung des Experten ist das eine. Die Skepsis und der mögliche Widerstand bei der Erlanger Bevölkerung das andere. Auch deshalb mahnte SPD-Stadträtin Felizitas Traub-Eichhorn ein „Vermittlungskonzept“ an, wie man das Ganze „den Bürgern nahe bringen kann“. Kritische Anmerkungen kamen unter anderem von Jörg Volleth. Der CSU-Mann gab zu bedenken, dass man gleichsam den Individualverkehr verdränge, wenn man die Friedrich- und die Luitpoldstraße für den Radgegenverkehr freigibt. „Wenn man das will, soll man das auch sagen.“ Sein „Pro“ für den Grundsatzbeschluss signalisierte auch Harald Bußmann (Grüne Liste). In Sachen „Luitpoldstraße“ hegte er aber auch so seine Bedenken. Denn: „Die Bewohner dort sehen das sehr kritisch“, auch weil man „leicht einen Radler übersehen kann“.

Oberbürgermeister Florian Janik verband sein grundsätzliches „Ja“ zur Freigabe für den Radgegenverkehr mit einer bestimmten Reihenfolge bei der künftigen Umsetzung. Das heißt: Die genannten Straßen sollen nach und nach für die Radler freigegeben werden. Die „positiven Ergebnisse“ die dabei gesammelt werden, sollen nicht zuletzt auch den Kritikern etwas den Wind aus den Segeln nehmen.

Abwarten möchte der OB, und darauf legte er besonderen Wert, bei der Freigabe der Achse Friedrichstraße Richtung Bohlenplatz wegen der speziellen Verkehrssituation dort. Und das sahen andere Ausschussmitglieder auch so und stimmten OB Janik in diesem Punkt zu.

Das Thema bleibt weiter in der Diskussion und kommt jetzt in der nächsten Sitzung des Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschusses am Dienstag, 20. Januar, erneut zur Sprache.

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