Erlangen: Bezahlbarer Wohnraum oder Grünfläche?

17.6.2016, 06:00 Uhr
Erlangen: Bezahlbarer Wohnraum oder Grünfläche?

© Markus Hörath

Bezahlbarer Wohnraum in Erlangen ist Mangelware. Neben rund 2000 Anträgen bei der Gewobau liegen weitere 1700 bei der Abteilung für Wohnungswesen vor. Anträge von Menschen, die "eben nicht hohe Mieten bezahlen oder Eigentum erwerben können", wie die Sozialreferentin und Bürgermeisterin Elisabeth Preuß sagte.

Prekär ist laut OB Florian Janik darüber hinaus die derzeitige Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt. Der Bau neuer "vernünftiger" Unterkünfte somit eigentlich Pflicht — auch wenn der Freistaat einen Baustopp für Flüchtlingsunterkünfte verhängt hat.

Einen Ausweg aus dem Dilemma verspricht sich die Stadtspitze von der geplanten Bebauung des historischen Reitplatzes an der Paul-Gordan-Straße. Offensichtlich ein idealer Standort, um all diese Aspekte unter einen Hut zu bringen — jedenfalls aus Sicht der Stadt. Baureferent Josef Weber spricht von einem "Mix" aus gefördertem (bis zu dreistöckigem) Wohnungsbau mit Mietkosten zwischen fünf und sieben Euro pro Quadratmeter, einer temporären Unterkunft für Flüchtlinge und dem bestehenden Umfeld.

Doch genau dieses Umfeld, sprich die Anwohner der parkähnlichen Grünfläche nördlich der Allee am Röthelheimpark, laufen dagegen Sturm. Auch ein Bürgerbegehren wurde erst kürzlich gestartet. Begründung: Hier werde "eine historische Fläche unwiederbringlich zerstört", so Sigmund Gassner, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens. "Wir wollen die Grünfläche erhalten." Die Bebauung des ehemaligen Reitplatzes sei „eine bodenlose Scheußlichkeit“.

Eine andere Anrainerin spricht von einer der letzten grünen Oasen im Stadtteil und einem Ort der Kommunikation, an dem alle Generationen zusammenkommen. Eine Dritte sagt: "Hier findet Leben statt, dass dann keinen Raum mehr hat."

"Wie Karnickel im Stall"

Neben dem Wegfall einer der letzten Grünflächen nördlich der Allee am Röthelheimpark fürchten die Anwohner darüber hinaus die Zerstörung eines historischen Ensembles, das in Deutschland einmalig sei, meint eine Anwohnerin.

Laut Veröffentlichungen der Stadt ist der Stadtteil Röthelheimpark bereits jetzt einer der am dichtesten besiedelten Viertel Erlangens. Eine Bebauung des ehemaligen Reitplatzes würde nur dazu führen, so die Befürchtung der Anwohnerin, dass die Menschen am Ende "wie Karnickel im Stall gehalten“"würden.

An dem Abend ist aber auch viel von verloren gegangenem Vertrauen die Rede. "Ich traue Ihnen nicht", sagt eine Frau unverhohlen in Richtung Stadtspitze. Andere kritisieren ihrer Ansicht nach eine nicht ausreichende Bürgerbeteiligung und eine schlechte Informationspolitik der Stadt. Nicht vergessen ist für einige Anwohner auch der Versuch der Stadt, das Grundstück in nichtöffentlicher Sitzung zu versilbern.

Oberbürgermeister Florian Janik zeigt sich verständig, bleibt aber klar bei seiner Linie. "Ich kann jeden verstehen, der sagt, ich möchte die Grünfläche erhalten, aber Sie müssen sehen, dass es hunderte Menschen gibt, die eine bezahlbare Wohnung suchen — und die vertrete ich." Der Röthelheimpark sei „ein extrem gut ausgestatteter Stadtteil“ mit vielen Spiel- und Kommunikationsflächen sowie einer "hervorragenden Infrastruktur", so das Stadtoberhaupt weiter.

Nun wolle man auf einer kleinen Fläche etwas für Menschen tun, die weniger haben. "Ich halte den geförderten Wohnungsbau an dieser Stelle für absolut vertretbar."

Wie dieser konkret aussehen könnte, zeigt Baureferent Josef Weber mit einer Powerpoint-Präsentation. Er verweist darüber hinaus auf einen Beschluss aus dem Jahr 1998. Damals hatte der Erlanger Stadtrat den Bebauungsplan abgesegnet, der heute als Grundlage für die geplante Bauvorhaben dient. Der Planungsprozess selbst stünde dabei aber noch ganz am Anfang, so dass auch nur grob Angaben über die Zahl der Wohneinheiten gemacht werden könne, sagte Weber.

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