Erlangen: Bezirksklinik verändert ihr Gesicht

22.6.2018, 06:00 Uhr
Erlangen: Bezirksklinik verändert ihr Gesicht

© Ilona Hörath

Ein bedrückender Betonbau der 1970er-Jahre und innendrin lange, dunkle Gänge: So waren Patienten in der Forensischen Psychiatrie des Klinikums am Europakanal jahrzehntelang untergebracht.

"Wo ist das Leben?", fragt sich Helmut Nawratil, Vorstand der Bezirkskliniken Mittelfranken. Moderne Psychiatrie sieht anders aus, im Mittelpunkt stünden Inklusion und Wohlbefinden der Patienten und ein "zeitgemäßes Ambiente". "Als gebürtiger Erlanger liegt mir das Klinikum sehr am Herzen", sagt er weiter. In seiner Jugend fuhr er oft daran vorbei. Doch lange stellt sich die Frage nach besseren Unterbringungsmöglichkeiten nicht mehr.

Gestern feierte Nawratil mit Mitgliedern der Erlanger Klinikleitung, den Bauarbeitern sowie Bezirks-, Stadt- und Kreisräten und anderen Mandatsträgern das Richtfest des Neubaus Haus M der Forensischen Psychiatrie. Geplant ist die Fertigstellung für Ende 2019 im ersten Quartal 2020 werden die Patienten in das 72-Betten-Haus einziehen können. "Erlangen ist der Standort im Wohnumfeld, der integrative Aspekt ist ein ganz besonderer", so Nawratil. Von dem Neubau erwarte er sich eine "deeskalierende Unterbringungsqualität", die Verkürzung von Wegen, eine Verzahnung von ambulanter, stationärer und teilstationärer Versorgung, aber auch zufriedenere Mitarbeiter.

In der forensischen Psychiatrie leben, erklärt Dr. Michael Wörthmüller, Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie, "größtenteils Menschen mit schizophrenen Psychosen, Persönlichkeitsgestörte und einige wenige Sexualstraftäter, die Straftaten begangen haben". Die Sicherheitsstandards im Neubau sind hoch: Der Eingangsbereich hat unter anderem eine Schleuse. "Es muss immer eine Tür geschlossen sein, damit die andere Tür aufgeht", erklärt Harald Schuh, Fachbereichsleiter Bau- und Projektmanagement. Dazu kommt zum Beispiel ein- und ausbruchsicheres Glas, Stahlelemente, die als "Entweichungsschutz" bei geöffnetem Fenster dienen oder im Erdgeschoss Sichtbetonfassaden, "damit niemand hochklettern kann".

In seinem Grußwort sagte Michael Hübsch, Leitender Ministerialrat und Leiter des Referats Maßregelvollzug im bayerischen Sozialministerium: "Wir arbeiten mit Hochdruck an einer weiteren Verbesserung der Infrastruktur, die Menschen in psychischen Notlagen bestmögliche Unterstützung bietet." Zudem dürften Menschen mit seelischen Störungen nicht mehr unter Stigmatisierungen leiden müssen. "Die Herausforderung, Inklusion zu leben, ist richtig groß", unterstrich OB Florian Janik.

Mit dem Richtfest wurde gleichzeitig auch ein Jubliäum gefeiert: 40 Jahre Klinikum am Europakanal. Auf mittlerweile 1200 Mitarbeiter ist das Klinikum angewachsen.  "Mit 658 Betten ist Erlangen unser größter Standort, der die größte Veränderung erfahren wird", sagte Helmut Nawratil.

Denn der 29-Millionen-Euro-Neubau ist lediglich der erste Bauabschnitt. Ihm soll eine umfangreiche Neuausrichtung und Neubebauung des Gesamtgeländes folgen. Ein Projekt, das sich 15 Jahre hinziehen kann, so Nawratil. Im Zuge der Umstrukturierungen wird sich das Gelände verkleinern, weil das Klinikum Flächen aufgibt. Anlass für die Bezirks-SPD, beim Bezirk Mittelfranken eine "nachhaltige städtebauliche Planung" im Bereich des Klinikums zu fordern. Bezirkstagspräsident Richard Bartsch dazu: "Dies wird in den zuständigen Gremien, dem Verwaltungsrat der Bezirkskliniken Mittelfranken und im Liegenschaftsausschuss des Bezirks Mittelfranken beraten."

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