Erlangen: Dialog wurzelt in den Partnerstädten

4.9.2015, 11:24 Uhr
Erlangen: Dialog wurzelt in den Partnerstädten

© Foto: Horst Linke

„Die Wahrheit ist das erste Opfer des Krieges.“ Mit dieser Sentenz erklärte die ausgewiesene Russland- und Ukraineexpertin Obertreis, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, der sich seit 2013 verschärft hat, auch ein Propagandakrieg sei. Dieser Konflikt werde das russisch-ukrainische Verhältnis auf lange Zeit hinaus zerrütten — bis in Familien hinein.

Dabei pflegen Russland und die Ukraine, so die Historikerin, seit dem 17. Jahrhundert eine Partnerschaft, in der freilich die Ukraine stets der „kleine Bruder“ war.

Mit der Verschärfung des russisch-ukrainischen Konfliktes sei auch das „traditionell gute deutsch-russische Verhältnis einer schweren Prüfung“ unterlegen. Wechselseitige Sanktionen zwischen Russen und EU haben zu einer innerdeutschen Debatte zwischen „Putin-Verstehern“ und Putin- Kritikern geführt. Sie hoffe, dass hier die Städtepartnerschaft zwischen Erlangen und Wladimir ein Baustein sein könne, im Gespräch zu bleiben — auf allen Ebenen.

DGB-Vorsitzender Wolfgang Niclas brachte eine Anregung von Alt-Oberbürgermeister Dietmar Hahlweg ins Spiel: Zwei Mal pro Jahr sollte zwischen Erlangen und Wladimir ein Gesprächskreis stattfinden, um das wechselseitige Verstehen zu fördern.

Das griff Moderator Peter Millian in der ersten Fragerunde mit den Oberbürgermeistern auf. Ob denn das Kommunale die ideale Ebene der Völkerverständigung sei, wollte er wissen. OB Sergej Sacharow gab Julia Obertreis Recht: „Jede Konfliktpartei sucht die Wahrheit für sich zu reklamieren“, übersetzte ihn Partnerschaftsbeauftragter Peter Steger. Doch, erklärte Sacharow, „bin ich zutiefst überzeugt, dass der Konflikt sich nicht auf unsere in 32 Jahren ge- wachsene Partnerschaft auswirken kann. Wir treffen uns, tauschen uns aus.“ Die Partnerschaft der beiden Städte sei der Schlüssel zum Verständnis.

OB Florian Janik erklärte, dass man in der Außenpolitik akzeptieren müsse, dass andere auch Interessen haben. Diese müsse man nicht teilen, man dürfe sie jedoch nicht ignorieren. Gerade jetzt in der Krise sei es wichtig, die Partnerschaft mit Wladimir zu pflegen.

Dass Sacharow die Frage des Moderators nach einem Bürgerselbstbewusstsein nicht verstehen konnte, zeigte sein Schlussstatement: „Verehrte Freunde, ich habe zum ersten Mal eines so offene und ungelenkte Diskussion miterlebt.“ Beide Oberbürgermeister wünschten sich eine Ausweitung der Partnerschaft. Man könne zwar die große Politik dadurch nicht unmittelbar beeinflussen, sagte Janik, aber die Wurzeln für den Dialog legen.

Viele Fragen, Anmerkungen und Anregungen sowie Texte und Lieder von Olga Wassiljewa und Michail Gantmann rundeten die Veranstaltung ab.

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