Erlangen: Einbahnstraße doch auf dem Prüfstand

14.10.2015, 06:00 Uhr
Erlangen: Einbahnstraße doch auf dem Prüfstand

© Harald Sippel

Zumindest virtuell dürfen Autos bald wieder über die Martinsbühler Straße in die Altstadt fahren. Mikroskopisch kleine Pkw schlängeln sich dann durch die Gassen. So nah an der Realität wie für ein Computer-Programm möglich.

Noch vor Weihnachten will die Stadt Erlangen eine solche Verkehrssimulation in Auftrag geben. Diese soll herausfinden, was passiert, wenn man die Einbahnstraße in der Martinsbühler Straße umkehrt, so dass die Autos statt aus der Stadt raus hineinfahren können?

Gewerbetreibende in der Altstadt und die CSU-Fraktion fordern diese Umkehrung, um so mehr Kunden anzulocken. Bislang lehnte die Stadtverwaltung diesen Vorschlag allerdings ab (wir berichteten). Nicht mehr so seit Dienstag.

Im Rathaus hatte die Verwaltung Innenstadt-Gewerbetreibende zu einem Informationsaustausch eingeladen. Rund 40 Gastronome und Einzelhändler kamen zusammen und trugen ihre Sorgen und Ängste vor. Neben Wirtschaftsreferent Konrad Beugel waren unter anderem Ordnungsreferentin Marlene Wüstner, Christian Korda, Leiter des Amts für Verkehrsplanung, und elf Stadträte anwesend.

Die Händler hatten so die Möglichkeit, den Verantwortlichen ihr Leid zu klagen. „Nach diesem Treffen habe ich wirklich das Gefühl, dass sich alle um eine Lösung bemühen“, sagt etwa Udo Helbig, einer der „Glüxrausch“- und Zirkel-Betreiber. „In der Gastronomie trifft es uns zwar nicht ganz so schlimm wie den Einzelhandel, dennoch sind in Extremfällen Umsatzeinbußen von 20 Prozent möglich.“

Helbig zeigt Verständnis, dass die Stadtverwaltung die Einbahnstraßenregelung nicht sofort umdrehen kann. Bei dem Treffen erklärte Verkehrsplaner Christian Korda den Gewerbetreibenden, wie komplex eine solche Umstellung ist. Schließlich geht es nicht nur darum, ein paar Verkehrsschilder auszutauschen. Buslinien und Ampelschaltungen müssten angepasst werden. Zudem besteht die Gefahr, dass eine neue Einbahnstraßenregelung für mehr Staus in der Altstadt sorgen könnte.

Aus diesem Grund hatten Verkehrsexperten die Umkehrung bislang abgelehnt. „Wir waren uns einig, das die aktuelle Lösung die beste ist“, sagt Korda. Seither jedoch habe sich einiges verändert. Intelligente Ampeln helfen, den Verkehr so gut wie möglich abfließen zu lassen. Deshalb soll das Verkehrsaufkommen Ende Oktober neu gemessen und erfasst werden.

„Auf Basis dieser Daten werden wir dann eine aktuelle Simulation in Auftrag geben“, sagt Korda. Diese soll zeigen, was passiert, wenn man die Einbahnstraße umdreht. „Wenn dabei herauskommt, dass die Umkehrung besser oder ungefähr vergleichbar ist, können wir den Händlern entgegenkommen.“

Für die CSU-Fraktionsvorsitzende Birgitt Aßmus ist dieser Beschluss das wesentliche Ergebnis des Treffens: „Die Verwaltung hat zugestanden, die Situation nochmals zu überprüfen. Davon war ich selbst überrascht. Das kam gut an.“ Die CSU hatte im Sommer den Antrag für den Informationsaustausch gestellt.

„Wir sind sehr zufrieden mit dem Treffen“, sagt Aßmus. Zuvor sei die Einsicht, dass es so nicht weiter gehe, nicht vorhanden gewesen. „Das hat sich nun geändert.“ Das sieht auch Gastronom Helbig so: „Es wird jetzt ernsthaft darüber nachgedacht, die Straßenführung zu drehen.“

„Wir gehen ergebnisoffen an die Simulation heran“, sagt Wirtschaftsreferent Beugel. „Wir sehen, dass die Umsätze der Gewerbetreibenden deutlich zurückgehen. Viele sind an ihrer Schmerzgrenze angelangt.“ Da man die Baustelle der Deutschen Bahn bei der Martinsbühler Straße aber nicht in Luft auflösen könne, müsse gemeinsam an Lösungen gearbeitet werden. Noch mehr als zwei Jahre werden sich die Baumaßnahmen hinziehen.

Bis das Ergebnis der Simulation vorliegt, wird es nicht ganz so lange dauern. „Wir hoffen, dass wir es bis Weihnachten haben“, sagt Verkehrsplaner Korda, warnt aber sogleich: „Es wird keine Umstellung in der Weihnachtszeit geben.“ Für die Veränderung an den Ampeln und Programmen bräuchte die Stadt drei bis vier Wochen. „Zum Jahresende würde eine solche Umstellung für Chaos sorgen.“ 2016 aber könnte es klappen.

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