Erlangen: FAU-Wissenschaftler schießen Tomaten ins All

24.4.2014, 18:39 Uhr
Erlangen: FAU-Wissenschaftler schießen Tomaten ins All

© Sebastian M. Strauch

Ein Metallzylinder, ein Meter hoch, ein Meter im Durchmesser, soll samt Inhalt die Raumfahrt revolutionieren. Die Rede ist vom Kompaktsatelliten "Eu:CROPIS", der 2016 vermutlich in die Erdumlaufbahn geschossen wird. Mit an Bord ist ein kleines Ökosystem, das Forscher an der FAU in Erlangen mitentwickeln. In zwei separaten Kammern befindet sich zweimal der exakt gleiche Versuchsaufbau: Ein Mini-Gewächshaus in dem die Weltall-Tomatensorte "Micro-Tina" wächst, ein Tank für die einzellige Alge Euglena gracilis sowie ein Wassertank und ein Filter.

Was im ersten Moment verwirrend klingt, ist für den wissenschaftlichen Leiter der Mission, Dr. Jens Hauslage vom DLR,  wegweisend: "Die Experimente an Bord von Eu:CROPIS werden wichtige Ergebnisse liefern, um ein Überleben der Menschheit in lebensfeindlichen Räumen zu ermöglichen."

Die Mission wird etwa ein Jahr dauern. Dabei wird stets nur eine der beiden Kammern aktiv sein, damit die Wissenschaftler die Auswirkungen von verminderter Schwerkraft auf die integrierten Systeme untersuchen können. Ebenso soll die Reaktion der Pflanzen und Einzeller beobachtet werden. Um überhaupt Schwerkraftszustände im All zu erzeugen, rotiert der Satellit um seine eigene Achse. Zunächst soll dadurch die Schwerkraft des Mondes, anschließend die des Mars simuliert werden.

Mechanismen müssen greifen

"Mit diesem Experiment wollen wir sehen, ob es möglich ist, Pflanzen in kompakten Anlagen mit in den Weltraum zu nehmen und für das Luft-, Wasser- und Urinrecycling sinnvoll einzusetzen", wie Dr. Sebastian M. Strauch vom Lehrstuhl für Zellbiologie der Universität Erlangen-Nürnberg erklärt.

Damit aus den Samen eine Tomate wachsen kann, ist es wichtig, dass alle Mechanismen ineinandergreifen. Für das Wachstum sind im Satelliten alle Voraussetzungen geschaffen. Das Wasser kommt aus dem Tank, der Dünger wird vor Ort hergestellt und Bakterien im Filter erzeugen aus künstlichem Urin das wichtige Nitrat. Doch bevor aus Urin Nitrat wird, entsteht das für Pflanzen giftige Ammoniak. Hier kommt der Einzeller Euglena gracilis ins Spiel. Dieser baut die giftigen Stoffe schneller ab, sodass die Tomaten nicht sterben.

Kampf gegen Krankheiten vorantreiben

Damit die Rakete 2016 von Kalifornien aus in den Weltraum starten kann, muss jedoch noch an der Technik gefeilt werden. Die Geräte müssen klein genug sein, um in den Satelliten zu passen, die Prozesse ohne menschliche Hilfe ablaufen.

Die entwickelte Technologie wird jedoch nicht nur in der Raumfahrt, sondern auch beispielweise in der Medizin Anwendung finden. Durch den Fortschritt können möglichweise genetische Krankheiten früher erkannt werden und die Qualität von Trinkwasser besser überprüft werden.

Für Dr. Strauch ist "das Potenzial für eine nutzbringende Anwendung der für den Weltraum entwickelten Technologien ohne Zweifel da."

 

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