Erlangen: Heftiger Streit zwischen SPD und CSU entbrannt

1.8.2014, 06:00 Uhr
Erlangen: Heftiger Streit zwischen SPD und CSU entbrannt

© Peter Millian

Das ist doch nur ein Scherz, glaubt Birgitt Aßmus. Der Kulturreferent hat nicht wirklich die Urkunde ins Stadtarchiv verbannt, mit der der Freistaat die Bildungsarbeit in Erlangen gewürdigt hat? Er kann doch nicht einfach die Auszeichnung abgeschraubt haben, weg von der Wand vor ihrem ehemaligen Büro als Bürgermeisterin und Schulreferentin? Nein, das macht er wirklich nicht!

Als die CSU-Fraktionsvorsitzende während der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses noch ungläubig Dieter Rossmeissl anschaut, merkt sie langsam: Genau das hat der Kulturreferent getan, und ihr wird allmählich auch klar - die Aktion findet Rossmeissl richtig gut. Während der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses erfährt Aßmus von dem Coup, und als sie das richtig realisiert, fällt sie vor Empörung beinahe vom Stuhl. "Das ist unmöglich", wettert Aßmus, die frühere Schulreferentin. "Wir sind bayernweit gelobt worden". Für ihre Ohren hört sich das so an, als habe Dieter Rossmeissl gesagt, er habe die Auszeichnung nicht ins Archiv gesteckt, sondern gleich auf den Müll geschmissen. "Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut", sagt Aßmus erschüttert. Und es klingt so, als meint sie eigentlich: "Das hätte ich nicht einmal Ihnen, bei dem ich mir viel vorstellen kann, zugetraut".

Gewollte Konfrontation

Als erste Stadt in Mittelfranken hatte Erlangen im September 2013 das Qualitätssiegel "Bildungsregion in Bayern" verliehen bekommen. Kultusminister Ludwig Spaenle war extra nach Erlangen gekommen, um den damaligen Oberbürgermeister Siegfried Balleis und die damalige Schulreferentin Birgitt Aßmus für deren Aktivitäten zu loben.

Rossmeissl hat sich offensichtlich nicht im Alleingang als kulturpolitischer Handwerker betätigt. Oberbürgermeister Florian Janik, der Nachfolger von Siegfried Balleis, nimmt sich nach Aßmus’ Ausbruch das Wort und geht steil in die Offensive. "Ich teile die Entscheidung Rossmeissls", sagt er gerade heraus. Janik will in dieser Situation nicht verbindlich sein. Er will offensichtlich die Konfrontation.

Dass die SPD von der Auszeichnung nicht allzu viel hält, hatte sie schon lange vorher zu erkennen gegeben. Janik schiebt nach der klaren Positionierung seine Argumente nach: Statt Bildungspolitik adäquat zu finanzieren, verteile der Freistaat lediglich Auszeichnungen. Zudem verweigere er den Kommunen angemessene Kompetenzen in diesem Bereich. "Ich würde mir vielmehr wünschen, dass der Freistaat beim Ausbau der Ganztagsschulen den Kommunen unter die Arme greift".

Die Härte der Diskussion ist ungewöhnlich in diesem Forum, im Haupt- und Finanzausschuss. Sie wird vor dem Hintergrund grundsätzlicher Differenzen zwischen der SPD und der CDU/CSU in dem Themenfeld "Bildungspolitik" auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene verständlich.

Und wer in den Erlanger Bildungsbereich in den vergangenen Wochen hineingehört hat, dem schallt dort seit der Wahl und der Wachablösung der CSU ein gewaltiges Knirschen und Knallen entgegen, das sich jetzt laut im Ausschuss entlädt: Die SPD hat mit der neuen rot-grün-gelben Koalition den Schul-, Bildungs- und Kulturbereich umorganisiert. Das Amt für Kultur- und Freizeit ist aufgeteilt worden in ein Amt für Soziokultur und ein Amt für Kultur.

Der ehemalige Kulturamtsleiter verantwortet jetzt das Amt für Soziokultur, die ehemalige Leiterin des Kulturprojektbüros ist nun Amtsleiterin im Kulturamt. Das Amt für Soziokultur, das um Abteilungen geschrumpft ist, hat zudem das Referat gewechselt. Es gehört nun Referat der Bürgermeisterin Susanne Lender-Cassens, die zudem noch für Umwelt, Sport, Energie und Umwelt zuständig ist. Aus dem ehemaligen Kulturreferat ist ein großes Referat für Bildung, Kultur und Jugend geworden, das Dieter Rossmeissl als Referent leitet. Für ihn ist die Neuorganisation die Voraussetzung um neue Inhalte konzipieren und umsetzen zu können.

"Bildung aus einem Guss" soll die Umorganisation bringen, sagt Oberbürgermeister Janik. Die Zersplitterung und das Nebeneinander von Angeboten in diesem Bereich wollen er und die neue Koalition beenden.

Birgitt Aßmus kann bei dem Gedanken, Bildung zu konzentrieren noch mitziehen. Das wäre sie nach der Wahl auch angegangen, sagt die ehemalige Schulreferentin. Aber die Soziokultur aus der Kultur herauszulösen, das versteht sie nicht: "Das ist total falsch, das macht keinen Sinn". Für sie liegt der Grund der Umorganisation schlicht in Differenzen innerhalb der Spitze des Kulturreferates. Dagegen verwahren sich wiederum Lars Kittel, der FDP-Fraktionschef und der Vorsitzende der Grünen Liste, Wolfgang Winkler: "Das ist nicht wahr", sagt Winkler. Die Auszeichnung bleibt im Archiiv.

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