Erlangen hofft bei StUB auf Bund und Freistaat

27.11.2014, 05:59 Uhr
Erlangen hofft bei StUB auf Bund und Freistaat

© Foto: Peter Millian

Der Oberbürgermeister provozierte bewusst: Die CSU-Fraktion, stichelte Florian Janik, strebe ein Ratsbegehren nur an, um damit ihre internen Meinungsverschiedenheiten zu klären.

Der gezielte Hieb saß. Einfach hinnehmen wollten die Christsozialen die Attacke nicht. Die Retourkutschen rollten sofort an: „Eine unqualifizierte Bemerkung“ sei seine Äußerung, gab Gabriele Kopper, die stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende dem Oberbürgermeister zurück. „Reines Wunschdenken“, sei dies. „Bei uns gibt es keine Meinungsverschiedenheiten. Wir sind uns so einig, wie noch nie“, ließ Kopper den Oberbürgermeister zudem wissen. Birgitt Aßmus, die christsoziale Fraktionsvorsitzende, legte später noch nach: Die Behauptung des Oberbürgermeisters „entbehre jeglicher Realität“.

Die hitzigen Worte überraschen bei dem brisanten Thema nicht. Um die Stadt-Umland-Bahn und die Gründung des Zweckverbandes Nürnberg, Erlangen, Erlangen-Höchstadt ging es im Finanzausschuss — um das Zukunftsprojekt also, das die Entwicklung der Stadt neben dem Siemens-Campus in den nächsten Jahren maßgeblich mitbestimmen wird.

Bürger befragen

„Bei einem Projekt dieser Größenordnung ist es mehr als recht, die Bürger zu fragen“, sagte Birgitt Aßmus. Vor allem, weil auch die Kostenfrage noch nicht ganz geklärt sei. Diese Bemerkung wiederum brachte Vertreter der Ampelkoalition in Rage. Harald Bußmann, der Verkehrsexperte der Grünen Liste, antwortete darauf, ebenso Lars Kittel, der FDP-Fraktionsvorsitzende, und Oberbürgermeister Florian Janik. Sie rechneten der CSU vor, welche Kosten für die Stadt zu erwarten sind.

Geht man vom aktuellen Erkenntnisstand aus, dann belaufen sich die Gesamtkosten auf 365 Millionen Euro. Die Summe ist das Ergebnis der Bewertung der Machbarkeitsstudie des Gutachters Intra-Plan. Annahme der Gutachter war ein Baubeginn 2012. Zieht man von diesen Kosten die Zuschüsse ab, die der Bund bisher für den Bau von Streckenabschnitten auf eigenem Gleiskörper bisher gewährt hat, und zieht man zudem davon die Zuschüsse ab, die der Freistaat zugesagt hat, dann reduzieren sich die Kosten auf 137 Millionen Euro. Der Anteil, den die Stadt dann zu tragen hat (definiert nach der städtischen Trassenlänge), beläuft sich auf 82,2 Millionen Euro.

Finanziert man diesen Betrag über Kredite, bei einer Laufzeit von 30 Jahren, unter der Annahme von fünf Prozent Zinsen, resultiert daraus für die Stadt eine Belastung von 4,1 Millionen Euro. Dazu müssen dann noch Defizite aus dem Betrieb hinzugerechnet werden. Oberbürgermeister Janik kalkuliert dafür 1,5 Millionen Euro. Die Summe, die die Stadt aus ihrem Haushalt jährlich zu stemmen hätte, betrüge demnach 5,6 Millionen Euro.

Wesentlich günstiger für die Stadt fällt die Modellrechnung aus, wenn man davon ausgeht, dass auch die Strecken gefördert werden, die nicht auf eigenem Gleiskörper verlaufen. Die Chancen, dass diese Förderung Realität wird, sind nicht schlecht. Nach EN-Informationen hat der Freistaat signalisiert, dass er sich auch dafür eine 30-prozentige Unterstützung vorstellen kann. Damit bleibt die Haltung des Bundes offen. Engagiert sich der Bund in dem Maße wie er das bisher in den neuen Bundesländern getan hat (die Verhandlungen in der Bund-Länder-Kommission laufen derzeit, eine Entscheidung wird 2015 erwartet), dann ist von einer 60-prozentigen Förderung auszugehen. Und das bedeutete eine drastische Reduzierung der Kosten: Die StUB verschlänge dann 78 Millionen Euro, der Anteil Erlangens verringere sich auf 47 Millionen Euro. Setzt man bei der Finanzierung die oben genannten Größen an, dann heißt das: Die Belastung fällt auf 3,9 Millionen Euro pro Jahr für den Bau und den Betrieb der Stadt-Umland-Bahn.

Genau diese Förderungsvoraussetzung hat sich die Ampelkoalition in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Darauf wies der FDP-Fraktionsvorsitzende Lars Kittel explizit hin. Und er wiederholte im Gespräch mit den EN das Bekenntnis der Liberalen zur Stadt-Umland-Bahn: „Wenn diese Voraussetzungen eintreffen, dann werden wir die StUB auf den Weg bringen“.

Lars Kittel ließ zudem seinen Ärger über manche Äußerungen von Stadtratskollegen freien Lauf, die mit seiner Meinung nach „dümmlichen Bemerkungen“ nicht seriöse Zahlen über die StUB äußerten. Das sei „Volksverdummung“ oder „sie wissen es nicht besser“, sagte Kittel: In diesem Fall „muss man ein hartes Wort sprechen“.

Oberbürgermeister Florian Janik begründete zudem, warum jetzt für die Gründung des Zweckverbandes der richtige Zeitpunkt sei. Es sei wichtig, für das Land und den Bund das Signal zu geben: Erlangen, Nürnberg und der Landkreis wollen wirklich die Stadt-Umland-Bahn. Darüber hinaus verschaffe die zeitige Gründung des Zweckverbandes womöglich auch in der Konkurrenz mit anderen Zuschussbittstellern einen Vorteil.

„Klares Mandat“

Harald Bußmann, sonst ein starker Verfechter von Bürgerbeteiligung, reagierte dann noch auf die CSU-Aufforderung, ein Ratsbegehen anzustrengen. Der Oberbürgermeister und die jetzige Ampelmehrheit sei bei der Wahl im März mit einem eindeutigen Bekenntnis zum Bau der Stadt-Umland-Bahn angetreten.

Das Votum der Wähler gebe dem Stadtoberhaupt und den Fraktionen der SPD, Grünen Liste und der FDP deshalb ein „klares Mandat“ für die Realisierung, betonte Bußmann: Wenn das nicht mehr gelte, „könnte man die repräsentative Demokratie abschaffen“.

Nach der Diskussion und Begutachtung im Finanzausschuss wird am heutigen Donnerstag die hitzige Debatte wohl weitergehen: Der Beschluss über die Gründung des Zweckverband steht auf der Agenda.

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