Erlangen: Höschen für einen Exhibitionisten

26.7.2015, 17:54 Uhr
Erlangen: Höschen für einen Exhibitionisten

© Foto: Bernd Böhner

Der Pornoverdacht kann jetzt widerlegt werden: Dank des Projektseminars „Guerilla Knitting“ am Albert- Schweitzer-Gymnasium trägt die bisher nackte Skulptur einen rot-weißen Ganzkörperanzug aus Wolle. Das „obszöne“ Körperteil wird erfolgreich verdeckt und moralische Bedenken sind aus der Welt geschafft.

Ein Jahr Handarbeit

Aber nicht nur die Freizügigkeit des „Mann im Boot“, sondern auch die der anderen 19 Figuren ist nun beseitigt. Die Elftklässler haben in einem Jahr Handarbeit bunte Klamotten für die Kirchner-Plastiken gestrickt (die EN berichteten) und ihre vollendete Kleiderkollektion jetzt ihren Mitschülern in Anwesenheit von Hannelore Heil-Vestner vom „Initiativkreis Heinrich Kirchner“, sowie zwei der Erlanger Stadtführerinnen präsentiert. „Es ist viel mehr entstanden als ich erwartet habe“, bilanziert Heil-Vestner.

Neun Schülerinnen und ein Schüler haben sich im Zusammenarbeit mit Sarah Lampe vom Kunstpalais mit der Grundidee des Künstlers hinter den Figuren beschäftigt und ihr Werke auf dessen Intention abgestimmt. Für Heil-Vestner ist „der Friedensengel die beste Figur überhaupt“. Sie ist der Meinung, dass die Schüler mit dem blauen Wollkleid mit rotem Peace-Zeichen, „die Aussage wirklich gut getroffen haben“.

Dank des einzigen männlichen Strickers trägt der Wächter am Eingang des Gartens jetzt eine Krawatte und das Pferd im „Mann und Pferd“ wurde zum pinken Einhorn. „Ich habe mich gewundert, wie viele Gedanken die sich gemacht haben“, so die Initiatorin.

Vor allem der, bezüglich des „Tag der Franken“, in den Regionalfarben rot-weiß gehaltene Strickanzug des pornografischen „Mann im Boot“,löste bei der Präsentation einige Schmunzler aus.

Die beiden auf den Heinrich-Kirchner-Garten spezialisierten Stadtführerinnen werden nun dank der gewonnenen Informationen über die Hintergedanken der Schüler, die Strickkunst mit in ihre Tour einbeziehen. Bis Anfang Dezember werden die Kleidungstücke die Figuren bedecken, im Winter müssen diese dann wieder frieren.

„Am Anfang hatte ich schon Vorbehalte, aber da ich jetzt weiß, was die sich dabei gedacht haben, haben die Werke auch an Wertigkeit gewonnen“, sagt Heil-Vestner. Sie findet: „Es lohnt sich noch mehr, den Burgberggarten mal wieder zu bewandern. Und man kann sich ja seine eigenen Gedanken dazu machen.“ Für sie ist der Burgberggarten „ein Schatz, mit dem wir glänzen können“. Denn welche Stadt hat das schon — einen ehemaligen „Pornodarsteller“ mit hautengem Strickanzug?

www.asg-er.de

 

1 Kommentar