Abschied: Präsident Karl-Dieter Grüske verlässt Uni Erlangen

29.3.2015, 08:00 Uhr
Abschied: Präsident Karl-Dieter Grüske verlässt Uni Erlangen

© Harald Sippel

Herr Professor Grüske, nach 13 Jahren an der Spitze der FAU geben Sie das Amt an Professor Joachim Hornegger ab. Ein Abschied mit Wehmut?

Karl-Dieter Grüske: Nein, ein Abschied mit Zufriedenheit. Ich bin zufrieden, weil ich den Eindruck habe, dass der Stab an jemanden weitergereicht wird, der die Universität kennt und Entscheidungen der letzten Jahre in der Hochschulleitung mitgetragen hat. Ein Wunschkandidat, wenn Sie so wollen, mit einem hervorragenden Team. Ich glaube, dass die Universität in sehr gute Hände übergeht. Das war mir sehr wichtig.

Damit schauen Sie zufrieden nach vorn. Wie fällt der Rückblick aus?

Grüske: Auch da bin ich zufrieden, weil ich glaube, dass ich in der Zeit einiges bewegen konnte und die Universität mit einem guten Gefühl verlasse, auch wenn ich nicht ganz aus der Welt bin. Klar schwingt ein bisschen Wehmut mit, insofern als einem die gewohnte Umgebung, das Team und die wirklich gute Zusammenarbeit auf allen Ebenen fehlen wird, übrigens auch mit den Studierenden, denn es hält ja lebendig, wenn man mit jungen Leuten diskutieren kann.

In Ihrer Amtszeit hat sich die Universität mit Profilschärfung, Bologna-Prozess und der Ansiedlung wissenschaftlicher Zentren völlig verändert. Worauf sind Sie besonders stolz?

Grüske: Ich persönlich würde das gar nicht so beantworten wollen, weil die Umsetzung von Reformen nie die Aufgabe eines Einzelnen ist. Die Umsetzung des Bologna-Prozesses, der eine europaweite Harmonisierung von Studienabschlüssen zum Ziel hatte, war ein sehr schwieriges Projekt, bei dem wir viel nachsteuern mussten. Eine Hochschulleitung kann nicht in die Fachstrukturen direkt eingreifen. Die Umsetzung muss auf der Fachebene passieren und da haben Fachinteressen eine große Rolle gespielt. Heute ist das aber alles kein Thema mehr.

Auch die Strukturreform, die unter anderem die Zahl der Fakultäten reduzierte, haben Sie weitgehend geprägt. Und wichtige Forschungseinrichtungen nach Franken geholt. . .

Grüske: Die Strukturreform habe ich tatsächlich angestoßen. Ich glaube, das war das schwierigste Projekt überhaupt. Über Jahre und Jahrzehnte gewachsene Strukturen weisen mit Recht eine gewisse Veränderungsresistenz auf — bei Professoren und übrigens auch bei den Studierenden. Wenn Sie da etwas Neues versuchen wollen, ist es schwierig. Aber dass die FAU zu großen Reformen in der Lage war, darauf bin ich stolz — nicht auf mich, aber auf die Universität. Daran, dass wir das Max-Planck-Institut und ein Helmoltz-Institut nach Erlangen holen konnten, trage ich in der Tat einen bescheidenen Abteil.

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© Harald Sippel

Einführung und Abschaffung der Studienbeiträge fielen ebenfalls in Ihre Amtsperiode.

Grüske: Die Studienbeiträge habe ich von Anfang an vertreten, solange sie sozialverträglich ausgerichtet sind und derjenige, der sie bekommt, erst belastet wird, wenn er es sich auch leisten kann — etwa über ein Studiendarlehen. Jetzt finanziert der Nichtakademiker über seine Steuerlast die später besser verdienenden Akademiker zu einem guten Teil mit. Das ist eine Umverteilung von unten nach oben. Ich will keine amerikanischen Verhältnisse, aber ich finde es gerechtfertigt, Akademiker zu einem Teil an ihren Ausbildungskosten zu beteiligen — sie haben ja auch den meisten Nutzen von ihrem Studium. Darüber gab es viele Diskussionen, aber warum sollte man nicht diskutieren?

Dachten Sie da mal ans Aufhören?

Grüske: Nein, auf die Idee bin ich nie gekommen.

Mit vielen Reformen sind Sie auf Widerstand gestoßen. Ärgert Sie das?

Grüske: Nein, wenn ich mich über so etwas ärgern würde, dürfte ich dieses Amt hier nicht innehaben. Es ist doch völlig klar, dass jemand, der reformieren möchte, auf Widerstand stößt. Dass die Theologie ein Problem hat, in eine philosophische Fakultät integriert zu werden, obwohl es zwischen den Disziplinen viele Anknüpfungspunkte gibt, ist nachvollziehbar. Ich versetze mich immer in die Situation desjenigen, der kritisiert — und kann das meist verstehen. Daher muss man mit Argumenten gegenhalten — und die haben in diesem Fall in der FAU insgesamt offenbar überzeugt, wie das Abstimmungsergebnis in den Gremien zeigt.

Und persönliche Angriffe?

Grüske: Die haben mich schon geärgert. Wenn jemand persönlich angriffig wird, habe ich ein Problem, weil ich selbst nie so handeln würde. Es war aber ganz selten, dass jemand persönlich wurde und meistens waren das Charaktere, die sich von ihrem Naturell her gern echauffieren. Alles, was an Gegenwind kam, habe ich immer der Funktion zugewiesen. Ich sage mir dann immer: Ein anderer Präsident wäre in der gleichen Situation. Sie kommen schließlich auch nicht, weil ich Dieter Grüske bin, sondern der Präsident der Universität.

Kritik an Ihnen kam gerade auch von Studenten. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zum Nachwuchs sehen?

Grüske: Ich war der erste Professor, der in den 90er Jahren an der WiSo die Evaluation von Lehrveranstaltungen einführte und sich von Studenten bewerten ließ. Später wurde die Evaluierung von der Studierendenvertretung für alle zur Regel. Da war ich an der WiSo jahrelang Nummer eins von 32 Professoren — was die Offenheit gegenüber Studierenden und die Vorlesungen angeht. Ich könnte Ihnen ein T-Shirt zeigen: Prof. des Jahres, mit meinem Babybild drauf.

Also ein Präsident der Studenten?

Grüske: Auch wenn die Studierenden mir das nicht immer abnehmen — Stichwort Studienbeiträge, Bologna-Reform — so empfinde ich es doch als wesentliche Aufgabe, die Ausbildung für Studierende zu optimieren. Mir ist es wichtig, sie ernst zu nehmen. Wenn ich dann höre, dass Lehrende ihre Studierenden respektlos behandeln, ärgert mich das sehr; solche Dozenten bekommen dies auch zu spüren.

Ihr Nachfolger übernimmt in nicht ganz einfachen Zeiten. . .

Grüske: Hat es schon jemals einfache Zeiten gegeben?

Es steht wirklich viel an. Investitionsstau, marode Gebäude, möglicher Umzug in Siemens-Gebäude. Würden Sie da noch Präsident werden wollen?

Grüske: Ja klar, jetzt wird es richtig spannend. Ich mag Veränderungen, ich bin jemand, der gerne gestaltet. Stillstand bedeutet Rückschritt — eindeutig. Wenn man nur verwaltet, braucht man gar nicht erst anzutreten. Der Umzug in den Himbeerpalast ist eine einmalige Chance. Wenn wir die nicht ergreifen würden, wäre das fast schon fahrlässig. Das alles wird wieder neue Impulse geben — wie damals zur Strukturreform in meiner Zeit.

Wird man Sie denn auch im Refugium Emeritorium, dem Fluchtort für emeritierte Professoren, finden wie Ihren Vorgänger Gotthard Jasper?

Grüske: Nein, ich habe nicht vor, ein Buch über einen Theologen zu schreiben. Ich könnte jetzt Vorlesungen in Peking halten, diese und weitere Anfragen habe ich schon. Außerdem sitze ich noch in rund acht Gremien.

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© Harald Sippel

Da bleibt Ihnen wohl auch im Ruhestand wenig Freizeit.

Grüske: Ehrlich gesagt, was mich am meisten reizt, ist der Luxus, die Zeit frei gestalten zu können. Die letzten 13 Jahre war das nicht möglich. Man denkt immer, man könnte seine Termine selber machen, aber man wird viel mehr fremdbestimmt als man meint. Das ganze Private, das da notgedrungen zu kurz gekommen ist, wieder in den Vordergrund zu heben, finde ich schon erstrebenswert.

Sieht man Sie dann irgendwann mit einem Spaten im Schlossgarten, um die Weinflasche auszubuddeln, die Sie als Student vergaben haben?

Grüske (lacht): Die Flasche wird es wohl nicht mehr geben. Dass ich mit einem Spaten aber im eigenen Garten herumrenne, davon können Sie ausgehen. Dafür sorgt schon meine Frau. Welche Vorstellungen der neue FAU-Präsident Joachim Hornegger von seinem Amt hat, verrät er im Interview in der Dienstagsausgabe der Erlanger Nachrichten.Alles, was an Gegenwind kam, habe ich immer der Funktion zugewiesen.“

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