Erlangen: IG Metall feiert 125. Geburtstag

19.7.2016, 15:00 Uhr
Erlangen: IG Metall feiert 125. Geburtstag

© Harald Sippel

Eigentlich dürften die Erlanger Metaller in diesem Jahr noch gar nicht feiern. Denn erst 2017 wird die hiesige Gruppe – anders als die Dachorganisation – offiziell 125 Jahre alt. Nur wenige Meter vom heutigen IG-Metall-Haus entfernt, im früheren Gasthaus „König Otto“, trafen sich damals mitten im ehemaligen Arbeiterviertel „Stubenlohe“ mehrere Arbeitnehmer, um 1892 einen Ortsverein des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes ins Leben zu rufen. Mit der Wahl eines Vorstandes und der Meldung an den Stadtmagistrat war am 17. April die Gründung der IG Metall Erlangen vollzogen.

Von da an kamen Metaller regelmäßig in die Kneipe, um über teilweise katastrophale Arbeits- und Lebensbedingungen zu sprechen.

Immer mehr Arbeiter schlossen sich der IG Metall an, 1913 hatte Erlangen bereits 2600 Mitglieder, davon 450 Frauen. Die Bedeutung der Arbeitnehmervertreter wuchs, sie konnte etwa mit verkürzten Wochenarbeitszeiten auch erste Erfolge verbuchen. Die Mitglieder und Funktionäre selbst aber hatten es Anfang des 20. Jahrhunderts schwer: „Gewerkschafter zu sein, war keine einfache Geschichte“, betont denn auch die Erste Bevollmächtigte der IG Metall Erlangen, Silvia Heid, im komplett renovierten IG-Metall-Haus in der Friedrichstraße. So fanden sich Namen von organisierten Arbeitern auf Schwarzen Listen, Entlassungen von Gewerkschaftsaktivisten in Betrieben und Fabriken waren keine Seltenheit ebenso wie Repressionen gegen ganze Familien.

Sich für Arbeitnehmerinteressen einzusetzen, verlangte den Mitstreitern also viel Mut ab. Auch der Erlanger Oberbürgermeister Florian Janik und Jürgen Wechsler, der Bezirksleiter der IG Metall Bayern, erinnern daher eindringlich an die Zivilcourage der früheren Gewerkschafter — und den oft hohen Preis, den sie für ihr Engagement bezahlen mussten.

Durchhaltevermögen und Widerstandsgeist aber waren nicht ohne Wirkung. Höhere Löhne, größere Mitbestimmung, bessere Kranken- und Sozialversicherungen, mehr Urlaubstage: Die Erfolge, an die alle Redner bei dieser kleinen Geburtstagsfeier erinnern, können sich sehen lassen.

Natürlich darf bei einer Rückschau auf ein solch stolzes Jubiläum der Blick in die Zukunft nicht fehlen. Hier zeigt sich: Auch wenn die Herausforderungen (Stichwort: Industrie 4.0) heute andere sind, bleibt, wie IG Metall-Chef Wechsler sagt, die Frage nach Wert und Stellenwert von Arbeit unverrückbar. „Die Themen haben sich verändert“, sagt er, „aber der politische Kompass ist der Gleiche geblieben und wird immer wichtiger.“

Da sich an der eigenen Basis immer mehr AfD-Wähler sammeln, wird für die Arbeitnehmer-Organisationen der Kampf gegen die Partei am rechten Rand stetig wichtiger. Darin sind sich die Gäste am Mikrofon einig.

Die AfD, macht Janik unmissverständlich deutlich, sei nicht nur ausländerfeindlich, sondern wolle auch Gewerkschaften gleichschalten sowie Sozial- und Rechtsstaat abschaffen. „Und das hat die NSDAP auch schon mal gemacht.“

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