Erlangen: Keine Nachverdichtung an der Paul-Gordan-Straße

30.7.2016, 06:00 Uhr
Erlangen: Keine Nachverdichtung an der Paul-Gordan-Straße

© Berny Meyer

ERLANGEN — Steffen Buchholz hatte sich sicher eine wohl formulierte Rede zurechtgelegt. Schließlich wusste der Mitinitiator des Bürgerbegehrens gegen die umstrittene Nachverdichtung an der Paul-Gordan-Straße schon länger, dass auch er im Stadtrat an das Mikrofon tritt. Der dem Gremium vorliegende Antrag war dem Zahnarzt gleichfalls bekannt: mit einer Änderung des Bauplans ganz im Sinn seiner Initiative (wie berichtet).

Es hätte kurz vor dem — schließlich doch einstimmigen Beschluss für die Änderung — noch eine Dankesrede werden können. Tatsächlich aber rang der Zahnarzt irritiert nach den passenden Worten: Eigentlich, sagte er, habe er Verständnis für Oberbürgermeister Florian Janik zeigen und ihm versichern wollen, dass er und seine Mitstreiter niemandem mehr in der Stadtregierung böse sind. Doch das teilte der Organisator des Bürgerbegehrens nun im Konjunktiv mit. „Ich bin zutiefst entsetzt, auf welcher Ebene hier Diskussionen geführt werden und was uns unterstellt wird.“

Was war geschehen? Die in den vergangenen Wochen zum Teil sehr emotional geführte Debatte zwischen den Befürwortern der Nachverdichtung (Stadtspitze) und den Gegnern (unmittelbare Anwohner, aber auch Bürger aus dem weiteren Stadtgebiet) schien mit Janiks Einstiegs-Statement nunmehr der Geschichte anzugehören.

Suche nach Wohnraum

Sachlich wies der Rathauschef auf den Bedarf insbesondere an sozial geförderten Wohnungen hin. Dass der Bereich lange vernachlässigt wurde, mache sich in den Kommunen bemerkbar. Zudem wolle die Stadt möglichst viele Menschen unterschiedlichster sozialer Herkunft in einem Gebiet vereinen. Auch wenn Janik das nicht dezidiert aussprach, war klar: All das spricht, oder spräche, für eine Bebauung im Röthelheimpark .

Doch wich der OB von diesem Vorhaben ab: „Der Verkauf und die Bebauung sind vom Tisch.“ Warum er das tut, erläuterte er im zweiten Teil seiner Stellungnahme. Trotz der geschilderten Schwierigkeiten halte er einen Bürgerentscheid in dieser Angelegenheit für falsch. „Es liegt die Gefahr darin, dass damit polarisiert wird — zwischen Menschen, die eine Wohnung haben und jenen, die keine haben.“ Wenn die Stadt die Bevölkerung darüber abstimmen ließe, wäre das „mit allen Verletzungen“ der falsche Weg für die „Entwicklung unserer Stadtgesellschaft“. Zugleich nahm er selbstkritisch den Prozess der (zunächst nichtöffentlichen) Pläne unter die Lupe: „das war keine Meisterleistung.“

Diese Sätze saßen: beim Koalitionspartner — und der Opposition. Bürgermeisterin Elke Preuß (FDP) verwies ebenfalls auf eine mögliche Beeinträchtigung des sozialen Friedens durch einen Bürgerentscheid. Für die Fraktionschefin der Grünen, Julia Bailey, war es (neben den ökologischen Aspekten) ebenfalls entscheidend, eine „Zuspitzung“ zum Thema Flüchtlingsunterkünfte zu vermeiden. Auch Linken-Stadtrat Johannes Pöhlmann zollte Janik „große Hochachtung vor dem Schritt“ und Birgitt Aßmus, die CSU-Vorsitzende der CSU, erinnerte zwar an die von Anfang an geäußerten Bedenken ihrer Fraktion, sagte dann aber: „Ich begrüße die jetzige Vorlage.“

Es herrschte also Einigkeit — bis sich SPD-Stadtrat Philipp Dees zu Wort meldete. Die Unterschriften seien auch dadurch zustande gekommen, dass Sammler mit Sätzen wie „Sie wollen doch nicht neben solchen Menschen wohnen?“ unterwegs gewesen sein sollen. Mit „diesen“ könnten sie wohl nur Flüchtlinge oder — wahrscheinlicher — Empfänger von Sozialleistungen gemeint haben. Dahinter stehe eine Haltung, die „ich unerträglich finde und die einen bisher gültigen Konsens verlässt.“ Denn sie führe zu sozialer Segregation und Spaltung.

Diesen Verdacht wollte die CSU nicht auf den Initiatoren des Bürgerbegehrens und ihren Unterzeichnern sitzen lassen. Die Anwohner hätten betont, dass sie nichts gegen Asylbewerber und sozial Schwache haben, konterte Christian Lehrmann. „Aber“, so fragte der Stadtrat in Richtung Stadtregierung, „wie kann sich ein Bürger, der nicht Ihrer Meinung ist, gegen diesen Vorwurf wehren?“

Anton Salzbrunn (Linke) brachte die Stimmung auf den Punkt: „Herr Dees hat die Gräben wieder aufgerissen, die der OB zugemacht hatte.“

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