Erlangen: Schon über 1000 Kilo Lebensmittel gerettet

26.5.2016, 06:30 Uhr
Erlangen: Schon über 1000 Kilo Lebensmittel gerettet

© Foto: Harald Sippel

Manchen Menschen sieht man ihre Einstellung schon von Weitem an. Begegnet man Lara Grubert auf der Straße, ist man mit den Gedanken ziemlich schnell bei alternativ, vegetarisch, umweltbewusst. Das liegt vor allem an ihren Haaren: lange braune Dreadlocks. Die 21-Jährige studiert Geografie, isst keine tierischen Produkte, fährt immer mit dem Fahrrad, verzichtet auf überflüssige Konsumgüter. Die Welt retten will sie nicht. Dafür aber Lebensmittel, die sonst im Müll landen würden.

Lara Grubert ist „Foodsaverin“, eine Lebensmittel-Retterin. Sie holt Essen von Unternehmen und Privatpersonen ab, das diese wegwerfen würden. Was sie selbst essen möchte, behält sie. Den Rest bringt die Studentin zu drei Sammelstellen in der Volkshochschule Erlangen (VHS), der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in der Hindenburgstraße 46 und im Kulturpunkt Bruck (Fröbelstr. 6), wo sich alle bedienen dürfen. Organisiert ist dieses System über das Internetportal „foodsharing.de“.

Die Bewegung der Lebensmittelretter gibt es deutschlandweit. Sie soll dabei helfen, Lebensmittel zu teilen, anstatt sie wegzuwerfen. Denn trotz schwindender Ressourcen und Hungersnöte auf der Welt landet immer noch zu viel Essen in der Tonne (siehe Kasten). Seit gut zwei Jahren gibt es den Ableger in Erlangen. Mehr als 100 ehrenamtliche Foodsaver sind registriert, wobei rund ein Drittel regelmäßig Lebensmittel abholt. Ein Grundsatz der Bewegung: Alle arbeiten ehrenamtlich. Auch Lara Grubert.

Wenn sie mit ihrem Fahrrad zu den Betrieben fährt, macht sie das in ihrer Freizeit. Dafür trägt sie sich online in einen Kalender ein, wann sie wo abholen kann. „Es gibt feste Zeiten.“ Pünktlichkeit ist wichtig. Bäcker, Bioläden, Cafés und kleinere Supermärkte geben ihre Ware, die sie nicht mehr verkaufen können, ab. Dabei gibt es eine wichtige Regel: „Ketten und Franchise-Unternehmen sind ausgenommen“, sagt Grubert.

Die Lebensmittel selbst sollen noch genießbar sein. „Das Haltbarkeitsdatum spielt dabei keine Rolle. Das allermeiste ist einwandfrei.“ Die Studentin bringt das Essen zum „Fair-Teiler“ in der VHS. Im Kulturpunkt gibt es auch einen Kühlschrank, in der VHS und der ESG ein Regal. „Manchmal warten schon Leute, spätestens am nächsten Tag ist aber alles weg.“ Viele Studenten seien dabei — immerhin kann man sich die Lebensmittel kostenlos nehmen —, aber auch Kursteilnehmer und andere Erlanger.

Seit eineinhalb Jahren ist die gebürtige Forchheimerin dabei. Über das Internetportal kann sie genau sehen, was sie bisher geleistet hat: 154 Abholungen und insgesamt 1029 Kilogramm gerettete Lebensmittel. Das sei jedoch mehr ein Durchschnittswert. „Es sind immer unterschiedliche viele Lebensmittel“, sagt Grubert. Manchmal packt sie 20 Liter Milch auf ihr Fahrrad, ein anderes Mal drei Tüten und eine Kiste voll mit Backwaren. „Ab und an ist es auch fast nichts.“

Das allerdings freut die Lebensmittelretterin. „Dann haben die Betriebe so gut kalkuliert, dass sie gar nicht zu viel produziert haben.“ Und das sei schließlich das Ziel: weniger überschüssiges Essen. „Foodsharing will da auch gar nicht anderen Initiativen im Weg stehen“, sagt Grubert. „Mit der Tafeln konkurrieren wir zum Beispiel nicht, weil dort die Kriterien, was man spenden kann, strenger sind.“

Viel gespart

Positiver Nebeneffekt für die Lebensmittelretterin: „Ich spare viel Geld, Backwaren habe ich in letzter Zeit keine mehr selbst gekauft.“ Manchmal lädt die Studentin Freunde zum Frühstück ein, einmal im Monat gibt es ein offizielles „Foodsharing-Dinner“ — mit gespendeten Lebensmitteln. „Generell verstehe ich nicht, dass Leute, vor allem wenn sie wenig Geld haben, so viel Essen wegschmeißen“, sagt Grubert. „Am Anfang war ich wirklich schockiert, welche Mengen Betriebe in den Müll werfen.“

Generell müsse da ein Umdenken stattfinden. „So kann es dauerhaft nicht funktionieren.“ Dass die Studentin dazu beitragen kann, will sie nicht wirklich glauben. „Als Einzelperson kann man kaum etwas verändern.“ Grubert sagt das nicht aus Resignation, sondern auf Grund ihrer realistischen Herangehensweise. „Auch bei Foodsharing haben ein paar Leute in Berlin angefangen.“ Sie wollten nicht die Welt retten. Aber eben zumindest ein paar Lebensmittel.

Infos und Termine in Erlangen
unter www.foodsharing.de

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