Erlangen: Statt ins Heim geht's "erfüllt nach Hause"

4.9.2015, 16:30 Uhr
Erlangen: Statt ins Heim geht's

© Foto: Kai Barnickel

Immer wieder kommen Angehörige von Pflegebedürftigen zu Michaela Laible, Einrichtungs- und Pflegedienstleitung, und berichten von Überforderung und dem Bedürfnis, mal wieder zur Ruhe zu kommen. Den Satz, „Ich schaffe es nicht mehr allein“ hat sie schon oft gehört. Wenn Angehörige an ihre Grenzen stoßen, kann das Maria- Busch-Haus Abhilfe schaffen und verhindern, dass Pflegebedürftige schon früh in ein Heim kommen.

„Zuhause sitzen viele nur rum“, berichtet Laible. Sie bedauert, dass die meisten Leute „zu wenig von der Tagespflege wissen“ und sich erst sehr spät Entlastung holen. „Es ist für Angehörige eine Möglichkeit mal einen Tag für sich zu haben und Atem zu schöpfen“.

Orientierung im Alltag

75 Menschen, die mit körperlichen oder demenziellen Einschränkungen, teilweise sogar einer Kombination aus beiden leben, finden regelmäßig ihren Weg in die diakonische Einrichtung. Jeden Tag sind dort 28 Plätze zugelassen und jeder kann selber entscheiden, an wie vielen Tagen in der Woche er Gast im Maria-Busch-Haus sein möchte. In der Pflegeeinrichtung kümmert sich ein Team aus 13 Mitarbeitern, darunter Pflegefachkräfte, Alten- und Krankenpfleger, Pflegehilfskräfte und Betreuungsassistenten, sowie sechs Ehrenamtliche liebevoll um die Gäste und sorgt für ein abwechslungsreiches Programm und Orientierung im Alltag.

Zwischen acht und neun Uhr am morgen kommen die Gäste in der Tagespflegeeinrichtung an. „Sie werden von Bussen zu Hause abgeholt“, berichtet Laible. In zwei Gruppen gibt es dann ein gemeinsames Frühstück und im Anschluss eine kleine Bewegungseinheit. Der ganze Körper wird bewegt, angespannt und gelockert, um „die Muskeln so lange wie möglich zu erhalten“ und dadurch Stürze zu verhindern.

Das Tagesprogramm sieht immer anders aus. Montags wir gespielt und dienstags gibt es einen Singvormittag mit Gitarrenbegleitung, bei dem sich die Gäste Lieder wünschen dürfen. Am Mittwoch kommt ein „Mann, der in der ganzen Welt unterwegs war“ zu Besuch und berichtet von „Themen aus aller Welt“. Im Dialog mit den Gästen kommen, untermalt von Bildern, regionale, christliche und weltliche Aspekte zur Sprache.

Sportlich wird es am Donnerstag, wenn die Mitarbeiter zum Tanzen auffordern. Jeder macht mit, „egal in welcher körperlichen Verfassung“, lacht die Leiterin. „Nur manche brauchen einen kleinen Anstoß, bis es dann läuft“. „Ich habe schon seit der Schulzeit getanzt“ berichtet ein 70-jähriger Gast etwas außer Atem, als er nach einer Tanzeinlage mit Michaela Laible eine Verschnaufspause einlegt.

„Viele machen sich schick, wenn es zum Tanzen hergeht“ sagt sie. Auch der 74-jährige Gerhard Kilian hat sich in Schale geworfen und macht sich auf, um eine der anwesenden Damen zu einem Tänzchen aufzufordern.

Am Freitag ist dann Vorlesetag. Auch hier dürfen die Gäste eigene Wünsche und Vorschläge einbringen. Laible ist es wichtig, dass keiner zum mitmachen gezwungen wird. „Alles ist ein freiwilliges Angebot“. Bei der Anmeldung achtet Laible jedoch darauf, dass, je nach Interessen und Fähigkeiten der Gäste, „geeignete Tage“ ausgesucht werden, damit sich die Menschen mit dem jeweiligen Programm identifizieren können und sich in der Einrichtung wohl fühlen. „Wir wollen, dass sie abends erfüllt nach Hause gehen“.

Nach dem Mittagessen gibt es erst mal eine Ruhepause zum Füße hochlegen und Unterhalten in der „Plauschrunde“. Kaffee und Kuchen sorgen dann vor einer kleinen Gehirnjoggingeinheit mit Rätseln oder Bingo für eine Stärkung, bevor Busse die Gäste gegen 16 Uhr nach Hause bringen.

„Das ist das Schöne im Vergleich zum Altenheim“, findet Laible. „Die Menschen sind tagsüber beschäftigt und versorgt und können am Abend heim fahren.“

Seit der Übernahme durch die Diakonie Erlangen im Jahr 2003 arbeitet die Einrichtung auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes. Laible sieht es als Gewinn, dass sie „alles in einer Hand anbieten“ und dadurch enge Kontakte und kurze Dienstwege schaffen. „Unser Ziel ist Lebensqualität für alle“. Sie glaubt, „wenn die Leute richtig begleitet werden, kann ihnen noch viel ermöglicht werden.“

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