Erlangen: Streit um "Turbo Force" auf Bergkirchweih

25.5.2017, 16:00 Uhr
Erlangen: Streit um

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Wer bei Volksfesten im rasanten "Turbo Force" regelrecht mitfliegt, kreischt meistens vor Begeisterung. Das wird auch in wenigen Tagen so sein, wenn sich Karussellfans in dem abenteuerlichen Fahrgeschäft amüsieren. Auch Karin und Werner Müller (Namen von der Redaktion geändert) werden dann womöglich laut aufschreien: allerdings nicht vor Freude, sondern aus Frust.

Denn das Ehepaar wohnt im Schützenweg neben dem Grundstück, auf dem das Fahrgeschäft stehen wird. Doch schon in der Vergangenheit hatte das Paar viele (negative) Erfahrungen mit Attraktionen wie "Cyber Space" und "Turbo Force" gemacht.

"Immer wieder sind dabei Smartphones, Kämme, Brillen, Schmuckstücke und Schirme aus enormer Höhe in unseren Garten gefallen", erzählt der Anwohner im Gespräch mit dieser Zeitung. Besonders gefährlich seien Geldmünzen: "Da sie so klein sind, sieht man sie nicht — und schon landen sie am Auge oder auf dem Kopf." Die Gefahr von durch die Luft wirbelnden Gegenständen verletzt zu werden, sei zum Teil so groß gewesen, dass er und seine Frau sich während der "Berg"-Tage kaum mehr nach draußen gewagt haben. 2013 hätten die Beeinträchtigungen durch das Fahrgeschäft "Cyber Space" mit Lärm und Wurfgeschossen das Maß des Erträglichen erreicht: "Damals sind wir gegen den Schausteller vor Gericht gegangen und haben uns erst dort mit ihm geeinigt", sagt er.

Auch heuer halten die Eheleute im schlimmsten Fall den Gang zum Kadi durchaus für möglich: "Sollte es in diesem Jahr wieder so schlimm werden, müssen wir Anzeige wegen drohender Körperverletzung und Hausfriedensbruch erstatten", meint Werner Müller. Das hat er schon der Stadt Erlangen angekündigt: in einem Brief, der unserer Redaktion vorliegt.

Wer dann juristisch zur Verantwortung zu ziehen ist — die Stadt, der Grundstückseigentümer oder der Schausteller —, weiß Müller noch nicht: "Da werden wir unseren Rechtsanwalt fragen."

Die Frage eines möglichen Schadensersatzes ist eindeutig: "Die Schausteller haften, sie haben eine hohe Betriebshaftpflicht; wir schauen uns eine bestehende Versicherung genau an", erläutert der Leiter des Ordnungs- und Straßenverkehrsamtes, Matthias Schenkl, auf Nachfrage.

Womöglich aber kommt es 2017 gar nicht so weit. Denn die Stadt achte darauf, dass es eben keinen Grund zur Beschwerde gibt, verspricht Schenkl. Konkret heißt das: Die städtischen Mitarbeiter, die die Bergkirchweih vom Aufbau an betreuen, sollen bereits bei Aufstellung und Ausrichtung von "Turbo Force" dafür sorgen, dass die Interessen der Familie Müller berücksichtigt werden. Dazu gehört: Die Abstandsgrenzen müssen zum Grundstück der betroffenen Anwohner genau eingehalten werden. "Aus unserer Sicht gibt es daher keinen Grund, der gegen eine Erlaubnis spricht", sagt der Amtschef.

Laut dem Schausteller, der von Müller in dem Schreiben genannt wird und der bis vor kurzem die Anlage betrieben hat, gibt es keinen Grund zur Beunruhigung: "Es wird alles exakt abgemessen", heißt es auf EN-Anfrage.

Das Grundstück, das das ganze Jahr über ungenutzt ist und auf dem nur während der Bergkirchweih das Fahrgeschäft steht, gehört ohnehin nicht der Stadt, sondern ist in Privathänden. Somit schließen die Grundstückseigentümer mit dem Schausteller einen Vertrag ab, dem die Stadt zustimmen muss, erläutert Schenkl.

Diese Praxis sieht Werner Müller eher kritisch: "Die Schausteller zahlen an die beiden Eigentümer und an die Stadt; das ist für alle Seiten eine gute Einnahmequelle", vermutet er. Über die Höhe der Gebühren oder Gelder sagt Schenkl jedoch nichts. Vor allem aus finanziellen Gründen fasse die Stadt die Schausteller auch "mit Samthandschuhen" an, meint Müller.

Doch er würde trotz mehrmaliger Bitten an die Stadt nie in die Planungen der Bergkirchweih miteinbezogen. Auch jetzt habe er nur durch Zufall erfahren, welches Fahrgeschäft vor seine Tür kommt.

Muss man aber als Anwohner nicht mit dem "Berg" und seinen Begleiterscheinungen leben? Werner Müller wehrt die Frage ab Das sei nicht sein Thema. Als seine Familie vor 20 Jahren zum Burgberg gezogen ist, wusste sie, dass dort die Kirchweih stattfindet: "Wir haben nichts gegen ein schönes Fest, aber gegen Exzesse."

 

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