Erlanger Arbeitgeber müssen um Bewerber buhlen

1.9.2015, 12:00 Uhr
Erlanger Arbeitgeber müssen um Bewerber buhlen

© Sabine Strickstrock

In der Stadt Erlangen und im Landkreis Erlangen-Höchstadt sind für das neue Ausbildungsjahr insgesamt noch 569 Plätze unbesetzt. Bei derzeit 301 noch suchenden Jugendlichen kommen also auf jeden Bewerber 1,9 unbesetzte Ausbildungsstellen.

Die jungen Leute konzentrieren sich auf einzelne Berufe und lassen andere außen vor. Die unbekannteren oder unbeliebten Ausbildungsplätze bleiben deshalb offen. Hoch im Kurs stehen bei jungen Männern zur Zeit der Kfz- Mechatroniker und bei den jungen Frauen die Kauffrau im Einzelhandel. „Weniger beliebt dagegen, sind Berufe im Hotel und Gastronomiebereich oder der Beruf des Gebäudereinigers“, erläutert Udo Göttemann von der Industrie- und Handelskammer Mittelfranken. Welcher Job attraktiv ist und welcher nicht, sei auf ein subjektives Befinden der Jugendlichen zurückzuführen. Geregelte Arbeitszeiten spielten bei der Entscheidung für den Beruf aber ebenfalls eine große Rolle. Dass man in der Hotel- und Gastronomiebranche oftmals auch abends oder nachts arbeiten muss, schrecke viele Bewerber ab.

In der Stadt Erlangen gibt es, laut der Arbeitsagentur nach aktuellem Stand, insgesamt noch 316 unbesetzte Ausbildungsstellen. Zum großen Problem wird dabei, dass sich mehr als die Hälfte der freien Stellen außerhalb der beliebten Top10-Ausbildungsberufe befinden.

Um am Ende nicht ohne den Wunschplatz dazustehen, empfiehlt Göttemann den Suchenden Alternativen zu dem persönlichen Wunschberuf zu suchen. Breiter aufgestellt zu sein sei von Vorteil auf dem Ausbildungsmarkt. Mindestens drei weitere Berufe sollte sich ein gut vorbereiteter Bewerber überlegt haben.

Eine weitere Möglichkeit wäre, sich in der Wunschbranche nach mehreren Berufen umzusehen. „Warum nicht mal die Ausbildungsstelle als Feinwerkmechaniker in Betracht ziehen, wenn man sich bisher wie viele andere Jugendliche monatelang vergeblich als Industriemechaniker beworben hat“, rät Frithjof Stöhr von der Arbeitsagentur. Denn das Angebot ist auch wenige Tage vor Ausbildungsbeginn noch da. Gerade in den letzten Wochen vor dem Start bewegt sich noch viel auf dem Ausbildungsmarkt.

Mehrfach zugesagt

Stöhr erklärt, dass insbesondere kleinere Firmen sich doch noch kurzfristig entscheiden, für das kommende Jahr einen Ausbildungsplatz anzubieten. Hinzu kommt, dass Jugendliche manchmal auch Zusagen an mehrere Arbeitgeber geben, so dass diese Plätze dann nachbesetzt werden müssen.

Gerade bei unbekannteren Ausbildungsberufen haben die Jugendlichen bessere Möglichkeiten ihren Platz zu sichern. Die Anzahl der Mitwerber sei dabei sehr gering und die Chance auf einen Platz hoch. Gute Noten können dabei eine große Rolle spielen, müssen aber nicht unbedingt. Petra Bachinger von der Sparkasse Erlangen erklärt, dass bei der Auswahl der Auszubildenden auf mehrere Kriterien geachtet werde. Eine gute Allgemeinbildung, Fleiß und Zielstrebigkeit sind ebenso wichtig wie das Interesse am aktuellen wirtschaftlichen und politischem Geschehen. Wenn der Bewerber dann auch noch einen guten persönlichen Eindruck hinterlässt, rücken die Schulnoten in den Hintergrund.

Trotz vieler freier Stellen führt die Konzentration auf nur einige ausgewählte Berufe zu einem Fachkräftemangel. Vor allem Arbeitgeber aus der Handwerksbranche haben Probleme ihre freien Stellen zu besetzen. Heinrich Schübel von der Handwerkskammer für Mittelfranken erklärt, dass der derzeit allgemeine Trend zum Besuch weiterführender Schulen die Nachfrage nach handwerklichen Ausbildungsstellen merklich drücke. Das Handwerk versuche dem durch verstärkte Information entgegenzuwirken. Schübel nimmt an, dass vielen potentiellen Bewerbern die Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten im Handwerk zu wenig bekannt seien. Zu Unrecht glaube er, denn die Möglichkeit zur Selbstständigkeit oder zur Studiermöglichkeit mit Berufs- und Meisterabschluss sei gegeben. Trotz des Trends sei der Bedarf an Akademikern hierzulande geringer als der Bedarf an beruflich Qualifizierten. Laut Göttemann habe man mit einer abgeschlossenen Ausbildung und einer dementsprechenden Weiterbildung einwandfreie Karrierechancen.

Wie der Flüchtlingszuwachs dieses Jahr den Ausbildungsmarkt verändert, kann noch nicht gesagt werden. Die IHK Mittelfranken steht in engem Kontakt mit den Berufsschulen und den Flüchtlingsklassen, um sie erfolgreich in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch die Sparkasse Erlangen bietet Schnupperpraktika an. Bachinger erklärt, dass ein gutes Sprachverständnis eine wichtige Voraussetzung sei. In der Handwerkskammer ist man ebenso offen gegenüber allen Bewerbern. Schübel erklärt, dass die Handwerkskammer Mittelfranken für die betroffenen Jugendlichen und Betriebe eine Hilfestellung erarbeiten will.

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