Erlanger Bus vom Weg abgekommen?

8.11.2018, 11:00 Uhr
Erlanger Bus vom Weg abgekommen?

© Klaus-Dieter Schreiter

Seit Jahren bringt Hartmut Scholz, der eigentlich ganz anders heißt, seinen zehnjährigen Sohn morgens mit dem Bus zur Wirtschaftsschule. Sie warten dazu frühmorgens vor acht Uhr auf die Linie 294. An diesem Tag aber, so Scholz, "war ich schockiert: Zum wiederholten Male kannte der Fahrer die Strecke nicht". In der jüngeren Vergangenheit will Scholz aufgefallen sein, dass der Stadtbus einmal einen falschen Fahrtweg nahm, zweimal die Strecke gar nicht kannte.

An diesem Dienstag wäre es soweit gekommen, dass kurzerhand eine Schülerin auf Aufforderung des Fahrers als eine Art Navigationsgerät fungierte und den Bus von Haltestelle zu Haltestelle lotste. Als sie irgendwann aussteigen musste, sei ein anderer Schüler eingesprungen.

"Man muss sich das mal vorstellen", sagt Scholz, "für die nicht günstige Personenbeförderung erwarte ich wenigstens, dass die korrekten Haltestellen angefahren werden." Zumal sich morgens überwiegend minderjährige Schüler im Bus befinden.

Anja Schmitt, Abteilungsleiterin Stadtverkehr bei den Erlanger Stadtwerken, reagierte auf Nachfrage unserer Redaktion überrascht auf diesen Vorfall: "Ich kann mir das ehrlich gesagt nicht erklären. Alle unsere Fahrer durchlaufen ein ausführliches Trainingsprogramm. Niemals wird ein Fahrer auf eine Linie geschickt, deren Weg er nicht kennt."

Im beschriebenen Fall saß der Fahrer eines Subunternehmers am Steuer. Auch diese würden, so Schmitt, aufwendigen Tests unterzogen, bevor sie erstmals ans Steuer dürfen. Unter anderem werden die Fahrtauglichkeit, die Deutschkenntnisse, der Umgang mit Kunden, die Kenntnis des Tarifsystems und auch die Streckenkenntnis abgefragt. "So gesehen ist es eigentlich unmöglich, dass ein Fahrer die Strecke nicht kennt."

Zwei Versionen der Geschichte

Schmitt nahm sofort Kontakt mit dem Subunternehmer auf und erbat eine ausführliche Schilderung des Vorfalls aus Sicht des Busfahrers. Der erzählt die Geschichte anders: Der Kunde hätte eine Fahrkarte mit einem großen Geldschein bezahlt und verärgert reagiert, als er das Rückgeld in Münzen bekam. "Unsere Fahrer", so Schmitt, "haben aber aus Sicherheitsgründen nie Scheine dabei." Das hätte zu einem Disput geführt und wohl den Busfahrer, der neu in seinem Job war, kurzzeitig aus dem Konzept gebracht. Als dann noch eine Umleitung auf der Strecke folgte, hätte er kurz angehalten und — mehr zu sich selbst — gesagt: "Wo muss ich jetzt entlang fahren?" Dann aber hätte er zügig die Fahrt wieder aufgenommen und ohne Hilfe und ohne sich zu verfahren die Wegstrecke

weiter zurückgelegt.

Wie es nun auch gewesen ist: Unzufriedene Fahrgäste, so Anja Schmitt, wollen sie vermeiden. Es tue ihr leid, dass es zu einem Problem im Bus gekommen sei. "Dass aber, wie vom Kunden behauptet, häufiger Busfahrer die Wegstrecke nicht kennen und im besagten Fall der Fahrer gar nicht mehr weitergewusst hätte, kann ich mir wirklich nicht vorstellen." Sie werden nun bei den Stadtwerken aber einen besonderen Wert auf die Streckenkenntnis legen, verspricht Schmitt. "Obwohl wir da schon sehr viel tun."

Hartmut Scholz sagt, vom Busfahren habe er seit Dienstag erst einmal genug. Die vergangenen Tage nahm er mit seinem Sohn lieber ein Taxi.

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