Erlanger CSU stellt Horst Seehofer an den Pranger

22.10.2018, 15:00 Uhr
Erlanger CSU stellt Horst Seehofer an den Pranger

© Udo B. Greiner

Ein "jämmerliches Bild" (Ex-Stadtrat Georg Gebhard) habe der CSU-Chef abgegeben, bei dem schon vor einem Jahr nach der Bundestagswahl mit ebenfalls zehn Prozent Verlust der Rücktritt fällig gewesen wäre: "Die "Selbstreinigungskräfte bei der Partei funktionieren nicht mehr." Und jetzt? Laviere man genauso wie vor einem Jahr.

Ein "Weiter so" gehe auf gar keinen Fall, pflichtete Stadträtin Birgitt Aßmus bei. Sie sieht das Wahlergebnis als "Denkzettel der Bürger" – und "einen dritten bei der nächsten Wahl halten wir nicht mehr aus". Durch ein "unwürdiges Schauspiel" sei die Partei "als Bettvorleger gelandet", analysierte Robert Pfeffer, Bezirksvorsitzender der Mittelstands-Union: "Die CSU-Spitze sollte nicht nur von Demut reden, sondern diese auch zeigen." "Bloß nicht aussitzen", warnte Helmut Troger, während die frühere Stadträtin Marianne Vorrath konstatierte: "Was die CSU aufgebaut hat, reißt Horst Seehofer wieder ein." Der langjährige Chefredakteur des CSU-Monatsmagazins "Blickpunkt", Markus Beugel, forderte, kurzfristig zu entscheiden, sonst verflache die Konsequenz. Und er setzte ein Fragezeichen vor die angekündigte Koalition mit den Freien Wählern: "Das ist nicht das, was uns nach vorne bringt. Die werden bei progressiven Themen auf die Bremse treten."

Erlangens alter und neuer Landtagsabgeordneter Joachim Herrmann hörte sich alles ruhig an, bestätigte manche Kritik ("Vieles ist auch aus meiner Sicht richtig") und schloss ein Vertagen der Problemanalyse aus. Wobei er einschränkte: "Die niedrigen 28 Prozent für CDU/CSU im Bund liegen nicht nur am Vorsitzenden der CSU." Er persönlich kann mit seinem Ergebnis durchaus leben. So war er – freilich hinter Markus Söder, der vor allem in den vier Nürnberger Stimmkreisen abräumte – mit 39 254 Zweitstimmen aus ganz Mittelfranken klarer Zweiter, weit vor der Nächsten, Petra Guttenberger aus Fürth (5430 Zweitstimmen).

Herrmann konnte neben Söder auch als Einziger in der mittelfränkischen CSU im jeweiligen Stimmkreis mit 2,45 Prozent deutlich mehr Erst- als Zweitstimmen für die Partei einfahren. Und er behauptete sich – mit weniger Verlust als im Landesdurchschnitt – in einer der großen bayerischen Universitätsstädte, die durchwegs eine starke grüne Basis kennen, mit 6,4 Prozent Abstand zum Zweitplatzierten. Im ähnlich strukturierten Würzburg dagegen hatte der dortige CSU-Kandidat Oliver Jörg, seit zehn Jahren anerkannt im Maximilianeum, knapp gegenüber dem Grünen Patrick Friedl die Segel streichen müssen – vom Einbruch in München gar nicht zu reden. Für Herrmann ist klar: Die CSU muss sich in Zukunft mit Ökologie und Nachhaltigkeit stärker beschäftigen und "ein bisschen weniger Bayern-Tümelei" ausstrahlen.

"Verbrannte Erde"

Herrmanns Blick ging bei der Kreisversammlung auch auf die Kommunalwahlen im Jahr 2020 – und damit zu Oberbürgermeister Florian

Janik, der mit seinem vor der letzten Kommunalwahl gehaltenen Versprechen, den Dialog mit den Bürgern zu führen, krachend gescheitert sei ("Das allergrößte Defizit dieser famosen Ampelkoalition im Rathaus"). Das sah auch Stadtratsfraktionschef Jörg Volleth so, für den sich Janik beim Bürgerentscheid zu West III eine "Klatsche abgeholt" und "verbrannte Erde hinterlassen" habe. Janik habe eben nicht den Bürgerdialog gesucht und das Ohr am Menschen gehabt, sondern "mit dem Kopf durch die Wand" gewollt. Aus Sicht der Stadtentwicklung sei der Ausgang – angesichts der bestehenden Wohnraumengpässe – allerdings eher ein Pyrrhussieg, werde doch in Zukunft kaum ein Landwirt und Grundstücksbesitzer gerne mit dem Rathaus reden wollen.

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